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Schmerzexpertinnen wider Willen: Migräne ist Frauensache

06.01.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Techniker Krankenkasse.

Migräne ist überwiegend Frauensache: Fast neun Millionen Menschen in Deutschland leiden an Migräne. 70 Prozent, also rund 6,3 Millionen, sind Frauen. Zeitweilige Kopfschmerzen kennen sogar 54 Millionen Frauen, Männer - und auch immer mehr Kinder - in Deutschland. Der aktuelle Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) zeigt, dass die Zahl der Frauen, die im Jahr 2010 Migränemedikamente (Triptane) verschrieben bekommen haben, in einzelnen Altersgruppen sogar sechsmal höher ist als die Zahl der Männer. Bundesweit bekamen im Schnitt 28 von 1.000 Frauen im Alter von 45 bis 49 Jahren Triptane verordnet - aber nur fünf von 1.000 Männern. Die Angaben beziehen sich auf TK-versicherte Erwerbspersonen.

Woran liegt es, dass Frauen häufiger betroffen sind als Männer? Wissenschaftler vermuten zwei Gründe: Viele Formen der Migräne sind hormonabhängig. Zugleich verarbeitet das weibliche Gehirn Schmerz anders als das männliche. Kopfschmerzen plagen Frauen besonders in der Zeit zwischen der Pubertät und den Wechseljahren. Das zeigt auch der TK-Gesundheitsreport. Die TK-Gesundheitsexpertin Gudrun Ahlers erklärt: "In der Pubertät steigt der Anteil der jungen Frauen mit Migräne stark an. 13 von 1.000 Mädchen und jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren bekamen Triptane, aber nur drei von 1.000 männlichen Jugendlichen in dieser Altersgruppe." Zugleich zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass im Gehirn von Frauen und Männern die Wahrnehmung und Verarbeitung von Schmerzen unterschiedlich funktioniert.

Frauen empfinden Schmerzen anders als Männer

Der Kieler Schmerzforscher Professor Dr. Hartmut Göbel: "Das weibliche Gehirn färbt Schmerzen mit mehr Gefühl. Bei Frauen wird das Zentrum im Gehirn stärker angesprochen, das für die gefühlsmäßige Tönung von Schmerzen verantwortlich ist. Das männliche Gehirn zeigt bei Schmerzreizen eine stärkere Aktivität in den kognitiven und analytischen Bereichen der Wahrnehmung." Und das zeige sich sogar im Arzt-Patienten-Gespräch, erklärt der Neurologe und Psychologe Göbel: "Männer schildern die Symptome, während Frauen ihr Verhalten beschreiben."

Nicht nur das Gehirn, auch die Hormone können die Schmerzwahrnehmung und die Schmerzverarbeitung beeinflussen. Testosteron scheint die Schmerzempfindlichkeit zu reduzieren, dagegen scheinen Östrogene die Schmerzempfindlichkeit ansteigen zu lassen. Die Gesundheitsdaten der TK bestätigen dies: Nach den Wechseljahren geht die Verschreibung von Migränemedikamenten bei Frauen zurück, bei Männern bleibt sie auf niedrigerem Niveau gleich.

Um die Versorgung von Kopfschmerz- und Migränepatienten zu verbessern, haben die TK und die Schmerzklinik Kiel 2007 das erste bundesweite koordinierte Kopfschmerzbehandlungsnetz ins Leben gerufen. Seitdem sind fast 6.000 Menschen mit schweren chronischen Kopfschmerzen nach dem ganzheitlichen Kieler Konzept behandelt worden. Es besteht aus drei Phasen: Die Schmerzerkrankung wird durch einen Schmerztherapeuten diagnostiziert und in Schweregrade eingestuft. In schweren Fällen erfolgt eine vollstationäre neurologisch-verhaltensmedizinische Behandlung in der Schmerzklinik. Und die Patienten werden ein ganzes Jahr lang weiter begleitet, damit der Verlauf der Erkrankung und der Erfolg der Behandlung weiter kontrolliert werden können.

TK setzt auf neuartige vernetzte Versorgung bei Migräne

"Für die Betroffenen ist dieses Versorgungskonzept ein Meilenstein - viele erleben zum ersten Mal seit vielen Jahren ein Leben ohne Kopfschmerzen", sagt der Direktor der Schmerzklinik Kiel Göbel. Das Konzept wurde von der Schmerzklinik Kiel und der TK gemeinsam entwickelt. "Es ermöglicht erstmals eine bundesweite sektorenübergreifende Vernetzung der ambulanten und stationären Kopfschmerztherapie", erklärt Dr. Johann Brunkhorst, Leiter der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein. Bundesweit arbeiten mehr als 400 regionale Schmerztherapeuten sowie stationär tätige Schmerztherapeuten der Schmerzklinik Kiel eng zusammen.

Quelle: TK

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