25.03.2022 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Ein Händler, der Spielekonsolen vertreibt, wurde von einem klagebefugten Abmahnverband in Anspruch genommen. Er hatte eine Playstation angeboten und einem Besteller erst nach mehrmaliger Nachfrage den Bestelleingang bestätigt. Zudem verwendete er Klauseln zum Vertragsschluss in seinen AGB, die der Kläger für unzulässig hielt.
Das Landgericht München (LG München I, Endurteil v. 15.02.2022 – Az. 33 O 4638/21) hielt die Klage teilweise für begründet.
Das Gesetz fordert in § 312i Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB bei einem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr eine Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzung sehen nicht nur die Münchner Richter nur dann erfüllt, wenn die elektronische Eingangsbestätigung wenige Stunden nach der Bestellung, bei Bestellungen in den späten Abendstunden am nächsten Tag, zu den üblichen Geschäftszeiten des Unternehmers beim Verbraucher eingeht.
Der Umstand, dass der Besteller erst nach 5 Tagen eine Bestelleingangsbestätigung erhielt erklärte der beklagte Händler damit, dass sein System unter der Last der zahlreichen Anfragen zur neuen Sony Playstation zusammengebrochen sei. Dies ließen die Richter nicht gelten. Der Händler habe sich auf den Ansturm einstellen müssen. Dies erscheint hartherzig, aber eigentlich kommt es auf ein Verschulden hier auch nicht an. Das wird erst geprüft, wenn gegen eine Verurteilung erneut verstoßen wird.
Anders als früher muss ein Onlinehändler nicht mehr über den Vertragsschluss informieren. Das Gesetz verlangt jedoch in § 312i Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB in Verbindung mit Art. 246c § 1 EGBGB bei einem online Vertragsangebot die Unterrichtung über die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen. Letzteres ist es eine eher technische Information. Dennoch finden sich in vielen AGB noch Klauseln, die den Vertragsschluss beschreiben. Diese können natürlich verwendet werden. Sie müssen aber transparent formuliert sein und dürfen auch nicht indirekt rechtliche Grundsätze aushebeln.
Der Händler hatte zur Erfüllung seiner Verpflichtungen die folgende Klausel zum Vertragsschluss verwendet, die in der ein oder anderen Fassung bei vielen Händlern enthalten ist:
Das Gericht sah die Klausel in der Mitte zu § 3 Abs. 4 als unzulässig an, da sie den Verbraucher unangemessen benachteilige (§§ 307 Abs. 1 BGB). Die Klausel enthalte „implizit“, also eingeschlossen einen Zugangsverzicht zur Erklärung des Händlers zur Vertragsannahme, da diese für den Fall der Versendung der Ware nicht vorgesehen sei. Es handele sich somit um die Konstellation eines formularmäßigen Zugangsverzichts. Hintergrund ist, dass Verträge rechtlich durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommen. Der Kunde erklärt durch seine Bestellung ein Angebot und der Händler erklärt die Annahme des Angebots. Diese Willenserklärungen werden aber erst wirksam, wenn sie der anderen Vertragspartei zugehen. Verzichtet man auf den Zugang, kann das Unsicherheit bedeuten, die zu einer Benachteiligung führt: Das Gericht im Urteil:
Zwar sehen die Vorschriften des dispositiven Gesetzesrechts grundsätzlich die Möglichkeit eines Zugangsverzichts vor (§ 151 BGB, ….). Ein formularmäßiger Zugangsverzicht stellt aber einen Nachteil für den Vertragspartner [dar], weil er aufgrund dessen keine genaue Kenntnis vom genauen Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags hat. Diese Kenntnis ist für den Verbraucher aber gerade in Fällen des Erwerbs über das Internet wichtig, weil er - auch vor dem Hintergrund eines gesetzlichen Widerrufsrechts (§ 312g Abs. 1 BGB) - bis zur Kenntnis unter Umständen alternative Angebote prüft und in diesem Zusammenhang entsprechende Dispositionen vornimmt. Demgegenüber ist ein nachvollziehbares Interesse der Beklagten für die Vereinbarung eines Zugangsverzichts für den Fall der Versendung der Ware nicht erkennbar, zumal in den weiteren in der Klausel genannten Alternativen des Versandes der Bestellbestätigung oder der Übermittlung einer Versandbestätigung ein Zugang zumindest implizit für nicht entbehrlich erachtet wird. Der Verwender wird durch den Zugangsverzicht im Falle der Alternative „Versendung der Ware“ auch in beweisrechtlicher Hinsicht privilegiert, da er in einem etwaigen späteren Prozess für den wirksamen Vertragsschluss nicht den Zugang der Annahmeerklärung, …“
Willenserklärungen können zwar auch durch reale Handlungen (hier Zusendung der Ware) erfolgen, aber die Klausel stellte nur auf die Absendung der Ware und nicht auf deren Ankommen (Zugang) ab. Klauseln, die auf Umstände abstellen, die der Verbraucher nicht wahrnehmen kann, sind per se problematisch, weil intransparent. Zudem löst die Zusendung von Waren ohne Bestellung wegen § 241a BGB keine Rechtswirkung aus. Der Vertrag ist ja noch nicht geschlossen und damit die Kundenbestellung nur ein Antrag auf Vertragsschluss. Vor diesem Hintergrund hätte das Gericht auch die erste Klausel für unwirksam ansehen müssen.
Prüfen Sie Ihr Online-Shop-System mit Blick auf die Bestelleingangsbestätigung und lassen Sie Ihre AGB-Klauseln regelmäßig überprüfen. Lesen Sie am besten einmal selbst die Informationen aus der Sicht eines Verbrauchers. Können Sie anhand der Information für jede Konstellation die Sekunde des Vertragsschlusses bestimmen? Beachten Sie, dass immer dann, wenn Zahlungen zu erfolgen haben, von einer Vertragsannahme ausgegangen werden muss. Jede Vorkasseanforderung oder Verlinkung zu einem Zahlungsdienst kann ein Kunde nicht anders verstehen. Eine Klausel oder ein Hinweis, mit der Bestelleingangsbestätigung komme noch kein Vertrag zustande ist falsch, wenn in der Eingangsbestätigung zur Vorkasse aufgerufen wird. Das bedeutet, dass Sie Ihre Informationen, eventuell je nach Zahlart, differenzieren müssen.
Bild: bongkarn thanyakij (Pexels, Pexels Lizenz)
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