16.03.2020 — Moira Frank. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Bei den Auswirkungen des Coronavirus auf unsere Gesundheit, die Gesellschaft und die Arbeitswelt herrscht derzeit große Unsicherheit. Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation. Wir haben deshalb übersichtlich für Sie zusammengestellt, wie Covid-19 die Arbeitswelt Mitte März betrifft und was Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen jetzt tun können und müssen.
Wer aus Sorge um Ansteckung eigenmächtig zu Hause bleibt, riskiert eine Abmahnung oder gar eine Kündigung. Auch wenn die Kolleg*innen husten und niesen, ist das leider kein triftiger Grund, mit Berufung auf das Leistungsverweigerungsrecht zu Hause zu bleiben. Die S-Bahn und Busse fahren nicht? Dann haben Arbeitnehmer*innen Pech gehabt, denn sie tragen das sogenannte Wegerisiko und müssen ihre Anreise selbst organisieren.
Im Homeoffice gibt es keine Arbeitswege und auch eine deutlich verminderte Ansteckungsgefahr. Eine entsprechende Anordnung, so möglich, gilt jetzt als vernünftig und wichtig. Die Unternehmensberatung Ernst & Young hatte beispielsweise nach einem Infektionsfall Ende Februar bereits 1500 Beschäftigte in Düsseldorf ins Homeoffice geschickt. Doch es gibt kein gesetzlich verankertes Recht auf Homeoffice – und auch keine Pflicht, im Homeoffice zu arbeiten. Wer darauf besteht, auf die Arbeit zu kommen, darf das derzeit noch, sofern der Betrieb nicht von den Behörden geschlossen wurde.
Hier ist der Dialog geboten! Sprechen Sie die Probleme beim Arbeitgeber an und bemühen Sie sich gemeinsam um eine Lösung, die der Krise gerecht wird. Auch der Betriebsrat kann Ihnen hier weiterhelfen. Denn Arbeitnehmer*innen müssen nicht nur ihre Arbeit erbringen, Arbeitgeber*innen haben auch eine Fürsorgepflicht. Die gilt auch und insbesondere in Krisenzeiten und kann übrigens verschärft werden.
Derzeit dürfen Arbeitgeber*innen noch Geschäftsreisen anordnen. Immer mehr Unternehmen reagieren aber auf die Krise und beschränken oder verbieten sie sogar. Schon Ende Februar sagte der Nahrungsmittelriese Nestlé bis Mitte März alle Geschäftsreisen ab. Andere Unternehmen wie RWE oder Ikea schränken Reisen in betroffene Länder ein – das dürften allerdings sehr bald so ziemlich alle sein.
Hat das Auswärtige Amt eine Reisewarnung wegen des Coronavirus ausgesprochen, so gilt eine Reise dorthin für Arbeitnehmer*innen als unzumutbar. Viele Länder verbieten jetzt auch Einreisen aus Deutschland. Davon sind natürlich auch Urlauber*innen betroffen. Über Reisewarnungen und allgemeine Informationen über Reisen und Covid-19 informieren können Sie sich beim Auswärtigen Amt, auch der zugehörige Twitter-Account bietet eine tagesaktuelle Übersicht.
Viele Unternehmen schicken Ihre Mitarbeiter*innen nach Möglichkeit bereits ins Homeoffice. Wichtig ist, dass Arbeitnehmer*innen aber für die Arbeit von zu Hause technisch ausgestattet sind. Wer keinen Laptop oder Computer hat, muss einen zur Verfügung gestellt bekommen. Kümmern Sie sich rechtzeitig darum, dass alle Mitarbeiter*innen die benötigte Soft- und Hardware erhalten.
Tipps für ein rundum gesundes Arbeiten im Homeoffice finden Sie in unserem Fachartikel. Unsere Themenseite Homeoffice bietet Ihnen mehr Informationen zu Arbeits- und Datenschutz.
Tipp für Online-Meetings: Google reagiert auf die weltweise Krise und ermöglicht u. a. die kostenlose Premium-Nutzung von Hangouts Meet. Wir vom Verlag Dashöfer stellen Stück für Stück unsere Präsenzseminare auf eine Online-Version um – das ist nicht nur gesund, sondern auch bequem! Eine Übersicht über unsere Online-Weiterbildung finden Sie hier oder auf dem VideoCampus.
Arbeitgeber*innen müssen ihre Mitarbeiter*innen schützen – das ist auch gesetzlich geregelt. Derzeit sind viele Empfehlungen aber nicht unbedingt gesetzlich, sondern einfach vernünftig. Stellen Sie zum Beispiel Desinfektionsmittel am Eingang und auf den Toiletten zur Verfügung und weisen Sie energisch und wiederholt auf die Hygienestandards hin. Jeder sollte sich immer, aber insbesondere jetzt nach Toilettengang, Mittagspause, längerer Arbeit etc. gründlich und mit Seife die Hände waschen. Auf Händeschütteln und Umarmungen darf gerade gern verzichtet werden.
Wer einen Mundschutz tragen will, darf das zumindest bei erhöhter Infektionsgefahr durch Kontakt mit potentiell Infizierten, etwa wer als Sanitäter*in am Flughafen arbeitet. Ein Duty-Free-Shop hatte in Berlin gegen ein entsprechendes Mundschutz-Verbot geklagt. Der beklagte Arbeitgeber hatte rasch nachgegeben und schriftlich Mundschutz und Handschuhe genehmigt.
Was, wenn jemand im Büro hartnäckig hustet? Dann dürfen Arbeitgeber*innen diese Person kurzfristig freistellen. Auch wer seine Mitarbeiter*innen vorsorglich nach Hause schicken will, darf das tun, muss dann aber weiter Gehalt zahlen.
§ 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) greift, wenn Arbeitnehmer*innen unter durch die Behörden angeordnete Quarantäne gestellt werden. In den ersten 6 Wochen müssen Arbeitgeber*innen den Lohn dann fortzahlen. Eine Entschädigung erhalten sie auf Antrag je nach Bundesland entweder vom Gesundheitsamt oder der Bezirksregierung. Übrigens: Auch Selbstständige, die unter Quarantäne gestellt wurden, können bei Verdienstausfall einen Antrag auf Entschädigung stellen. Die Quarantäne muss allerdings offiziell verordnet worden sein. Die freiwillige Selbstisolation ist zwar eine gute Sache, stellt aber keinen Entschädigungsanspruch dar.
Auch bei Ansteckungsverdächtigen gilt ein Entschädigungsanspruch (§ 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG)! Auch freie Mitarbeiter*innen können aufatmen, da von „Verdienstausfall“ statt beispielsweise „Verlust der Arbeitnehmerleistung“ die Rede ist.
Grundsätzlich tragen Sie als Arbeitgeber*in das Wirtschaftsrisiko. Wenn etwa eine Lieferung aus z. B. China ausbleibt und dann nichts produziert werden kann, müssen Sie Ihren Beschäftigten weiterhin Arbeitsentgelt zahlen. Besonders Produktionsbetriebe, in denen die Arbeit nicht im Homeoffice getätigt werden kann, werden davon hart getroffen. Die gute Nachricht: In solchen Fällen ist der Ausgleich über Kurzarbeitergeld grundsätzlich möglich.
Die Bundesregierung hat schnell reagiert und angeordnet, dass bei Arbeitsausfällen, die auf das Coronavirus zurückzuführen sind, ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht. Arbeitgeber*innen melden sich dafür bei der zuständigen Agentur für Arbeit, die prüft, ob die Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind.
Arbeitgeber*innen müssen bei Betriebsstörung den Lohn weiterzahlen – auch wenn sie selbst die Betriebsstörung oder -schließung nicht verschuldet haben. Sie tragen das Betriebsrisiko infolge behördlicher Maßnahmen, wenn das Risiko der behördlichen Maßnahmen im Betrieb durch dessen besondere Eigenschaften bereits angelegt gewesen war, wie etwa bei Fluglinien, die in der Vergangenheit aufgrund einer Aschewolke nach einem Vulkanausbruch nicht fliegen dürfen.
Allgemeine Gefahrenlagen wie etwa Kriege gehören ausdrücklich nicht in diese Kategorie, da sie die Funktionsfähigkeit des Betriebs als solche nicht beeinträchtigen. Das gilt auch für Epidemien. Also können Arbeitgeber*innen die Entschädigungsansprüche nach § 56 IfSG nutzen.
Bald sind Kindergärten und Schulen bundesweit geschlossen. Eine Notfallbetreuung ihrer Kinder können allerdings nur Eltern in Anspruch nehmen, deren Berufe systemrelevant sind und die keine Alternativbetreuung ihrer Kinder organisieren können. Als systemrelevant gelten beispielsweise Jobs in der Energiebranche, in der Gesundheit, der medialen Krisenkommunikation, in Transport und Verkehr, Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz, sprich in allem, was wir zum nackten Überleben brauchen. Wie die Regelung in Ihrem Bundesland aussieht, erfahren Sie beim entsprechenden Bildungsministerium im Onlineangebot.
Übrigens: Die Kinder zu den Großeltern zu schicken, mag auf den ersten Blick eine gute Lösung sein – da ältere Menschen aber zur Risikogruppe von Covid-19 gehören, wird davon dringend abgeraten. Stattdessen sollen sich Familie, Freund*innen und Nachbar*innen zur Kinderbetreuung verabreden, ohne dabei zu große Gruppen zu bilden.
Doch was, wenn alle diese Möglichkeiten nicht bestehen und Ihr*e Arbeitgeber*in verlangt, dass Sie trotzdem weiter zur Arbeit kommen? Dann sollten Sie schleunigst das Gespräch suchen und eine Homeoffice-Regelung finden. Ist das nicht möglich, können Sie sich auf § 616 BGB berufen. Demnach haben Sie Anspruch auf eine bezahlte Freistellung, für die Sie keinen Urlaub einreichen müssen. Dieser Anspruch gilt leider nur für wenige Tage. Einige Arbeits- und Tarifverträge schließen ihn sogar per Klausel aus. Andere Möglichkeiten, die Sie Arbeitgeber*innen anbieten können, wären etwa bezahlter oder auch unbezahlter Urlaub oder der Abbau von Überstunden. Hier sind Arbeitgeber*innen dringend aufgefordert, ihren Mitarbeiter*innen entgegenzukommen.
Sie haben Husten und Halsschmerzen und müssen viel niesen? Selbst wenn Sie sich dadurch nur leicht beschwert fühlen, könnten Sie sich mit Covid-19 angesteckt haben. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen:
Eine positive Antwort genügt! Das Robert Koch Institut empfiehlt Ihnen, sich testen zu lassen. Isolieren Sie sich schon vor dem Testergebnis, indem Sie zu Hause bleiben, enge Kontakte meiden, sich gründlich die Hände waschen und bei Kontakt z. B. einen Mundschutz tragen, der auch die Nase abdeckt. Aktuelle Informationen zu Hygiene und Notfallversorgung erhalten Sie auf der Seite des Robert Koch Instituts.
Desinfektionsmittel und Klopapier, Nudeln und Konserven, Baby- und Tiernahrung: Überall in Deutschland werden diese Dinge in den Läden knapp. Das Hamstern ist eine normale menschliche Reaktion auf eine Krise – aber eben auch eine gefährliche. Menschen, die sich nicht leisten können, im Dutzend zu kaufen, stehen in den letzten Wochen und Tagen oft vor wortwörtlich leeren Regalen. In der Putzkammer zu Hause stapelt sich derweil mehr Klopapier, als man aufbrauchen kann. Kaufen Sie ein, so normal es geht. Die Supermärkte werden nach derzeitiger Beobachtung offenbleiben.
Noch viel bedrohlicher ist die Knappheit von Desinfektionsmitteln und Schutzmasken. Die sollten eigentlich die Menschen schützen, die immunkompromittiert sind, deren Immunsystem also bereits durch Vorerkrankungen oder hohes Alter geschwächt ist. Für sie und die Menschen, die sie behandeln und besuchen, ist der Zugang zu Desinfektionsmitteln absolut überlebensnotwendig. Viele Krankenhäuser und Altenheime verbieten zum Schutz ihrer Patient*innen und Bewohner*innen bereits den Besuch von Angehörigen.
Wie viele Opfer das Coronavirus noch fordern wird, ist derzeit schwer abzusehen. Dass je nach Stadt und Bundesland unterschiedliche Regelungen und Empfehlungen zum Umgang mit Covid-19 herausgegeben werden, macht einen Überblick oft schwierig. Schon jetzt ist klar, dass diese Krise nicht ohne Spuren an uns vorbeiziehen wird – und in der Gesellschaft und Wirtschaft noch lange nachhallen wird.
Umso wichtiger ist es jetzt, ruhig und vernünftig zu bleiben. Lassen Sie sich nicht in Panik versetzen, doch nehmen Sie Corona auch nicht auf die leichte Schulter. Am besten schützen Sie sich und Ihre Mitmenschen, indem Sie sich an die Hygieneregeln halten und soziale Kontakte möglichst beschränken. Arbeitgeber*innen haben jetzt die Gelegenheit, Homeoffice einer wichtigen Probe zu unterziehen und für die Zukunft zu lernen. Durch Homeoffice sind weniger Menschen auf dem Weg ins Büro und im ständigen physischen Kontakt – so werden übrigens auch Menschen geschützt, die eben nicht ins Homeoffice können, wie das in vielen systemkritischen Jobs der Fall ist.
Wir halten Sie auf dem Laufenden. Gemeinsam schaffen wir das!
Bild: monicore (Pexels, Pexels Lizenz)