07.03.2017 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bremer Inkasso GmbH.
Einen Satz wie „Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung im Eigentum des Verkäufers.“ hat wahrscheinlich jeder schon einmal gelesen, vielleicht stand er auf einem Angebot, einer Auftragsbestätigung usw. „Aber immer noch ist zu wenigen bekannt, was sich hinter dieser Formulierung verbirgt“, so Bernd Drumanns Erfahrung. Drumann ist Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH und des Öfteren mit Fragen zu diesem Thema konfrontiert. „Noch längst nicht alle Unternehmer treffen Vereinbarungen zu dem so genannten Eigentumsvorbehalt, um den es im oben erwähnten Satz geht oder wissen, wo und wie so eine Vereinbarung in die Geschäftsabläufe und –papiere einfließen sollte. Die richtige Formulierung und Anwendung aber kann den Unternehmer u. U. vor Schaden bewahren“, so Drumann. Ergänzend folgen von ihm ein paar Tipps und Erklärungen zum Thema.
„…und den Unterschied sollte man kennen“, so Drumann, „dann ist auch der Begriff ‚Eigentumsvorbehalt‘ besser zu verstehen. Besitz bedeutet, dass man die tatsächliche Herrschaft über eine Sache hat. Eigentum bedeutet, dass einem eine Sache rechtmäßig gehört. Man kann also etwas in seinem Besitz haben, was rechtlich aber einem anderen gehört, und Besitz und Eigentum an einer Sache können, müssen aber nicht bei ein und derselben Person liegen.“
Zur Verdeutlichung der nachfolgend im Text benutzten Begriffe gibt Drumann vorab ein vereinfachtes Beispiel: „Ein Kunde hat bei einem Holzlieferanten auf Grund eines Angebotes Holz bestellt. Aus dem Angebot ergab sich bereits, dass die Lieferung des Holzes unter Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Lieferanten erfolgen sollte, in denen Vereinbarungen zum Eigentumsvorbehalt sowie zum verlängerten Eigentumsvorbehalt enthalten waren. Der Lieferant lieferte das Holz an. Der Holzlieferant bleibt weiterhin Eigentümer des Holzes, obgleich er es beim Kunden abgeliefert hat. Der Kunde ist nun Besitzer. Er wird erst dann Eigentümer, wenn er die Rechnung des Holzlieferanten bezahlt hat.
Noch vor Bezahlung der Rechnung fertigt der Kunde aus dem Holz ein Regal. Durch die Vereinbarung über den verlängerten Eigentumsvorbehalt bleibt der Holzlieferant bis zur vollständigen Bezahlung der Rechnung auch jetzt noch Eigentümer, nämlich Eigentümer an der neu hergestellten Sache.“
„Als Eigentumsvorbehalt wird eine besondere Verabredung bei einem Kaufvertrag über ‚bewegliche‘ Sachen bezeichnet, die besagt, dass der Käufer mit Lieferung der Ware zwar ihr Besitzer wird, ihr Eigentümer aber bleibt der Verkäufer. Der Eigentümer behält sich das Eigentum bis zu dem Zeitpunkt vor, bis die Ware vollständig vom Käufer bezahlt wurde. Erst dann, mit der Bezahlung der Rechnung, wird der Käufer automatisch auch zum Eigentümer der Ware, vorher hat er nur ein so genanntes Anwartschaftsrecht. Ist o. g. besondere Verabredung nun Bestandteil des Vertrages, sichert der Eigentumsvorbehalt dem Verkäufer bei Vertragsabschluss das Eigentum an der Ware — bis zu ihrer vollständigen Bezahlung“.
„Zur schriftlichen Niederlegung der Vereinbarung über den Eigentumsvorbehalt sind am allerbesten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geeignet“, so Drumann. “Dort sollte die Vereinbarung unbedingt aufgenommen werden. Wichtig ist, dass die eigenen AGB immer die Grundlage aller selbst abgeschlossenen Verträge bilden bzw. in diese mit einbezogen werden. Am besten werden die AGB auch auf der Rückseite von Angeboten und Auftragsbestätigungen abgedruckt. Ein Hinweis darauf, dass die AGB rückseitig zu finden sind, sollte dann aber auf der Vorderseite nicht fehlen“.
„Hat man keine eigenen AGB — was nach meiner persönlichen Meinung für ein Unternehmen schon fast fahrlässig zu nennen ist — so sollte die Vereinbarung über den Eigentumsvorbehalt zumindest auf allen Geschäftspapieren wie z. B. Angebot, Auftragsbestätigung, Lieferschein und Rechnung zu finden sein“, so Drumann weiter.
„Und an dieser Stelle noch einmal mein dringlicher Rat: eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen sollte man sorgfältig formulieren oder auch von Rechtsdienstleistern formulieren lassen und nicht einfach vom Mitbewerber abschreiben oder aus dem Internet ungeprüft herunterladen. Darüber hinaus sollte man ihren Inhalt gut kennen und auch verstehen!“
„Als Verkäufer kann man in der Regel vom Vertrag zurücktreten, wenn der Kunde in Zahlungsverzug gerät (ggf. ist dem Käufer eine Nachfrist zu gewähren), und die unter Eigentumsvorbehalt stehende Ware herausverlangen. Natürlich macht ein Rücktritt vom Vertrag nur Sinn, wenn der Kunde die Ware noch auf Lager und man selbst auch noch Verwendung dafür hat. Der Verkäufer kann sich aber durch den Eigentumsvorbehalt gegenüber anderen Gläubigern seinen Zugriff auf die Ware sichern. Dies gilt ebenso für den Fall der unerlaubten Weiterveräußerung an Dritte“.
„Ist z. B. bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen noch etwas von der gelieferten (unbezahlten) Ware auf Lager, ist der Verkäufer ebenfalls abgesichert“, so Drumann. „ Sollte der Insolvenzverwalter nicht bereit sein, den (ungekürzten) restlichen Kaufpreis zu zahlen, kann der Unternehmer hier ebenfalls vom Vertrag zurücktreten. Er kann ein s. g. Aussonderungsrecht geltend machen. Als Eigentümer der Sache muss er nicht am Insolvenzverfahren teilnehmen und kann ihre Herausgabe vom Insolvenzverwalter verlangen“.
„Der verlängerte Eigentumsvorbehalt besagt, dass der Kunde die Ware, auch wenn sie noch nicht vollständig bezahlt ist, verarbeiten oder weiter verkaufen darf – ein im Geschäftsleben durchaus übliches Vorgehen — der Lieferant aber dennoch grundsätzlich abgesichert bleibt. Bei einer Verarbeitung erwirbt der Lieferant nämlich unmittelbar das Eigentum an der neu hergestellten Sache (eventuell anteilig), bei einem Verkauf (auch der neu hergestellten Sache) erwirbt er automatisch die Kaufpreisforderungen gegen die Kunden seines Käufers (auch hier evtl. anteilig).“
„Hat man sich bei Vertragsabschluss den verlängerten Eigentumsvorbehalt gesichert und kommt es bei einem Kunden dann zu einer Insolvenz, so hat man als Gläubiger recht gute Karten“, weiß Drumann aus Erfahrung. „Der Insolvenzverwalter darf nämlich das s. g. Sicherungsgut (z. B. die verarbeitete Ware oder die Kaufpreisforderungen) durch Veräußerung oder Einziehung verwerten, er hat aber den ‚abgesicherten‘ Gläubiger aus dem Erlös vor den anderen Gläubigern zu befriedigen. Zuvor darf der Erlös allerdings durch den Insolvenzverwalter um 4 % Feststellungskosten und im Regelfall 5% Prozent Verwertungskosten sowie um etwa anfallende Umsatzsteuer gemindert werden“.
„Zum besseren Verständnis, welche Auswirkungen die Einbeziehung (oder eben auch nicht) von AGB und die Vereinbarungen über den normalen oder verlängerten Eigentumsvorbehalt haben, nachfolgend noch zwei Beispiele aus der Praxis“, so Drumann.
Beispiel 1: „Wir waren für einen niederländischen Unternehmer aus der Bekleidungsbranche tätig. Dieser hatte Forderungen in Höhe von 10.000 Euro gegen ein deutsches Unternehmen, über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Wir wurden mit dem Einzug dieser Forderungen betraut. Da die Geschäftsbedingungen des niederländischen Mandanten als Grundlage für den Geschäftsabschluss eine Vereinbarung über den Eigentumsvorbehalt enthielten, konnten wir für ihn bei der deutschen Schuldnerin die gesamten 10.000 Euro realisieren. Ohne Geschäftsbedingungen hätte unser Mandant sicher keinen Cent gesehen oder hätte sich zumindest mit einer wesentlich geringeren Quote zufriedengeben müssen“.
Beispiel 2: „Ein Mandant vertraute uns nach der Insolvenz seines Kunden eine erhebliche Forderung zum Einzug an. Dem Vertrag mit seinem Kunden hatte er aber weder AGB zu Grunde gelegt noch sich sonst den Eigentumsvorbehalt gesichert. Unserem Mandanten kam somit kein Aussonderungsrecht (s.o.) zu. ‚Seine’ Ware floss in die Insolvenzmasse mit ein und seine Forderung wurde lediglich mit einer geringen Insolvenzquote befriedigt. Auf Grund seiner eigenen Versäumnisse im Vorfeld konnten wir unserem Mandanten bei der Realisierung seiner Forderung leider nicht helfen.“
„Bei dem ‚Eigentumsvorbehalt‘ und dem ‚verlängerten Eigentumsvorbehalt‘ geht es nicht um Wortklauberei sondern um sorgfältig ausgearbeitete Formulierungen, die, sind sie Bestandteil der eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, unter Umständen bares Geld wert sein können. Ja, sie können einen Unternehmer bei der Insolvenz eines Kunden sogar vor Totalverlust seiner Forderung bewahren. Sorgfältige schriftliche Dokumentation aller geschäftlichen Schritte sowie individuell gestaltete, eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen als Grundlage aller Geschäfte tragen dazu ihr Übriges bei!“