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Zwei Verträge, zwei Schaltflächen im Fernabsatz?

24.04.2023  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Das Landgericht Berlin hat am 23.03.2023 (Az. 67 S 9/23) in einer Berufungsentscheidung ein interessantes Urteil zum Abschluss von Verträgen im Internet gefällt, bei dem es um mehrere Verträge ging. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker Köln erläutert die Entscheidung.

Der Kläger wollte 74,99 Euro von einem Flugreiseportal zurück. Dort buchte er eine Flugreise und es ging um eine Prime-Mitgliedschaft zum besagten Betrag.

Die von der Beklagten bei der Internetbestellung verwendeten Schaltflächen waren mit den Aufschriften „Weiter“ und „weiter mit Prime kostenlos“ beschriftet. Zur Beendigung des die Flugbuchung betreffenden Buchungsvorgangs wurde dann die Schaltfläche „jetzt kaufen“ angeboten.

Das reichte weder dem Amtsgericht Pankow-Weißensee (Urt. v. 8. Dezember 2022, 3 C 169/22) noch dem Berufungsgericht aus.

Hintergrund sind die Regelungen des § 312j Abs. 3 BGB. Diese lauten für einen Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr:

„(3) Der Unternehmer hat die Bestellsituation bei einem Vertrag nach Absatz 2 so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
(4) Ein Vertrag nach Absatz 2 kommt nur zustande, wenn der Unternehmer seine Pflicht aus Absatz 3 erfüllt.“

Button-Lösung mit Sanktion

Diese sog. „Button-Lösung“ soll den Verbraucher vor übereilten oder verdeckten Vertragsschlüssen schützen. Der Gesetzgeber hat zur Absicherung der Verbraucher eine harsche Sanktion vorgesehen. Wird keine Schaltfläche mit ausreichender Beschriftung verwendet, dann ist der Vertrag gar nicht erst zustande gekommen.

Gekoppelt werden diese Vorgaben mit weiteren Hinweispflichten, die gegenüber dem Verbraucher zu erfüllen sind. Problematisch sind angesichts des Urteils offensichtlich Vertragsschlüsse, die gleich mehrere Verträge betreffen.

In beiden Instanzen monierten die Richter, dass jedenfalls für die „Prime-Mitgliedschaft“ keine ausreichende Vorkehrung getroffen worden seien. Das LG Berlin in seinem Urteil:

„Ob diese den Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB für die Flugbuchung selbst gerecht wird, kann dahinstehen (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 7. April 2022 – C-249/21 (Fuhrmann-2-GmbH/B), NJW 2022, 1439, beckonline Tz. 28). Denn in den Fällen, in denen der Unternehmer wie hier auf elektronischem Wege gleichzeitig mehrere Verträge mit dem Verbraucher abschließt, muss er seinen Hinweispflichten nach § 312j Abs. 3 BGB für jedes Vertragsverhältnis gesondert gerecht werden. Diesen Anforderungen hätte die Beklagte nur genügt, wenn sie für den Abschluss der „Prime-Mitgliedschaft“ eine gesonderte zweite und den Anforderungen des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB entsprechende Schaltfläche vorgesehen hätte. An einer solchen aber fehlte es für das von der Beklagten neben der Flugbuchung begründete weitere Vertragsverhältnis über eine mit 74,99 EUR jährlich zu vergütende „Prime-Mitgliedschaft“. Soweit der Fließtext des Buchungsvorgangs weitere Angaben enthält, reichen diese für die Einhaltung der aus § 312j Abs. 3 BGB erwachsenden Pflichten des Unternehmers bereits grundsätzlich nicht aus (vgl. EuGH, a.a.O.).“

Das Urteil verlangt also für jedes Vertragsverhältnis eine gesonderte Information und Schaltfläche.

Man kann darüber streiten, ob nicht eine glasklar beschriftete Schaltfläche, die deutlich macht, dass mit deren Betätigung zwei unterschiedliche Verträge geschlossen werden, ausreicht. Grundsätzlich ist dem Gericht aber zuzustimmen.

Fazit

Selbst in altbekannten Regelungen kann noch die ein oder andere Tücke stecken. Wer den Kunden dazu bewegen möchte, gleich noch weitere vertragliche Abreden verbindlich zu schließen, muss nicht nur an die richtigen Widerrufsbelehrungen denken, sondern auch den Vertragsabschluss im elektronischen Geschäftsverkehr rechtlich einwandfrei gestalten. Am besten lässt man sich hierzu fachlich beraten, sonst drohen auch nach Leistungsabwicklung noch erhebliche Risiken.

Bild: AJEL (Pixabay, Pixabay License)

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