18.03.2014 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Der Kläger und Revisionskläger war im Streitjahr als Arbeitnehmer tätig. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 machte er Aufwendungen in Höhe von 1.452 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Hierbei legte er der Berechnung der Entfernungspauschale 22 km als Entfernung zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte in X zugrunde. Für die Fahrten nutzte er ein Kraftfahrzeug.
Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr erkannte das FA Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 726 EUR an (= 220 Tage x 11 km x 0,30 EUR). Hierbei legte es als kürzeste Straßenverbindung eine Strecke von 11 km zugrunde, die durch den mautpflichtigen A-Tunnel führt.
Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die längere Fahrtstrecke durch die Innenstadt von X sei wegen der hohen Mautgebühren für die Tunnelfahrten zu berücksichtigen. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2012 als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das FG ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die kürzeste Straßenverbindung durch den A-Tunnel sei der Berechnung der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ungeachtet der Mautgebühren zugrunde zu legen. Die vom Kläger benutzte längere Fahrtstrecke sei auch nicht als "offensichtlich verkehrsgünstiger" i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG anzusehen. Eine Zeitersparnis, die die Strecke als verkehrsgünstiger erscheinen lasse, werde nicht erzielt. Vielmehr betrage die Fahrzeit durch den A-Tunnel ca. 14 Minuten, während die Fahrt durch die Innenstadt von X ca. 29 Minuten in Anspruch nehme. Das Tatbestandmerkmal "offensichtlich verkehrsgünstig" sei nicht mit "kostengünstig" gleichzusetzen. Im Übrigen sei fraglich, ob der Weg durch die Innenstadt angesichts des damit verbundenen Umwegs wirklich kostengünstiger sei.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 4. Oktober 2011 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2012 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 726 EUR berücksichtigt werden.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH Urteil vom 12.12.2013, VI R 49/13). Das FG hat der Berechnung der Entfernungspauschale zu Recht die Straßenverbindung über den A-Tunnel zugrunde gelegt.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG können Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen. Für die Entfernungspauschale ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG).
Verkehrsgünstiger i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 2. Halbsatz EStG als die kürzeste Straßenverbindung ist die von dem Arbeitnehmer tatsächlich benutzte Straßenverbindung dann, wenn mit ihrer Benutzung eine Zeitersparnis oder sonstige Vorteile aufgrund von Streckenführung, Schaltung von Ampeln o.Ä. verbunden sind.
Für die Beurteilung der Verkehrsgünstigkeit der anderen Straßenverbindung ist es unerheblich, wenn bei der Benutzung der kürzesten Strecke Straßenbenutzungsgebühren anfallen.
Maßgeblich ist lediglich die Vorteilhaftigkeit einer Strecke mit Blick auf den Ablauf des Straßenverkehrs, ohne dass hierbei finanzielle Aspekte zu berücksichtigen sind. Hinzu kommt, dass die Entfernungspauschale unabhängig von den tatsächlich entstandenen Kosten gelten soll, weshalb deren Höhe nicht mittelbar durch die Wahl gebührenfreier Straßenverbindungen beeinflusst werden kann.
Nach diesen Grundsätzen ist für die im Streitfall anzusetzende Entfernungspauschale eine Entfernung von 11 km maßgeblich. Nach den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ist dies die kürzeste Straßenverbindung zwischen der Wohnung des Klägers und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte. Die von dem Kläger tatsächlich befahrene Strecke ist im Vergleich dazu nicht verkehrsgünstiger. Denn sie ist zeitaufwändiger; sonstige, im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 2. Halbsatz EStG relevanten Vorteile sind nicht ersichtlich.
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