09.12.2014 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesfinanzhof.
Es handelt sich um die erste Entscheidung eines obersten Bundesgerichts zu dem seit 2011 geltenden § 55 Abs. 4 der Insolvenzordnung (InsO). Die Vorschrift ordnet an, dass bestimmte Steueransprüche, die durch oder mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Zeitraum nach seiner Bestellung bis zur Insolvenzeröffnung begründet worden sind, im eröffneten Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeiten gelten. Sie sind dann --anders als bloße Insolvenzforderungen-- vorrangig zu befriedigen.
Der BFH wendet sich gegen die Sichtweise der Finanzverwaltung, die § 55 Abs. 4 InsO auf Steuerverbindlichkeiten anwendet, die auf Umsätzen beruhen, denen der schwache vorläufige Insolvenzverwalter nicht widersprochen hat. Stattdessen ist die Vorschrift nur nach Maßgabe der für den vorläufigen Insolvenzverwalter bestehenden rechtlichen Befugnisse anzuwenden. Diese beziehen sich allerdings im Regelfall nicht auf Leistungen durch den insolvenzbedrohten Unternehmer, sondern auf den Forderungseinzug und damit auf das Recht des vorläufigen Insolvenzverwalters, Entgelte für umsatzsteuerpflichtige Leistungen einzuziehen.
Die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, zu dessen Gunsten ein allgemeiner Zustimmungsvorbehalt besteht und der vom Insolvenzgericht ermächtigt wird, die Entgeltforderungen des Unternehmers einzuziehen, führt allerdings dazu, dass das Entgelt uneinbringlich wird und die Umsatzsteuer nicht mehr erhoben werden kann. Wird nachfolgend durch den vorläufigen Insolvenzverwalter trotzdem Entgelt vereinnahmt, entsteht der Steueranspruch als Masseverbindlichkeit neu.
Die Entscheidung klärt eine für die Praxis wichtige Streitfrage und ist im Insolvenzeröffnungsverfahren aller Unternehmer, die umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen, von großer Bedeutung, da § 55 Abs. 4 InsO die Steuerschuld zur Masseverbindlichkeit aufwertet.
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