Wann liegt ein geringwertiges Wirtschaftsgut (GWG) vor? Und wie wird damit verfahren, wenn es erst einmal erkannt ist? Lesen Sie jetzt mehr zum steuerrechtlichen Ansatz und zu Anhangangaben geringwertiger Wirtschaftsgüter!
Stand: 04.09.2018
Geringwertige Wirtschaftsgüter (kurz: GWG) bezeichnen Wirtschaftsgüter bzw. Vermögensgegenstände, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten gering sind. Sie sind ein Bestandteil des Betriebsvermögens, welches sich aus Anlagevermögen und Umlaufvermögen des Unternehmens zusammensetzt. Die GWG sind ausschließlich dem Anlagevermögen der Bilanz zuzuweisen. Was "gering" ist, wurde durch das Einkommensteuergesetz zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich definiert.
Wann liegt ein geringwertiges Wirtschaftsgut vor?
Ein Wirtschaftsgut ist einer selbstständigen Nutzung nach § 6 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG nicht fähig, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind (z. B. Drucker oder Monitore). Das gilt auch, wenn das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Nutzungszusammenhang gelöst und in einen anderen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt werden kann.
Auszug aus dem ABC der selbstständig nutzungsfähigen Wirtschaftsgüter (H 6.13 EStH):
Grundsätzlich sind die steuerrechtlichen Regelungen auch für die Handelsbilanz anwendbar, jedoch führt die sog. Poolbewertung zu einem Abweichen vom Grundsatz der Einzelbewertung, § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB. Auch wird die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens u. U. verfälscht dargestellt, da der Sammelposten zwingend über fünf Wirtschaftsjahre hinweg aufgelöst wird, ohne dass Wertveränderungen berücksichtigt werden, die sich beispielsweise aufgrund des Ausscheidens oder einer außerplanmäßigen Abschreibung (AfA) eines Wirtschaftsguts ergeben.
Werden die steuerrechtlichen Regelungen übernommen, bestimmen sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. der Einlagewert der GWG nach den handelsrechtlichen Regelungen.
Nach § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB sind die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Anhang anzugeben. Sofern von der GWG-Regelung in Ausübung des Wahlrechts Gebrauch gemacht wird, ist die Angabe zu den auf das Anlagevermögen der Bilanz angewandten Abschreibungsmethoden verpflichtend.
Da es sich bei geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) um Anlagevermögen handelt, fallen diese unter die Regelung des § 268 Abs. 2 HGB, wonach bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften (kleine Kapitalgesellschaften sind nach §274a Nr. 1 HGB von dieser Angabe befreit) die Entwicklung des Anlagevermögens im Anhang, i. d. R. in einem Anlagenspiegel, darzustellen ist.
In § 6 Abs. 2 und Abs. 2a EStG werden verschiedene Betragsgrenzen definiert (150 Euro, 410 Euro und 1.000 Euro), die unterschiedliche Möglichkeiten des sofortigen oder zumindest beschleunigten Betriebsausgabenabzugs eröffnen.
Die Anschaffungskosten und die Herstellungskosten entsprechen der allgemeinen handelsrechtlichen Definition des § 255 HGB unter Beachtung von steuerrechtlichen Sonderregelungen, R 6.2 EStR (Anschaffungskosten) und R 6.3 (Herstellungskosten). D. h. z. B., dass in die Anschaffungskosten auch die Anschaffungsnebenkosten einzubeziehen und Anschaffungspreisminderungen abzuziehen sind. Etwaige Zuschüsse sind ggf. abzuziehen.
Nach § 9b Abs. 1 EStG gehört der Vorsteuerbetrag, soweit dieser bei der Umsatzsteuer abgezogen werden kann, nicht zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten. Nach R 9b EStR gilt dies auch bei Nichtabzugsfähigkeit der Vorsteuer: für die Frage, ob bei den geringwertigen Anlagegütern die Grenzen von 150 Euro (ab 2018: 250 Euro, 1.000 Euro oder 410 Euro (ab 2018: 800 Euro) überschritten sind, ist stets – d. h. unabhängig davon, ob der Vorsteuerbetrag umsatzsteuerrechtlich abziehbar ist – von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich eines darin enthaltenen Vorsteuerbetrags auszugehen. Die Abschreibung (AfA) erfolgt für den Fall der Nichtabzugsfähigkeit jedoch von den um die Vorsteuer erhöhten Anschaffungskosten.
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, bzw. der Einlagewert bis 150 Euro (neuer Wert ab 2018: 250 Euro) kann in voller Höhe nach § 6 Abs. 2 EStG als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das Wahlrecht kann für jedes Wirtschaftsgut individuell in Anspruch genommen werden.
Bei Anwendung dieser Regelung bestehen mit Ausnahme der buchmäßigen Erfassung des Zugangs des Wirtschaftsgutes keine weiteren Aufzeichnungspflichten; aus steuerlichen Gründen ist eine Aufnahme in ein Inventar im Sinne des § 240 HGB nicht erforderlich.
Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mehr als 150 Euro (ab 2018: 250 Euro) und nicht mehr als 410 Euro (ab 2018: 800 Euro), können diese im Geschäftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden oder über ihre Nutzungsdauer (AfA-Tabelle) planmäßig abgeschrieben werden, § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG. Wird diese Regelung angewandt, unterliegen Wirtschaftsgüter über 410 Euro (ab 2018: 800 Euro) den üblichen Abschreibungsmethoden; d. h. für Wirtschaftsgüter zwischen 410 Euro (ab 2018: 800 Euro) und 1.000 Euro kann dann nicht die im Folgenden beschriebene alternative Poolabschreibung angewandt werden.
§ 6 Abs. 2 Satz 4 EStG fordert, diejenigen GWG, deren (Netto-)Wert 150 Euro (ab 2018: 250 Euro) übersteigt, mit folgenden Daten in ein laufend zu führendes Verzeichnis (GWG-Verzeichnis) aufzunehmen: Anschaffungs-/Herstellungs-/Einlagedatum sowie Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. Einlagewert. Falls diese Daten bereits aus der Buchführung des Unternehmens ersichtlich sind, kann auf das GWG-Verzeichnis verzichtet werden, § 6 Abs. 2 Satz 5 EStG.
Liegen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der Einlagewert des Wirtschaftsguts über 150 Euro (ab 2018: 250 Euro), aber nicht über 1.000 Euro, so kann – alternativ zur oben genannten Regelung das Wirtschaftsgut in einem Sammelposten erfasst werden. Der Sammelposten ist dann im Wirtschaftsjahr der Bildung und in den folgenden vier Wirtschaftsjahren mit jeweils einem 1/5 gewinnmindernd aufzulösen (mit anderen Worten: linear mit einem Abschreibungssatz von 20 Prozent p. a. abzuschreiben), eine zeitanteilige Abschreibung (auf Tages- oder Monatsbasis) im Zugangsjahr erfolgt nicht. Scheidet ein solches Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen aus (Gründe z. B.: Verkauf, Verschrottung, Diebstahl, Schwund oder außerplanmäßige Abschreibung), so wird der Sammelposten nicht vermindert, § 6 Abs. 2a Satz 3 EStG. Auch der Abgang sämtlicher im Sammelposten erfasster Wirtschaftsgüter führt nicht zu einer Auflösung des Sammelpostens.
Die tatsächliche Nutzungsdauer der im Sammelposten befindlichen Wirtschaftsgüter sowie zwischenzeitliche Veräußerung oder Wertminderung spielt keine Rolle. Für den Fall, dass die betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauern der überwiegenden geringwertigen Anlagenzugänge unter fünf Jahren liegen, ist die Sammelbewertung für die Steueroptimierung nicht geeignet.
Macht das Unternehmen von der Sammelbewertung nach § 6 Abs. 2a EStG Gebrauch, gilt dies nach § 6 Abs. 2a Satz 5 EStG einheitlich für alle in einem Wirtschaftsjahr angeschafften, hergestellten oder eingelegten Wirtschaftsgüter; d. h., es kann nicht für einzelne Wirtschaftsgüter die Sammelbewertung, für andere die 410/800-Euro-Regelung angewandt werden.
Der Sammelposten nach § 6 Abs. 2a EStG ist kein Wirtschaftsgut, sondern stellt eine reine Rechengröße dar, so dass der Sammelposten nicht Gegenstand einer Teilwertabschreibung sein kann.
Beispiel
Eine GmbH schafft im Juli des Geschäftsjahrs 2016 75 Laptops für die Außendienstmitarbeiter an. Der Nettopreis je Laptop beträgt 400 Euro; Anschaffungsnebenkosten in Form von Versandkosten sind vernachlässigbar.
Alternative 1: Anwendung der 410-Euro-Regelung / Sofortabschreibung
Die GmbH macht von der 410-Euro-Regelung Gebrauch und behandelt die 30.000 Euro (75 Stück à 400 Euro) als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, die den Gewinn in 2016 entsprechend mindern. In den Folgejahren der Nutzung fallen entsprechend keine weiteren Abschreibungen (AfA) an.
Alternative 2: Sammelposten
Die GmbH bildet in 2016 einen Sammelposten in Höhe von 30.000 Euro. In 2016 und in den Folgejahren 2017 bis 2020 werden linear 6.000 Euro Abschreibungen (20 Prozent von 30.000 Euro) verbucht.
Alternative 3: Behandlung als "normales" Anlagevermögen in der Bilanz (ohne GWG-Regelung)
Die GmbH aktiviert die Laptops bei Zugang im Juli 2016 mit 30.000 Euro innerhalb der Betriebs- und Geschäftsausstattung.
Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Laptops beträgt laut amtlicher AfA-Tabelle drei Jahre, der lineare Abschreibungssatz entsprechend 33,3 Prozent (= 10.000 Euro p. a.). In 2016 kann eine anteilige Abschreibung für sechs Monate in Höhe von 5.000 Euro vorgenommen werden.
Weitere Angaben zur Nutzungsdauer diverser Wirtschaftsgüter können Sie in der AfA-Tabelle des Bundesfinanzministeriums nachlesen.
Was zählt als geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG)?
Zu den geringwertigen Wirtschaftsgütern zählen nach § 6 Abs. 2 EStG abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Sie müssen selbstständig nutzbar sein wie z. B. kleinere Möbel, Kaffeemaschinen und Büromaterial.
Sogenannte "Immaterielle Wirtschaftsgüter" bzw. immaterielle Vermögensgegenstände wie Lizenzen, Patente und Nutzungsrechte gehören ebenso wenig zu den GWG wie Gebäude, Wohnungen und Grundstücke.
Wie werden geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) abgeschrieben?
Geringwertige Wirtschaftsgüter können über Sofortabschreibung oder Sammelpool (wenn Anschaffungskosten unter 800 Euro), Poolabschreibung (Anschaffungs-/Herstellungskosten 250-1.000 Euro) und unter 250 Euro nur als Sofortabzug als Betriebsausgaben abgeschrieben werden.
Welche Änderungen gibt es ab 2018 bei den geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG)?
Auszüge aus einem Beitrag von Udo Cremer und Dirk J. Lamprecht
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