10.10.2022 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Robert Half Deutschland GmbH & Co. KG.
In privaten oder familiengeführten Unternehmen gelangen Inhaber, häufig der Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzende, an einen Punkt, an dem man sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen möchte. Es bestehen die Optionen, Präsident des Unternehmens zu werden oder in den Aufsichtsrat zu wechseln und die Führungsaufgaben bis zum Eintritt in den Ruhestand sukzessive abzutreten. Eine Position als Non-Executive bietet die Möglichkeit, sich weiterhin an der Unternehmensführung und Entscheidungsfindung zu beteiligen, öffnet aber auch die Tür für neue Führungskräfte, die sich entwickeln können.
Dieser Wechsel kann jedoch für jemanden schwierig sein, der sein Unternehmen vom ersten Tag an mit Leib und Seele aufgebaut und geführt hat, weiß, wie es funktioniert und bis ins kleinste Detail kennt. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn die Übergabe der Verantwortung an jemand anderen schwerfällt. Die Gestaltung dieses Übergangs ist daher von zentraler Bedeutung, sowohl für den aktuellen Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzenden als auch für die Nachfolge und nicht zuletzt den Aufsichtsrat, damit das Unternehmen auch weiterhin florieren kann.
Zunächst müssen sich jedoch Aufsichtsrat und der scheidende Vorstandsvorsitzende oder Geschäftsführer einer wichtigen Entscheidung stellen: jemanden aus dem Unternehmen ernennen oder extern nach einer Nachfolge suchen. Dabei gibt es allerdings weit mehr zu bedenken: Bei der Suche nach einer geeigneten Nachfolge muss der Aufsichtsrat auch seinen langfristigen Ansatz zur Gewinnung und Bindung von Talenten evaluieren – die wohl wichtigste Herausforderung, mit der er in diesem Prozess konfrontiert ist.
Ein neuer Vorstandsvorsitzender von außerhalb kann für ein Unternehmen erfrischend sein und eine Fülle neuer Impulse und Ideen bringen, aber auch unmittelbare Erfahrung und Zeit, die mit den Anforderungen an die Rolle in einem anderen Unternehmen zugebracht wurde. Dies gibt Vertrauen, mitunter auch mutige Entscheidungen zu treffen, die vereinbarte Strategie umzusetzen und die Rolle nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Doch zwei starke Charaktere haben stets das Potenzial aufeinanderzuprallen. Wenn ein Unternehmen eine langjährige Führungsfigur durch eine von außerhalb des Unternehmens ersetzen möchte, braucht diese Person emotionale Intelligenz, Empathie und ein starkes Rückgrat. Diese Eigenschaften helfen zu verstehen, was der scheidende Vorstandschef durchlebt, Mitverantwortung für einen effektiven Übergang zu übernehmen, aber auch die eigene Position zu wahren.
Hier könnte beispielsweise eine einjährige Übergangsphase ein adäquates Mittel zur Zusammenarbeit sein, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Wertvolles Wissen wird ausgetauscht und eine Beziehung aufgebaut, ehe die Zügel vollständig aus der Hand gegeben werden. Dieser Ansatz ist pragmatisch und nachhaltig zu gleich, wird jedoch häufig nicht in Betracht gezogen. Die Folge, Eigentümer und Aufsichtsräte durchlaufen mehrere Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzende, ehe sie realisieren, dass ein Problem besteht. Ein weiteres Hilfsmittel kann ein begleitendes Coaching sein, dass beide Seiten auf den Übergang und das Loslassen vorbereitet.
Eine Nachbesetzung von innen heraus hat den Vorteil: Die Person weiß, wie das Unternehmen funktioniert, hat bereits Erfahrung auf höherer Führungsebene sammeln können und kennt den scheidenden Vorstandsvorsitzenden oder Geschäftsführer. Vertriebsleiter und kaufmännische Leiter bringen oft die nötige Erfahrung mit, um einen erfolgreichen Wechsel in den Vorstand zu vollziehen; und auch Finanzvorstände und Länderchefs oder Niederlassungsleiter sind gut gerüstet für diesen Schritt. Ihnen allen könnte jedoch der Ideenreichtum und auch Erfahrung in anderen Unternehmen fehlen, die externe Kandidaten mitbringen.
Eine interne Beförderung eignet sich in der Regel für einen Unternehmensinhaber, der bereit ist, in den Ruhestand zu gehen, und die Leitung des Unternehmens schneller an jemanden übertragen möchte. Dabei gilt es, die bisherige hierarchische Beziehung zu überwinden – was zu Problemen führen kann, wenn der Eigentümer nicht bereit ist loszulassen. Wenn der neue Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzende jedoch für diese Aufgabe ausgebildet wurde, hat er den Vorteil, dass er bereits langfristig Vertrauen aufbauen kann, bevor er die Unternehmensführung übernimmt. Doch auch bei diesem Modell spielen Empathie und emotionale Intelligenz eine entscheidende Rolle.
Manchen Eigentümern fällt es schwer, in den internen Nachfolgeprozess zu investieren. Dieser muss jedoch sorgfältig konzipiert und vorbereitet sein, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Führungskräfte sollten daher neben einem MBA-Programm auch ein internes Programm zur Entwicklung von Führungsqualitäten durchlaufen, um einen allumfassenden Einblick in das Unternehmen zu erhalten. Dies kann in Form einer Rotation durch verschiedene Abteilungen erfolgen, aber auch Regionen, wenn das Unternehmen geografisch breit aufgestellt ist. Gewiss ist dies eine große Investition, die sich aber langfristig für ein Unternehmen auszahlt.
In beiden Fällen werden Eigentümer oder Vorstandsvorsitzender und Aufsichtsrat darüber nachdenken müssen, wie viel sie bereit sind, in den Prozess zu investieren und was passieren könnte, wenn sie es nicht machen. Häufig wird dabei auf schmerzhafte Weise deutlich, warum zu viel Kontrolle in den Händen einer Person den Fortschritt bremsen kann. Aber schwierige Umstände zeigen auch potenzielle Lösungen auf: Ein Übergang mit begleitendem Coaching, einem unterstützenden Aufsichtsrat und einem empathischen externen Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzenden helfen, Fehlbesetzungen zu vermeiden; ein strukturierter Ansatz für die Entwicklung von Führungskräften sorgt zudem für einen internen Nachfolgeplan und zahlt sich langfristig aus.
In beiden Fällen sind für einen reibungslosen Übergang klare Absichten, Investitionen und die Zusammenarbeit aller Beteiligen erforderlich – sowohl seitens des Aufsichtsrats als auch des Vorstands – zum langfristigen und nachhaltigen Wohle des Unternehmens und Mitarbeitenden.
Bild: Andrea Piacquadio (Pexels, Pexels Lizenz)
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