11.07.2017 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Der Kläger war mit anderen Personen als Erfinder tätig. Er schloss zusammen mit drei anderen Personen als Lizenzgeber Lizenzverträge mit der K-KG für die Vermarktung von Erfindungen. Die KG sollte Gutschriften erstellen. Seit 1998 versteuerte der Kläger die anteiligen Einnahmen aus der Lizenzeinräumung als Einzelunternehmer. Die KG erstellte Gutschriften unter Anwendung des Regelsteuersatzes. Die Gutschriften nannten im Adressfeld den Namen und die Anschrift des Klägers und nahmen im Übrigen auf die zwischen der KG und den Erfindern abgeschlossenen Verträge Bezug. Der Kläger ging von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus. Aufgrund der Gutschriftserteilung unter Anwendung des Regelsteuersatzes nahm das FA aufgrund einer Kontrollmitteilung eine Steuerhinterziehung durch den Kläger an und änderte die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 1998 bis 2010 auch insoweit, als die reguläre Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war.
Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg. Nach dem in EFG 2016, 1379 veröffentlichten Urteil des FG war nicht der Kläger, sondern die aus den Erfindern bestehende Bruchteilsgemeinschaft der Unternehmer, der die Leistungen gegenüber der KG erbracht habe.
Die Revision des Klägers ist begründet (BFH Urteil vom 16.3.2017, V R 27/16). Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen einer Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG (bis einschließlich Streitjahr 2003: § 14 Abs. 3 UStG a.F.) bejaht. Eine derartige Steuerschuld kommt nur in Betracht, wenn in den Gutschriften eine andere Person als die Person, die die Leistung tatsächlich erbracht hat, als Leistender angegeben ist. Dies hat das FG zu Unrecht ohne Berücksichtigung der insoweit auszuschöpfenden Auslegungsmöglichkeiten bejaht.
Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet gemäß § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Nach der bis einschließlich 2003 geltenden Rechtslage ergab sich dies aus § 14 Abs. 3 UStG a.F. § 14c Abs. 2 UStG beruht unionsrechtlich auf Art. 203 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wonach jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist, die Mehrwertsteuer schuldet. Damit soll einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegengewirkt werden, die sich aus dem Recht auf Vorsteuerabzug ergeben kann.
Die Rechnung, die i.S. von § 14c UStG zu einem unberechtigten Steuerausweis führt, muss gewisse Mindestangaben enthalten. Hierzu gehören Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ob diese Angaben unzutreffend sind und zu einer Steuerschuld aufgrund eines unberechtigten Steuerausweises führen können, bestimmt sich nach allgemeinen Grundsätzen. Daher sind wie bei der Prüfung, ob eine Rechnung hinreichende Angaben enthält, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, auch bei Anwendung von § 14c Abs. 2 UStG Bezugnahmen in der Rechnung auf andere Dokumente zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung derartiger Bezugnahmen ist auch unionsrechtlich geboten. Kann der tatsächliche Inhalt einer Rechnung durch Bezugnahmen geklärt und die Gefahr eines unberechtigten Steuerausweises ausgeschlossen werden, entfällt die missbilligte Gefährdung des Steueraufkommens. Unionsrechtlich ist zudem zu berücksichtigen, dass sich die Steuerverwaltung nach dem Urteil des EuGH Barlis 06 vom 15. September 2016 C-516/14 (EU:C:2016:690, Rz 44) nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken darf, sondern auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen hat.
Danach ist das Urteil des FG aufzuheben. Verweist eine Gutschrift auf einen Vertrag, aus dem sich die Person des Leistenden ergibt, kann diese Bezugnahme der Annahme eines unberechtigten Steuerausweises aufgrund einer unzutreffenden Bezeichnung des Leistenden entgegenstehen. Die Gutschriften, aus denen das FG einen unberechtigten Steuerausweis ableitet, waren zwar im Adressfeld an den Kläger gerichtet und wiesen seine Anschrift aus. Die Gutschriften nahmen aber auch auf den der Leistungserbringung jeweils zugrunde liegenden Lizenzvertrag Bezug. Ist mit dem FG davon auszugehen, dass Unternehmer die Bruchteilsgemeinschaft, nicht aber der einzelne Erfinder war, liegt es nahe, die Gutschriften, die auf die der Leistungserbringung zugrunde liegenden Lizenzverträge verwiesen, aufgrund dieser Bezugnahme als an die jeweilige Bruchteilsgemeinschaft (nicht aber als an den Kläger) als Leistenden erteilt anzusehen. Dabei ist auch zu beachten, dass die Leistungserbringung als solche unstreitig ist und die Pflicht zur Berücksichtigung aller vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen auch das FG trifft. Geht das FG daher von einer Unternehmereigenschaft der Gemeinschaft anstelle des Gemeinschafters aus, hat es sich mit der naheliegenden Möglichkeit auseinanderzusetzen, dass die Gutschrift aufgrund einer Bezugnahme auf den der Leistungserbringung zugrunde liegenden Vertrag als auf die Gemeinschaft als Leistende ausgestellt anzusehen ist.
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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