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Stammeinlage

20.09.2011  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Nachweis der Einzahlung einer Stammeinlage muss nach 20 Jahren seit Eintragung der GmbH nicht zwingend allein durch den entsprechenden Zahlungsbeleg geführt werden.

Die Klägerin war Gesellschafterin der am 29.7.1986 gegründeten GmbH, an deren Stammkapital in Höhe von 50.000,00 DM (25.564,59 €) sie mit 16.500,00 DM (8.436,32 €) beteiligt war. Die Stammeinlagen waren lt. Gründungsurkunde zur Hälfte sofort bar einzuzahlen, im Übrigen nach Anforderung der Geschäftsführer. Im Juni 2006 lehnte das Amtsgericht (AG) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse ab. Die GmbH wurde im September 2006 im Handelsregister gelöscht. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2006 machte die Klägerin u.a. den Verlust aus der Beteiligung an der GmbH in Höhe von 4.218 € im Halbeinkünfteverfahren geltend, den das FA im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr jedoch unberücksichtigt ließ.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG entschied, das FA habe die Stammeinlage von 16.500 DM (8.436,32 €) zu Recht nicht als Anschaffungskosten für die Beteiligung der Klägerin an der GmbH nach § 17 EStG berücksichtigt. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie die streitige Stammeinlage tatsächlich erbracht habe. Hierfür sei in der Regel ein Zahlungsbeleg vorzulegen. Die vorgelegten Bilanzen erbrächten lediglich den Nachweis darüber, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen abgegeben worden seien, zumal die Klägerin nicht einmal vorgetragen habe, die Einzahlung der Bareinlage sei durch den mit der Bilanzerstellung Beauftragten überprüft worden. Gleiches gelte für die Prüferbilanz in der Anlage des Berichtes des FA vom Januar 1999. Denn regelmäßig werde die Prüferbilanz auf Grundlage der vorgelegten Bilanzen erstellt, ohne dass der Prüfer die Einzahlung der Stammeinlage gesondert überprüft hätte.

Der Umstand, dass in der Gründungsurkunde bzw. dem Gesellschaftsvertrag vom Juli 1986 versichert werde, dass 50 % Stammkapital sofort und der Rest auf Anforderung der Geschäftsführung einzuzahlen sei, beweise ebenfalls nicht, dass die Zahlungen tatsächlich erfolgt seien. Allenfalls diene die Vertragsurkunde als Beweis für die Abgabe der Erklärung durch die Klägerin, nicht aber als Beweis der Zahlungsvorgänge. Dass die GmbH eingetragen worden sei und dies nach § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG grundsätzlich die vorherige Einzahlung eines Viertels des Stammkapitals erfordere, sei als Nachweis nicht ausreichend. Unabhängig von den steuerlichen Aufbewahrungspflichten obliege es einem GmbH-Beteiligten im eigenen Interesse, nicht nur für den Fall von steuerlichen, sondern auch von zivilrechtlichen Streitigkeiten über die Einzahlung des Stammkapitals Zahlungsnachweise hierüber aufzubewahren.

Die eingelegte Revision ist begründet (BFH-Urteil vom 8. Februar 2011 IX R 44/10). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage. Die Klägerin war wesentlich i.S. von § 17 Abs. 1 EStG an der GmbH beteiligt. Im Rahmen der Berechnung des daraus resultierenden Auflösungsverlusts führt die Einzahlung einer Stammeinlage zu Anschaffungskosten der Beteiligung. Die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung erfordert grundsätzlich die reale Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Merkmale der jeweiligen Steuernorm. Das FG hat aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des jeweiligen Besteuerungstatbestandes zu gewinnen. Ist dabei eine unmittelbare Beweisführung nicht möglich, sind also keine Beweismittel vorhanden, aus denen sich direkt das Vorliegen einer beweisbedürftigen Tatsache ergibt, so hat das FG ggf. vorhandene Hilfstatsachen (Indizien) zu würdigen, die mittelbar (auch über Erfahrungssätze) einen Schluss auf eine entscheidungserhebliche Haupttatsache ermöglichen. Dabei deuten einzelne Indizien lediglich mit mehr oder weniger hoher bzw. schwacher Wahrscheinlichkeit auf einen bestimmten Geschehensablauf hin, sodass sie immer nur Teil einer umfassenden Beweiswürdigung sein können. Allein der Umstand, dass ein unmittelbares Beweismittel aus dem Bereich des Steuerpflichtigen nicht zur Verfügung steht, entbindet das FG nicht vom Untersuchungsgrundsatz und von einer Gesamtwürdigung aller vorhandenen Indizien.

Nach diesen Grundsätzen kann die Beweislastentscheidung des FG hinsichtlich der Einzahlung der Stammeinlage der Klägerin keinen Bestand haben. Das FG hat verkannt, dass es sich bei den von ihm als unmittelbare Beweismittel für die Einzahlung der Stammeinlage verworfenen Umständen, insbesondere der Einzahlungsverpflichtung lt. Gesellschaftsvertrag, der Bilanzierung ausstehender Einlagen bei der GmbH mit 0 DM wie auch der Eintragung der GmbH um Indizien handelt, die in eine Gesamtwürdigung hätten einfließen müssen. Ergiebiges Indiz für die Einlageleistung der Klägerin ist der bilanzielle Ausweis der ausstehenden Einlage mit 0 DM und dessen Übernahme in die Prüferbilanz. Der Prüferbilanz verleiht der Umstand besonderes Gewicht, dass der Prüfer bei Nichtverzinsung einer nicht erbrachten Stammeinlage ggf. eine verdeckte Gewinnausschüttung zu veranschlagen gehabt hätte. Nach dem Urteil hat der erkennende Senat keine Zweifel, dass die Klägerin die streitige Einlage vollständig erbracht hat.

Udo Cremer Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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