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Veräußerungsgewinn

30.08.2011  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Gewinnanteil des Veräußerers einer relevanten GmbH-Beteiligung ist preisbildender Bestandteil des veräußerten Anteils.

Der Kläger war mit einem weiteren Gesellschafter jeweils zur Hälfte an der X-GmbH beteiligt. Von deren Stammkapital (25.000 €) waren von den Gesellschaftern jeweils 6.391,50 € eingezahlt. Ausweislich der Bilanz zum 31.12.2003 belief sich der Gewinnvortrag aus früheren Jahren auf 78.068,08 €, der Jahresüberschuss 2003 auf 5.680,96 €. Letzterer sollte vorgetragen werden. Mit Vertrag vom 2.7.2004 verkaufte der Kläger seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 12.500 € an den Mitgesellschafter, wobei er zu dessen Gunsten auf den ihm anteilig zustehenden Jahresüberschuss aus dem Geschäftsjahr 2003 sowie den ihm anteilig zustehenden Gewinnvortrag aus früheren Jahren verzichtete. Gegenleistung des Mitgesellschafters war ein Barkaufpreis von 6.391,50 € sowie die Übernahme eines Gesellschafterdarlehens i. H. von 38.336,23 €. Der Kläger vertrat die Auffassung, ihm sei ein Veräußerungsverlust entstanden; er habe durch den Verzicht auf seinen Anteil am Gewinnvortrag und dem Jahresgewinn 2003 insgesamt 41.874,52 € aufgewandt, ½ x (78.068,08 € + 5.680,96 €). Dem stehe eine Gegenleistung von 6.391,50 € für das eingezahlte Stammkapital und 38.336,23 € für das vom Erwerber übernommene Gesellschafterdarlehen gegenüber, so dass sich unter Berücksichtigung der Notarkosten ein Verlust i. H. von 4.026,65 € ergäbe. Dem folgte das FA nicht.

Das FG hat der Klage stattgegeben und entschieden, der nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 EStG zu ermittelnde Veräußerungsgewinn sei um die auf den Kläger entfallenden Anteile jeweils i. H. von 50% aus 78.068,08 € Gewinnvortrag und aus 5.680,96 € für den Jahresüberschuss 2003 zu mindern. Eine erworbene Beteiligung umfasse auch die Gewinne, die noch nicht festgestellt seien. Somit stehe die Übertragung des Gewinnbezugsrechts einer Übertragung eines bereits entstandenen Anspruchs auf Ausschüttung des Gewinns gleich. Folglich umfassten die Anschaffungskosten eines Veräußerers auch den Wert des Gewinnbezugsrechts.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Die anteiligen Gewinnvorträge i. H. von 39.034,04 € und der anteilige Jahresüberschuss i. H. von 2.840,48 € seien nicht vom Veräußerungspreis abzuziehen. Es handle sich weder um ursprüngliche Anschaffungskosten noch um Anschaffungsnebenkosten, d. h. nicht um Aufwendungen des Klägers, um Anteilseigner zu werden. Der Gewinnbeteiligungsanspruch sei kein selbstständig bilanzierbarer Vermögensvorteil. Er könne nicht als Einlage dienen. Sowohl die Gewinnvorträge als auch der Jahresüberschuss seien Eigenkapital.

Die Revision ist begründet (BFH-Urteil vom 8.2.2011 – IX R 15/10). Sie führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Klageabweisung. Zu Unrecht hat das FG den streitbefangenen anteiligen Gewinnvortrag und den anteiligen Jahresüberschuss als Anschaffungskosten des Klägers behandelt, die seinen Veräußerungsgewinn mindern.

Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungskosten sind die durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlassten Aufwendungen. Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Dazu gehören auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten darstellen.

Nach diesen Grundsätzen mindern der anteilige Gewinnvortrag und Jahresüberschuss im Streitfall den Veräußerungsgewinn des Klägers nicht. Vielmehr decken die ursprünglichen Anschaffungskosten des Klägers (eingezahltes Stammkapital plus Notarkosten) sein Mitgliedschaftsrecht mit allen seinen Bestandteilen ab und damit auch den streitigen Gewinnanteil (anteiliger Gewinnvortrag und Jahresüberschuss). Es handelt sich bei dem streitigen Gewinnanteil um unselbstständige, preisbildende Bestandteile des veräußerten Anteils. Dass dem Kläger gerade im Hinblick auf diese Bestandteile besondere nachträgliche Anschaffungskosten entstanden wären, sieht der BFH für nicht ersichtlich an. Vielmehr hat der Erwerber der Anteile den unstreitigen Veräußerungspreis gerade auch dafür bezahlt, dass mit dem erworbenen Anteil der streitbefangene anteilige Gewinnvortrag und Jahresüberschuss verbunden ist. Die Realisierung dieser Werthaltigkeit seines Anteils soll aber beim klagenden Veräußerer besteuert werden.

Udo Cremer Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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