29.10.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Landesarbeitsgericht Köln.
Die am 1971 geborene Klägerin war bei der Beklagten von August 1999 bis zum 31. Oktober 2008 als gewerbliche Arbeitnehmerin beschäftigt. Sie hat ein unterhaltsberechtigtes Kind, welches nicht auf der Lohnsteuerkarte vermerkt ist.
Die Beklagte verständigte sich mit dem Betriebsrat am 24. Juli 2008 auf eine Auswahlrichtlinie, einen Interessenausgleich mit Namensliste und einen Sozialplan. Danach sollten 31 namentlich aufgeführte Mitarbeiter, darunter die Klägerin, gekündigt werden. Die Betriebsparteien bildeten Altersgruppen (25 - 34, 35 - 44, 45 – 54 und 55 sowie älter). Die Klägerin nahm in ihrer Altersgruppe den zweitletzten Platz der zu kündigenden Arbeitnehmer ein. Auf der Namensliste sind 14 Arbeitnehmer aufgeführt, die älter als die Klägerin sind. Innerhalb der Altersgruppen nahm die Beklagte die soziale Auswahl mit Hilfe eines Punkteschemas vor. Für die Klägerin ermittelte die Beklagte ohne Berücksichtigung des Kindes 49 Punkte. Wäre das Kind in die Betrachtung eingestellt worden, wäre die Klägerin auf 53 Punkte gekommen.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28. Juli 2008 zum 31. Oktober 2008. Die von der Klägerin erhobene Kündigungsschutzklage blieb in drei Instanzen erfolglos. § 2.3 des Interessenausgleichs lautet:
2.3 Kommt es zwischen dem Unternehmen und Mitarbeitern, die sich nicht auf der angehefteten Liste befinden, im Zuge dieser Personalanpassungsmaßnahme zu einer einvernehmlichen Trennung, reduziert sich die Zahl der zu Kündigenden entsprechend in aufsteigender Linie. Das heißt, der Arbeitsplatz des auf der Liste Letztplazierten würde zuerst erhalten bleiben.
In § 11 des Sozialplans verständigten sich die Betriebsparteien auf folgende Regelung:
Wiedereinstellung
Mitarbeiter, die unter der Geltung dieses Sozialplans ausscheiden, dürfen jederzeit wieder eingestellt werden. In diesem Falle sind solche Mitarbeiter verpflichtet, die erhaltene Sozialplanabfindung in voller Höhe zurückzuzahlen, wenn sie innerhalb des ersten Jahres nach ihrer Entlassung wieder eingestellt werden; bei Wiedereinstellung im zweiten Jahr nach der Entlassung beträgt die Rückzahlung 80 %, im dritten 60 %, im vierten Jahr 40 %, im fünften Jahr 20 % der Sozialplanabfindung. Nach dem fünften Jahr der Entlassung besteht keine Rückzahlungsverpflichtung im Falle der Wiedereinstellung.
(…)
Die Beklagte gab im März 2009 eine Stellenanzeige auf. Danach suchte sie Produktionsmitarbeiter/innen befristet auf zwei Jahre. Sie stellte elf Arbeitnehmer ein. Mit Schreiben vom 10. März 2009 forderte die Klägerin die Beklagte auf, sie wieder einzustellen.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, sie wieder einzustellen. Die von den Betriebsparteien in § 2.3 des Interessenausgleichs getroffene Regelung sei unwirksam. Sie verstoße gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot der Altersdiskriminierung. Die Beklagte sei verpflichtet, die Auswahl beim Wiedereinstellungsanspruch genauso vorzunehmen wie bei der Kündigung. Ein Anspruch auf Wiedereinstellung ergebe sich zudem aus § 11 des Sozialplans und aus dem Umstand, dass die Beklagte im März 2009 Neueinstellungen vorgenommen habe.
(…)
Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Ausführungen abgewiesen. Für den von der Klägerin geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruch besteht keine Anspruchsgrundlage. § 11 des Sozialplans begründet keine Verpflichtung der Beklagten zur Wiedereinstellung. Die Vorschrift sieht lediglich eine entsprechende Berechtigung der Beklagten vor. § 2.3 des Interessenausgleiches begründet zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Wiedereinstellung. Die Klägerin kann sich jedoch auf diese Anspruchsgrundlage nicht berufen, weil die Zahl der auf der Namensliste aufgeführten Mitarbeiter, die älter als die Klägerin sind, größer ist, als die Zahl der Arbeitnehmer, die einvernehmlich ausgeschieden sind. § 2.3 des Interessenausgleiches ist wirksam. Zunächst besteht keine rechtliche Verpflichtung der Betriebsparteien, bei der Bestimmung der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer nach den gleichen Kriterien vorzugehen wie bei der sozialen Auswahl. Die Bestimmung führt auch nicht zu einer unzulässigen Altersdiskriminierung. Sie enthält zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters; diese erweist sich jedoch als gerechtfertigt. Selbst wenn entgegen der vom Gericht vertretenen Auffassung von einer unzulässigen Benachteiligung wegen des Alters auszugehen wäre, ergäbe sich daraus für die Klägerin kein Wiedereinstellungsanspruch. In diesem Fall wäre § 2.3 des Interessenausgleiches gemäß § 139 BGB nichtig. Rechtsfolge wäre nicht, dass die im Interessenausgleich zur sozialen Auswahl vorgesehene Altersgruppenregelung zur Anwendung käme.
(…)
LAG Köln, Urteil vom 11.05.2012, AZ 5 Sa 1009/10
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