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Veräußerung einer Kapitalbeteiligung (Kommentar von Udo Cremer)

20.02.2017  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder als sonstige Einkünfte

  1. Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen führt nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die sog. "Managementbeteiligung" von einem Arbeitnehmer der Unternehmensgruppe gehalten und nur leitenden Mitarbeitern angeboten worden war.
  2. Bestehende Ausschluss- oder Kündigungsrechte hinsichtlich der Kapitalbeteiligung im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und rechtfertigen für sich allein noch nicht die Annahme, dass dem Arbeitnehmer durch die Gewährung einer Möglichkeit zur Beteiligung Lohn zugewendet werden soll.

Der Kläger war ab 2001 und über das Streitjahr hinaus für verschiedene Unternehmen der A-Unternehmensgruppe im mittleren Management tätig und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Jahr 2002 beschlossen die Gesellschafter der zur A-Unternehmensgruppe gehörenden A-Holding, zunächst Mitarbeiter der ersten Führungsebene als Management-Gesellschafter an der A-Holding unmittelbar zu beteiligen. Ab dem Jahr 2003 sollten im Rahmen weiterer Managementbeteiligungen verschiedene Führungskräfte der zweiten Führungsebene, zu denen der Kläger gehörte, über eine Beteiligungsgesellschaft mittelbar an der A-Holding beteiligt werden. Vor diesem Hintergrund gründete der Kläger zusammen mit weiteren Gesellschaftern mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 19.2.2003 die A-Beteiligungs-GbR.

Gesellschaftszweck der A-Beteiligungs-GbR war der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Beteiligungen an der A-Holding. Die Gesellschaft sollte für unbestimmte Zeit bestehen, jedoch u.a. durch Veräußerung sämtlicher von ihr gehaltener Geschäftsanteile an der A-Holding aufgelöst werden. Gesellschafter konnten neben den in der Anlage zum Gesellschaftsvertrag genannten Gründungsgesellschaftern im Übrigen nur Mitarbeiter der A-Holding oder eines Unternehmens der Unternehmensgruppe werden. Die Gesellschafter waren gemäß ihrer jeweiligen Einlage quotal am Gewinn und Verlust der A-Beteiligungs-GbR sowie an etwaigen Veräußerungs- oder Liquidationserlösen und weiteren Gesellschafterrechten beteiligt. Die Gesellschafter konnten durch Tod, durch Ausübung ihres ordentlichen oder außerordentlichen Kündigungsrechts oder durch Ausschluss aus wichtigem Grund aus der A-Beteiligungs-GbR ausscheiden.

Als wichtiger Ausschlussgrund galt insbesondere die Übertragung von mehr als 25 % der Anteile an der A-Holding an fremde Dritte mit anschließender Veränderung der Geschäftsführung nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen; ferner konnte die Gesellschafterversammlung der A-Beteiligungs-GbR Gesellschafter bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit der jeweiligen Gesellschaft der Unternehmensgruppe ausschließen. Die Höhe der Abfindung bei Ausscheiden war vom Grund des Ausscheidens abhängig und detailliert im Gesellschaftsvertrag geregelt.

Der Kläger erbrachte entsprechend der von ihm eingegangenen gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung eine Einlage in Höhe von 107.521,05 € und war hierdurch mit 24,7986 % an der A-Beteiligungs-GbR beteiligt. Die Einlage entsprach dem von der Beteiligungs-GbR geschuldeten Kaufpreis für die auf den Kläger entfallenden Anteile an der A-Holding. Für den Erwerb seiner Beteiligung nahm der Kläger ein Darlehen über 75.000 € auf, für das er an Kreditgebühren und Kreditzinsen 3.425,92 € im Jahr 2003, 2.932,68 € im Jahr 2004 und 430,70 € im Jahr 2005 bezahlte.

Mit notariell beurkundetem Beteiligungsvertrag vom 19.2.2003 erwarb die A-Beteiligungs-GbR 1,2097 % der Anteile an der A-Holding. Mittels ihrer GbR-Beteiligung hielten die Managementbeteiligten damit eine gesamthänderische Mitberechtigung an der A-Holding, wobei auf den Kläger ein Anteil von (24,7986 % von 1,2097 % =) 0,3 % am Stammkapital der A-Holding entfiel. Für den Erwerb der Anteile an der A-Holding zahlte die A-Beteiligungs-GbR einen Kaufpreis in Höhe von 433.577,20 €. Dieser Kaufpreis beruhte auf dem seinerzeitigen Marktwert der A-Holding in Höhe von ca. 36 Mio. €, der durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Stichtag 1.1.2002 für steuerliche Zwecke ermittelt worden war. Diese Wertermittlung ist vom FA nach umfangreicher Überprüfung und weitergehenden eigenen Ermittlungen als zutreffend anerkannt worden.

In diesem Zusammenhang ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass der vom Kläger für seinen Anteil an der A-Beteiligungs-GbR (und damit für seine indirekte Beteiligung am Stammkapital der A-Holding) gezahlte Kaufpreis in Höhe von 107.521,05 € marktgerecht ist. Im Jahr 2004 erwarb eine Investorengruppe sämtliche Anteile an der A-Holding von den zu diesem Zeitpunkt beteiligten Gesellschaftern mit Wirkung zum 23.12.2004. An dieser Veräußerung und Übertragung nahm auch die A-Beteiligungs-GbR teil. Abzüglich der unmittelbar angefallenen Veräußerungskosten entfiel auf den Kläger ein anteiliger Veräußerungserlös in Höhe von 575.820,56 €, der dem Kläger in Höhe von 574.284,95 € am 23.12.2004 und in Höhe von 1.535,61 € am 20.9.2005 zugeflossen ist.

Im Rahmen ihrer im Juli 2006 abgegebenen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger keine Angaben zu dem Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Managementbeteiligung des Klägers. Erst mit Schreiben vom 28.5.2007 teilten die Kläger dem FA mit, dass der Kläger am 19.2.2003 eine mittelbare Beteiligung an der A-Holding erworben habe. In der Folgezeit überprüfte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X ab dem 1.6.2007 die Einkommensteuerveranlagungen der Kläger für die Jahre 2003 bis 2007. Aufgrund dieser Prüfung gelangte das Finanzamt X in seinem Bericht vom 12.7.2010 zu der Auffassung, dass es sich bei dem im Zusammenhang mit dem Managementbeteiligungsprogramm erfolgten Zufluss im Streitjahr um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele und nicht um außerhalb der Veräußerungsfrist erzielte und mithin nicht der Besteuerung unterliegende sonstige Einkünfte i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Daraufhin erließ das FA unter dem 21.9.2010 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr und erhöhte die bisher angesetzten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 146.732 € um 574.284 € auf 721.016 €. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Kläger hatte bei der maßgeblichen Frage, ob es sich bei dem aus der Veräußerung der Managementbeteiligung des Klägers erzielten Gewinn um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handele, keinen Erfolg.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG vertrat in seinem in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2016, 209 veröffentlichten Urteil die Auffassung, dass der vom Kläger im Rahmen der Veräußerung seiner (indirekten) Beteiligung an der A-Holding im Streitjahr erzielte Veräußerungsgewinn entgegen der Auffassung des FA nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sei. Die Revision ist nicht begründet; sie ist daher zurückzuweisen (BFH Urteil vom 4.10.2016, IX R 43/15).

Die Entscheidung des FG, wonach die dem Kläger aus der Managementbeteiligung zugeflossenen Erlöse weder bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit noch bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften zu erfassen sind, ist nicht zu beanstanden.

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Dem Arbeitnehmer entstandene Vorteile sind durch eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige Sonderrechtsbeziehungen veranlasst, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zugrunde liegen.

Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass diese auch selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könnten. Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichtsteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist aufgrund einer in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegenden tatsächlichen Würdigung zu entscheiden. In die vom FG vorzunehmende tatsächliche Würdigung sind alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles einzubeziehen. Die Tatsachenwürdigung durch das FG ist, wenn sie verfahrensrechtlich ordnungsgemäß durchgeführt wurde und nicht gegen Denkgesetze verstößt oder Erfahrungssätze verletzt, nach § 118 Abs. 2 FGO revisionsrechtlich bindend.

Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung, die daraus erzielten laufenden Erträge sind dann keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen. Im Falle der Veräußerung der Kapitalbeteiligung kommt dementsprechend eine Steuerbarkeit nach den einschlägigen Veräußerungstatbeständen des Einkommensteuergesetzes (§§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG) in Betracht. Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen führt insbesondere nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern im Allgemeinen oder sogar nur bestimmten Arbeitnehmern angeboten worden war. Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des FG, wonach die dem Kläger aus der Veräußerung der Managementbeteiligung zugeflossenen Erlöse nicht durch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit veranlasst sind, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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