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Video- und Fotoüberwachung als Beweismittel

22.10.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm.

Eine Auszubildende stand unter dem Verdacht, ihren Arbeitgeber bestohlen zu haben. Die Videoaufzeichnungen zeigten jedoch ein anderes Bild. Der Beschwerde, die Video- und Fotoüberwachung verstoße gegen Persönlichkeitsrechte und dürfte zur Beweisführung nicht genutzt werden, gab das Gericht nicht statt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch des Klägers. Dieser betreibt eine Tankstelle. Die Beklagte stand bei ihm in der Zeit vom 01.10.2010 bis zum 08.12.2010 in einem Berufsausbildungsverhältnis im Berufsbild Einzelhandelskauffrau. Das Ausbildungsverhältnis endete durch außerordentliche Kündigung des Klägers wegen von ihm angenommener Diebstähle bzw. Unterschlagungen.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe während der Zeit ihres Ausbildungsverhältnisses beim Einsatz an der Kasse Diebstähle bzw. Unterschlagungen vorgenommen, die sich folgendermaßen abgespielt hätten:

Die Beklagte habe zunächst Artikel unter den Scanner gehalten, so dass für den Kunden der Preis auf der Digitalanzeige zu sehen gewesen sei. Sodann habe sie die Stornotaste und die Taste "Kassenöffnung" gedrückt. Die eingenommenen Geldbeträge habe sie zunächst in die Kasse gelegt und abends wieder herausgenommen. Dies sei jeweils in den Fällen geschehen, in denen der Kunde keine Quittung habe erhalten wollen, wonach sich die Beklagte vorher erkundigt habe. Diese Vorgehensweise der Beklagten sei auf der Überwachungs-CD des Kassenbereichs genau erkennbar. Dabei sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte die Bedienung der Kasse perfekt beherrscht habe.

In den Monaten Oktober 2010 bis Dezember 2010 habe die Beklagte auf diese Weise diverse Stornobuchungen und Kassenöffnungen durchgeführt, woraus sich Gesamtbeträge in Höhe von 3.095,03 € ergäben. Dabei habe er nur die Fälle aufgelistet, in denen keine Ersatzbuchungen vorgenommen worden seien, weil ein Kunde einen anderen Kaufgegenstand habe erwerben wollen. Die Vielzahl der nicht erforderlichen Kassenöffnungen bestätige seiner Meinung nach die umfangreichen Unterschlagungen. Der Kläger hat insoweit Bezug genommen auf die von ihm zu den Akten gereichten Fotos, erstellt aus Aufnahmen der Videokameras im Kassenbereich sowie auf Einzeldrucke bezüglich der Stornierungen.

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Die Beklagte hat bestritten, Diebstähle oder Unterschlagungen begangen zu haben.

Sie habe von Beginn an trotz ihrer Unerfahrenheit die Kasse bedienen müssen, diese habe sie jedoch nicht perfekt beherrscht. Die Stornotaste habe sie, so hat sie ihrerseits behauptet, immer dann bedient, wenn sie einen Fehler beim Einscannen gemacht habe. Solche Fehler seien ihr häufig unterlaufen. Darüber hinaus habe sie zu Übungszwecken Artikelnummern manuell im Computer eingegeben und dann wieder storniert, um die Artikelpreise auswendig zu lernen. Die Taste "Kassenöffnung" kenne sie gar nicht. Selbstverständlich habe sie das Geld sofort in die Kasse gelegt und sich weiterhin dahingehend korrekt verhalten, indem sie das gesamte Geld abends aus der Kasse genommen und zum Nachzählen in den hinteren Bürobereich gebracht habe.

Das vom Kläger angekündigte Video bzw. die CD werde genau diesen ordnungsgemäßen Vorgang dokumentieren, der Kläger möge das Video bzw. die CD hierzu einmal vorlegen. Dabei sei zu erwähnen, dass sie sehr wohl gewusst habe, dass gerade der Kassenbereich gefilmt werde.

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Die Aufstellungen des Klägers bewiesen zudem nicht, dass die stornierten Artikel im Bestand gefehlt hätten, sondern zeigten nur, dass überhaupt Stornierungen vorgenommen worden seien. Dabei sei schon anzumerken, dass in der Aufstellung des Klägers Positionen fehlerhaft als Stornobuchungen aufgeführt worden seien.

Zudem habe sie die Kasse während ihrer Schicht nie allein bedient, regelmäßig hätten eine weitere Mitarbeiterin sowie der Kläger und dessen Ehefrau Zugriff auf die Kasse während ihres Schichtdienstes gehabt. Von diesen Personen sei die Kasse auch dann bedient worden, obwohl sie als zuständige Kassiererin eingetragen gewesen sei.

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Entscheidungsgründe

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Hinsichtlich des Kaufs von Frostschutz am 02.12.2010 lässt sich den Fotos in ausreichender Weise entnehmen, dass ein Kaufvorgang stattgefunden hat, eine Bezahlung erfolgt ist und der Kunde mit zwei Kanistern das Tankstellengebäude verlassen hat. Unter der Zeitangabe 10.55 Uhr und 12 Sekunden bzw. 19 Sekunden lässt sich der Kaufvortrag und das Eintippen durch die Beklagte erkennen, ebenso wie das nachfolgende Verlassen des Ladenlokals.

Soweit die Beklagte eine Manipulation daraus herleiten will, dass die Bilder 1 und 2 in der Abfolge nicht stimmen können, lässt sich dieser Schluss nicht rechtfertigten; es handelt sich bloß um eine Verwechslung der zeitlichen Reihenfolge, wie sich aus den zeitlichen Aufdrucken der Aufzeichnungen ergibt.

Unter der Zeitangabe 10.55 Uhr erfolgt dann eine Stornobuchung durch die Beklagte, wie sich aus dem Buchungsbeleg in ausreichender Weise ergibt. In Anbetracht des Umstandes, dass der Kunde laut Aufzeichnung um 10.55 Uhr und 34 Sekunden sich auf dem Wege zu seinem Fahrzeug befand, bedurfte es nunmehr einer näheren Erklärung, warum die Beklagte eine Stornobuchung durchgeführt hat.

Hinsichtlich des Kaufs von zwei Schachteln Camel Filter und einer Stange Ernte-Zigaretten ist den Aufzeichnungen zu entnehmen, dass der Kunde bezahlt hat und jedenfalls bei einer Zeit von 13.53 Uhr die Tankstelle verlassen hat. Demgegenüber liegt bereits unter der Zeitangabe 13.52 Uhr eine Stornobuchung durch die Beklagte vor.

Die weiteren Bildsequenzen zeigen zudem, dass Geldscheine, die zuvor aufgefächert in der Kasse zu sehen sind, durch die Beklagte aus der Kasse herausgenommen und neben die Kasse gelegt worden sind. Insbesondere dieser Vorfall bedurfte im Zusammenhang mit der Stornobuchung durch die Beklagte einer näheren Erklärung der Beklagten, um nicht davon ausgehen zu können, dass die Stornobuchung zum Zwecke der Entnahme von Geldern getätigt worden ist.

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Insgesamt liegt daher ein ausreichend substantiierter und in bestrittenen Teilen bewiesener Bereich von Vorgängen vor, der zur Annahme der vom Kläger behaupteten Pflichtverletzungen führt. Rechnerisch ergab sich hieraus der ausgeurteilte Betrag in Höhe von 241,96 €.

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Auch soweit einzelne Vorgänge vom Kläger substantiiert dargelegt und bewiesen werden konnten, führt dies nicht zur Annahme, dass entsprechende Verhaltensweisen der Beklagten auch in allen anderen Vorfällen vorlagen, die der Kläger als unberechtigte Stornobuchungen auflistet.

Ein solcher Schluss war allein schon deswegen nicht gerechtfertigt, weil unstreitig jedenfalls auch im Einzelfall Buchungen durch anderen Personen vorgenommen worden sind, obwohl die Klägerin an der Kasse eingetragen war, so dass schon nicht festgestellt werden konnte, ob und in welchem Umfang die durchgeführten Stornobuchungen durch die Beklagte überhaupt vorgenommen worden sind.

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 16.05.2012, AZ 3 Sa 1229/11 (in Auszügen)

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