16.03.2021 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Mit Urteil vom 23.02.21, Aktenzeichen B 12 R 21/18 R, hat das Bundessozialgericht, nachdem sich diverse Finanz- und Sozialgerichte und auch der Bundesfinanzhof mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben, klargestellt, dass „neue“ Gehaltsbestandteile, die anstelle des bisherigen Bruttoarbeitslohns erzielt werden, sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen und entsprechend der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen sind. Damit bestätigte das Bundessozialgericht die vorinstanzlichen Urteile des Sozialgerichtes München vom 03.06.14, S 56 R 1478/12 und des Landessozialgerichtes München vom 14.09.17, L 14 R 586/14, wonach ein arbeitsvertraglich wirksam vereinbarter Lohnverzicht bei im Gegenzug gewährten lohnsteuerfreien oder pauschal besteuerten Leistungen keine Lohnverwendungsabrede darstellt, sondern eine beitragsrechtlich zu beachtende Entgeltumwandlung darstellt.
Damit vertritt das Bundessozialgericht eine gänzlich andere Rechtsauffassung als der Bundesfinanzhof. Mit Urteil vom 01.08.2019, VI R 32/18, vertritt der Bundesfinanzhof die Auffassung, dass in derartigen Fällen keine steuerschädliche Gehaltsumwandlung vorliegt. Der Bundesfinanzhof spricht vielmehr von einem steuerlich zulässigen Lohnformenwechsel. Das Bundesfinanzministerium ist dieser Rechtsauffassung bereits mit einem Nichtanwendungserlass (vgl. BMF-Schreiben vom 05.02.20 entgegengetreten. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch eine Gesetzesänderung zum 01.01.20 in § 8 Absatz 4 EStG klargestellt, dass eine Leistung des Arbeitgebers nur dass zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird, wenn diese nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet, der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt, die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.
Im hier streitigen Sachverhalt hatten Arbeitnehmer im Rahmen eines Lohnverzichts zunächst auf steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn verzichtet. In unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang hat der Arbeitgeber gleichwertige, aber steuerlich begünstigte (pauschalierungsfähige bzw. steuerfreie) Leistungen zugesagt, z. B. Gutscheine, Internetpauschalen, Essensmarken, Fahrtkostenzuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, Kindergartenzuschüsse und Mietzahlungen für die Anbringung von Werbeaufklebern des Arbeitgebers an den Fahrzeugen der Arbeitnehmer.
Nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ist Voraussetzung für die Steuerfreiheit bzw. die Lohnsteuerpauschalierung, dass diese Leistungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn und nicht im Rahmen einer (steuerschädlichen!) Gehaltsumwandlung gewährt werden.
Bei den ersatzweise gewährten Leistungen des Arbeitgebers handelt es sich grundsätzlich um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, welche nur dann nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, wenn eine Ausnahme der Sozialversicherungsentgeltverordnung greift. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die Leistungen nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Das Bundessozialgericht begründet seine Rechtsauffassung damit, dass der ursprüngliche Bruttoarbeitslohn rechnungsmäßig fortgeführt wird, wobei die umgewandelten und damit nicht zusätzlichen Leistungen des Arbeitgebers als neue Gehaltsbestandteile angesehen werden.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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Bild: cottonbro (Pexels, Pexels Lizenz)
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