15.01.2015 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Warth & Klein Grant Thornton AG.
Mit dem Gesetzentwurf soll die am 19. Juli 2013 in Kraft getretene EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU, die die 4. und 7. EU-Richtlinie (78/660/EWG und 83/349/EWG) ersetzt, in deutsches Recht umgesetzt werden. Hierzu sollen die Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) und weitere rechnungslegungsbezogene Einzelgesetze und Verordnungen (etwa PublG, AktG, GmbHG, VAG, KAG, diverse Formblatt-, Rechnungslegungs- und Prüfungsberichtsverordnungen) an die Vorgaben dieser EU-Bilanzrichtlinie angepasst werden. Zusätzlich enthält der Gesetzentwurf redaktionelle Klarstellungen zu mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) bzw. dem Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG) eingeführten Vorschriften.
Der Regierungsentwurf basiert auf dem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 28. Juli 2014 (nähere Informationen zum Referentenentwurf finden Sie hier). Auf Basis der zu dem Referentenentwurf eingegangenen Stellungnahmen wurden im Regierungsentwurf zahlreiche auch materielle Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf vorgenommen, wie:
Für die meisten der durch das BilRUG geänderten Vorschriften sieht der Regierungsentwurf vor, dass diese erstmals verpflichtend auf Abschlüsse und Lageberichte für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen, also bei kalendergleichem Geschäftsjahr zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2016. Eine vorzeitige freiwillige Anwendung der geänderten Vorschriften ist zulässig, allerdings nur noch für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen, und dann auch nur insgesamt (also kein "Cherry-Picking"). Die Vorschriften der §§ 341q bis 341y HGB-E zum (Konzern-)Zahlungsbericht im Rohstoffsektor sollen - wie bereits im Referentenentwurf vorgesehen - erstmals für Geschäftsjahre anzuwenden sein, die nach Inkrafttreten des BilRUG beginnen.
Unverändert zum Referentenentwurf sieht der Regierungsentwurf vor, dass die Schwellenwerte des § 267 HGB zur Einordnung kleiner, mittelgroßer und großer Gesellschaften in den Merkmalen "Bilanzsumme" und "Umsatzerlöse" wie folgt angehoben werden (die Schwellenwerte in Bezug auf die Arbeitnehmeranzahl bleiben unverändert):
Klein | Mittelgroß | Groß | |
---|---|---|---|
Bilanzsumme | <6,0 Millionen Euro (bislang 4,84 Millionen Euro) | <20,0 Millionen Euro (bislang 19,25 Millionen Euro) | >20,0 Millionen Euro (bislang 19,25 Millionen Euro) |
Umsatzerlöse | <12,0 Millionen Euro (bislang 9,68 Millionen Euro) | <40,0 Millionen Euro (bislang 38,5 Milionen Euro) | >40,0 Millionen Euro (bislang 38,5 Millionen Euro) |
Die Schwellenwerte des § 293 HGB zur größenabhängigen Erleichterung von der Pflicht zur Konzernrechnungslegung sollen wie folgt angehoben werden:
Bruttomethode | Nettomethode | |
---|---|---|
Bilanzsumme | < 24,0 Millionen Euro (bislang 23,1 Millionen Euro) | < 20,0 Millionen Euro (bislang 19,25 Millionen Euro) |
Umsatzerlöse | < 48,0 Millionen Euro (bislang 46,2 Millionen Euro) | < 40,0 Millionen Euro (bislang 38,5 Millionen Euro) |
Auf die noch im Referentenentwurf vorgesehene Korrektur der für die Größenklassenbestimmung relevanten Bilanzsumme um die aktiven latenten Steuern wird im Regierungsentwurf verzichtet, so dass sich diesbezüglich keine Änderung gegenüber der aktuellen Rechtslage ergibt.
Gestützt auf die EU-Bilanzrichtlinie sieht der Regierungsentwurf eine Änderung der in § 277 Absatz 1 HGB enthaltenen Definition der Umsatzerlöse vor, wobei die Definition gegenüber dem Referentenentwurf nochmals im Wortlaut geändert wurde:
Die in der derzeitigen Definition enthaltenen Merkmale "gewöhnliche Geschäftstätigkeit" und "typisch" sollen gestrichen werden. Dies kann zu einer teilweise erheblichen Ausweitung der Umsatzerlöse führen, was somit auch erhebliche Relevanz hinsichtlich der Größenklassenbestimmung für das Kriterium "(konsolidierte) Umsatzerlöse" hätte.
Anders als der Referentenentwurf enthält der Regierungsentwurf ein Wahlrecht, wonach die durch das BilRUG geänderten Vorschriften der §§ 267, 267a, 277 Absatz 1 und 293 HGB vorzeitig auf Abschlüsse und Lageberichte für das nach dem 31. Dezember 2013 beginnende Geschäftsjahr, das heißt bei kalendergleichem Geschäftsjahr für den Bilanzstichtag 31. Dezember 2014, angewendet werden können. Voraussetzung für die vorzeitige Anwendung ist aber, dass diese Vorschriften insgesamt vorzeitig angewendet werden. Etwaige Aufstellungs-, Prüfungs- und Offenlegungserleichterungen infolge der Anhebung der Schwellenwerte können somit nur genutzt werden, wenn im betroffenen Jahres- und Konzernabschluss gleichzeitig die geänderte Definition der Umsatzerlöse berücksichtigt wird.
Wird von dem Wahlrecht zur vorzeitigen Anwendung der angehobenen Schwellenwerte und der geänderten Umsatzerlösdefinition kein Gebrauch gemacht, sind die geänderten Vorschriften – bei Verabschiedung des BilRUG im Jahr 2015 – erstmals pflichtmäßig auf Abschlüsse und Lageberichte für das nach dem 31. Dezember 2015 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden.
Nach der Begründung des Regierungsentwurfs wurde die Übergangsregelung zur Anhebung der Schwellenwerte und zur geänderten Umsatzerlösdefinition als Unternehmenswahlrechts ausgestaltet, da mit der Umstellung auf die neue Definition der Umsatzerlöse technische Anpassungen der internen Rechnungslegung erforderlich werden, die aufwändig sein können. Eine Pflicht zur vorzeitigen Anwendung der geänderten Umsatzerlösdefinition würde für zahlreiche Unternehmen daher mit erheblichen Härten verbunden sein und soll daher nach dem Willen des Gesetzgebers nicht eingeführt werden.
Zu beachten ist aber, dass das Wahlrecht zur vorzeitigen Anwendung der angehobenen Schwellenwerte und der geänderten Umsatzerlösdefinition erst dann in Anspruch genommen werden kann, wenn das BilRUG im Aufstellungszeitpunkt bereits verabschiedet und in Kraft getreten ist.
Wird der Abschluss, beispielsweise zur Einhaltung der gesetzlichen Aufstellungsfristen oder konzerninterner Reportingvorgaben, vor Inkrafttreten des BilRUG unter Zugrundelegung der bisherigen Schwellenwerte und der bisherigen Umsatzerlösdefinition aufgestellt und geprüft, soll aber erst nach Inkrafttreten des BilRUG offen gelegt werden, wird die Anwendung der angehobenen Schwellenwerte alleine für Offenlegungszwecke nicht in Betracht kommen. Hierfür müsste nach dem Wortlaut der Übergangsregelung in dem offenzulegenden Abschluss auch die geänderte Umsatzerlösdefinition beachtet worden sein, was aber im Zeitpunkt der Aufstellung bzw. Prüfung wegen des zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgten Inkrafttretens des BilRUG unzulässig war. Bleibt es bei der im Gesetzentwurf vorgesehenen Übergangsregelung, dürfte die Zugrundelegung der angehobenen Schwellenwerte allein für Offenlegungszwecke lediglich in den Fällen denkbar sein, in denen die geänderte Umsatzerlösdefinition im konkreten Einzelfall keine praktischen Auswirkungen hat.
Abzuwarten bleibt, ob es im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch zu einer Änderung der Übergangsregelung kommen wird, um die angestrebten Entlastungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt an die Unternehmen weiter zu geben. Der konkrete zeitliche Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens und damit der mögliche Zeitpunkt des Inkrafttretens des BilRUG sind derzeit offen. Über die weiteren Entwicklungen werden wie zeitnah berichten.