18.04.2017 — Timm Haase. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2010 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger war seit Beginn des Streitjahres Geschäftsführer einer GmbH, an deren Kapital er nicht beteiligt war. Aus der Tätigkeit als Geschäftsführer erzielte er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger war Eigentümer eines einmotorigen Privatflugzeugs, das er aufgrund eines ihm erteilten Flugscheins selbst steuern durfte. Sein Privatflugzeug nutzte der Kläger im Streitjahr für 111 Flugstunden. Davon entfielen 29,59 Flugstunden auf Flüge zur Wahrnehmung beruflich veranlasster Auswärtstermine.
Die Flugkosten von ca. 17.000 Euro hatte der Kläger ermittelt, indem er die jeweilige Flugzeit mit den von ihm berechneten durchschnittlichen Vollkosten einer Flugstunde multiplizierte und zusätzlich die jeweiligen Landeentgelte in Ansatz brachte. Der Kläger machte für seine Dienstreisen mit dem eigenen, selbst gesteuerten Flugzeug keine Reisekostenerstattung geltend. Seine übrigen Reisekosten, insbesondere für Dienstreisen mit Linienflugzeugen und mit dem Firmen-PKW, erstattete die Arbeitgeberin dem Kläger steuerfrei.
Das Finanzamt lehnte den Abzug der Aufwendungen für die vorgenannten Flüge mit dem Privatflugzeug als Werbungskosten auch im Einspruchsverfahren ab. Auch vor dem Finanzgericht hatte die nachfolgende Klage keinen Erfolg.
Nach ständiger Rechtsprechung sind Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.S. von § 19 Abs. 1 EStG Aufwendungen, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Reisekosten sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH dann als Werbungskosten abziehbar, wenn die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass (z. B. das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes) zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet.
Die Reisen des Klägers sind nach Auffassung des BFH beruflich veranlasst, da es sich um berufliche Auswärtstermine des Klägers handelte. Für den Werbungskostenabzug von beruflich veranlassten Reisekosten kommt es dem Grunde nach nicht darauf an, welches Verkehrsmittel der Steuerpflichtige wählt. Dem Steuerpflichtigen steht die Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich frei. Es ist bei Reisekosten –wie auch sonst bei der Anerkennung von Aufwendungen als Werbungskosten– regelmäßig unerheblich, ob die geltend gemachten Aufwendungen objektiv gesehen zweckmäßig und notwendig waren, selbst wenn das Handeln des Steuerpflichtigen sich nachträglich als unwirtschaftlich herausstellt.
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts steht es der Berücksichtigung der Reisekosten des Klägers einschließlich der geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen daher dem Grunde nach nicht entgegen, dass der Kläger die Dienstreisen mit seinem Privatflugzeug durchgeführt hat. Liegt einer Reise des Steuerpflichtigen ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde, kann aus der Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich keine private Veranlassung der Reisekosten abgeleitet. Insbesondere rechtfertigt die Wahl eines bestimmten Verkehrsmittels regelmäßig nicht die Annahme, dass die Verfolgung privater Reiseinteressen den Schwerpunkt der Reise bildet. Vielmehr stehen private Motive dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, wenn die objektiv festgestellten Tatsachen unter Berücksichtigung der dafür von der Rechtsprechung aufgestellten Merkmale und Maßstäbe die rechtliche Würdigung tragen, dass die Aufwendungen nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sind.
Ob ein unangemessener beruflicher Aufwand i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Steuerpflichtiger, ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen, angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen haben würde. Maßstab für die in erster Linie dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz obliegende Feststellung des angemessenen Teils der Werbungskosten ist die Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Arbeitnehmers in derselben Situation des Steuerpflichtigen.
Quelle:
BFH-Urteil vom 19.1.2017, VI R 37/15, veröffentlicht am 12.4.2017
Links zum Thema: |
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Werbungskostenabzug bei Benutzung eines Privatflugzeugs – Änderungsbescheid während des Revisionsverfahren |
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Reisekostenreform 2014 |
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