12.09.2022 — Sarah Hofmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Vor allem für die Digital Natives und alle nachfolgenden Generationen, ist es zur Gewohnheit geworden, digitale Freunde wie z. B. das geliebte Smartphone die meiste Zeit des Tages immer am Körper zu tragen. Der erste Blick nach dem Aufstehen geht aufs Handy, während des Zähneputzens schnell die wichtigsten Nachrichten des Tages überfliegen, beim Frühstück läuft nebenbei die Lieblingsserie via Streaming App und in der Bahn beschallt uns eine neue Playlist. So geht es den Tag über weiter. In unserer digitalen Gegenwart gibt es so viel zu tun, zu hören und zu sehen, dass kaum mehr Zeit bleibt, um mit den eigenen Gedanken allein zu sein. Dass das nicht komplett spurlos an uns vorübergeht, sollte klar sein und ist auch keine neue Erkenntnis.
Keine Sorge: Dieser Artikel soll kein stereotypisches Smartphone- und Internet-Bashing betreiben. Viel eher soll es darum gehen, aufzuklären, was Smartphones eventuell unbewusst mit unserer Psyche und unserem Körper anstellen.
Eine Studie hat ergeben, dass fast 50 % der Millenials mindestens 50 Mal am Tag auf das Handy schauen. In dieser Häufigkeit kann diese Handlung schon als zwanghafter Reflex angesehen werden. Oftmals ist dieser Zwang zur Sucht ausgeprägt, denn Handys haben extremes Suchtpotential und funktionieren letztendlich nicht anders als Glücksspiele. Der Blick auf das Smartphone macht süchtig, da das Gehirn gelernt hat, beim Blick auf das Handy eine Belohnung zu erhalten. Diese Belohnung kann in unterschiedlichsten Formen auftreten. Eine Nachricht vom Freund, ein Like auf das neue Instabild, ein witziges Katzenvideo auf TikTok oder der positive Kontostand in der Banking App. Die Möglichkeiten sind geradezu endlos.
Dennoch gibt es einen Unterschied zwischen dem Glücksspiel und Smartphones. Alexander Markowetz, Autor des Buchs Digitaler Burnout, Medienwissenschaftler und Informatiker, sagt, dass der entscheidende Unterschied darin besteht, dass bei der Handynutzung das Glückshormon Dopamin nicht erst ausgeschüttet wird, wenn eine positive Nachricht wahrgenommen wird, sondern auch schon davor – aus einer reinen Erwartungshaltung heraus. Die regelmäßige Belohnung spricht das Gehirn sogar noch mehr an als z. B. ein regelmäßiger Gewinn. Dadurch wird das Suchtverhalten (im Vergleich zum Glücksspiel) sogar noch verstärkt.
Neben einer Sucht, kann der Handykonsum allerdings noch weitere bedenkliche Folgen haben. So konnten z. B. vor allem Auswirkungen auf die Psyche, wie Angst, Demenz, Depression oder auch Schlafstörungen nachgewiesen werden. Das Handy am Bett zu haben klaut uns wertvolle Schlafenszeit. Wer kurz vor dem Schlafen noch am Handy ist, tut sich damit keinen Gefallen. Die Informationsflut die das Handy in einer Phase bietet, in der es eigentlich um Entspannung gehen sollte, versetzt das Gehirn in Erregung und Unruhe. Außerdem beeinträchtigt das blaue Licht des Bildschirms die Freisetzung des Schlafhormons Melatonin. Am besten wären wir wohl damit beraten, das Smartphone ganz aus dem Schlafzimmer zu verbannen.
Das vor allem bei jungen Menschen auftretende Phänomen der FOMO (=Fear of missing out), also die permanente Angst, ein Ereignis, eine Erfahrung oder Information, die das Leben bereichern könnte, zu verpassen, wird durch eine intensive Nutzung von Social Media weiter vorangetrieben. In der Scheinwelt Social Media erlebt gerade immer irgendjemand etwas aufregenderes oder besseres als man selbst. Das Smartphone und die sozialen Medien geben uns wenigstens scheinbar die Möglichkeit, an diesen Erlebnissen teilhaben zu können. Wenn wir dann das Erlebte von Anderen mit dem eigenen „normalen“ Leben vergleichen, kann dies zu einer tiefen Verunsicherung oder Traurigkeit führen. Doch was kann man dagegen tun? Manchmal hilft ein Perspektivenwechsel. Als Gegenspieler zur FOMO kann es nämlich auch die Joy (Freude) of missing out geben. Damit ist der persönliche Gewinn gemeint, den man davon erhält, wenn man die ständige digitale Nutzung unterbricht. Wir alle wissen, wie gut sich ein Nachmittag, ein Wochenende oder sogar ein Urlaub ohne Pop-up-Benachrichtigungen und Social Media-Anxiety anfühlen kann. Nichts stellt sich der FOMO so gut in den Weg, wie am Ende des Tages feststellen zu können: Ich habe gar nichts Weltbewegendes verpasst.
Neben den psychischen Folgen kann eine exzessive Smartphone-Nutzung auch Auswirkungen auf unsere körperliche Gesundheit haben. Das fängt schon bei den Augen an. Gerade bei Kindern oder Jugendlichen, bei denen der Augapfel noch nicht komplett ausgewachsen ist, kann dies gefährlich werden, denn die ständige Fokussierung auf den Bildschirm beeinträchtigt das Wachstum des Augapfels, dessen Größe ausschlaggebend für Weit- und Kurzsicht ist.
Auch Schmerzen in der Hand oder in den Fingern sind ein typisches Symptom der Smartphone-Sucht. Reinhard Meier, Handchirurg am Helios Klinikum Meiningen, erklärt, dass unser Körper auf die Belastung, die durch das Tippen auf dem Smartphone resultiert, nicht vorbereitet ist. Unser Daumen ist eigentlich da, um die Hand beim Greifen zu unterstützen. Wenn er nun ständig Tippen muss, kann es zu Beschwerden kommen.
Doch nicht nur der Daumen ist durch die Smartphone-Nutzung einer ungewöhnlichen Belastung ausgesetzt. Haben Sie bei sich selbst schon einmal eine Verformung des rechten kleinen Fingers bemerkt? Vielen Menschen fällt beim Vergleich mit dem anderen kleinen Finger eine Delle zwischen den Gelenken auf. Die könnte daraus resultieren, dass der rechte kleine Finger oftmals die Last des ganzen Smartphones tragen muss wenn wir das Handy in der rechten Hand halten. Dieses Phänomen hat das Internet ‚Smartphone Pinky‘ getauft. Die Verformung geht laut Meier zum Glück allerdings nicht tief genug, um den Knochen zu schaden. Eine weitere gute Nachricht: Oftmals bessern sich die Beschwerden in der Hand oder den Fingern durch ein Weglegen des Handys wieder. Dennoch sollte man hier auf den Körper hören, Warnsignale ernst nehmen und seiner Hand hin und wieder eine Pause gönnen.
Festzuhalten ist, dass eine völlige Abstinenz von Internet oder Smartphones in der digitalen Gegenwart kaum möglich ist. Diesen harten Schritt muss man auch nicht gehen. Viel eher sollte ein selbstfürsorglicher Umgang mit dem Smartphone angestrebt werden. In der Theorie hört es sich so einfach an: Das Smartphone weglegen und in der realen Welt eine gute Zeit haben. Leider ist es nicht ganz so einfach, aus eingespielten Mustern auszubrechen. Die folgenden Tipps können aber dabei helfen, den Umgang mit dem Smartphone auf lange Sicht bewusster zu gestalten:
Quellen und Hintergründe:
Bild: Andrea Picaquadio (Pexels, Pexels Lizenz)