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Neue Produktsicherheitsverordnung ab Dezember 2024

24.08.2023  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Marktteilnehmer, die Produkte für Verbraucher verkaufen, sollten sich die neue Produkt-Sicherheitsverordnung ansehen, die ab 13. Dezember 2024 gilt. Die Verordnung für Verbraucherprodukte bringt neue Infopflichten mit sich. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker, berichtet.

Es geht um sichere Produkte für Verbraucher, die sicher konzipiert und ggf. nur mit Warnhinweisen zur Risikominimierung in Verkehr gebracht werden dürfen. Produkte sind heute nicht mehr einfach nur Gegenstände, sondern oft nur das letzte verkörperte Teil einer digitalisierten Funktionskette. Es ergeben sich damit neue Risiken, etwa gehackt zu werden, oder durch die Veränderung eines Produktes mittels Update der Firmware. Die General Product Safety Regulation – „GPSR“) oder EU-Produktsicherheitsverordnung will dem Rechnung tragen und leitet in 108 Erwägungsgründen in die komplexe Materie ein.

Wer wird verpflichtet?

Alle Wirtschaftsakteure, die Teil der Liefer- und Vertriebskette sind, sollten geeignete Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass sie nur Produkte auf dem Markt bereitstellen, die sicher und mit dieser Verordnung konform sind. Damit sind Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer, Händler oder jede andere Person, die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten, deren Bereitstellung auf dem Markt oder deren Inbetriebnahme gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften unterliegen, angesprochen. Hersteller ist dabei auch jede Person, die ein Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Handelsmarke in den Verkehr bringt oder ein Produkt auf solche Weise wesentlich verändert, dass sich dies auf die Konformität mit den Anforderungen der Verordnung auswirken könnte. Einmal mehr werden Anbieter von Online-Marktplätzen in die Pflicht genommen, die nach Erwägungsgrund 45 in der Lieferkette und somit auch für das Produktsicherheitssystem eine entscheidende Rolle spielen.

Dabei kann ein Akteur aus mehreren Gesichtspunkten Pflichten haben, wie das Beispiel in Erwägungsgrund 46 zeigt.

„Vertreibt beispielsweise der Anbieter des Online-Marktplatzes auch ein Produkt, so wird er in Bezug auf den Verkauf des vertriebenen Produkts als Händler betrachtet. Ebenso würde das betreffende Unternehmen, wenn es seine eigenen Markenprodukte verkauft, als Hersteller auftreten und müsste somit die für Hersteller geltenden Anforderungen erfüllen. Einige Unternehmen können auch als Fulfilment-Dienstleister gelten, wenn sie Fulfilment-Dienstleistungen anbieten. Die betreffenden Fälle müssten somit im Einzelfall bewertet werden.“

Informationspflichten und verschärfter Produktrückruf

Zum Zweck der Erleichterung von Überprüfungen in der gesamten Lieferkette und zur Information der Verbraucher, sind die oben aufgeführten Wirtschaftsakteure und Online-Marktplätze verpflichtet, Produkte nur mit bestimmten Informationen in den Verkehr zu bringen. Die Produkte sollten daher Angaben aufweisen, die eine Identifizierung des Produkts selbst sowie die Ermittlung des Herstellers und gegebenenfalls des Einführers und weiterer relevanter Wirtschaftsakteure ermöglichen.

Dazu gehören:

  • Herstellerkennzeichnung mit Angabe des Namens, des eingetragenen Handelsnamens oder der eingetragenen Handelsmarke sowie die Postanschrift und der E-Mail-Adresse und ggf. der verantwortlichen Person in der EU (Bevollmächtigter) mit diesen Daten
  • Identifikationskennzeichnung Abbildung des Produkts (Fotografie, Illustration oder sonstiges piktografisches Element) seiner Art und sonstige Produktidentifikatoren
  • Informationen zur Sicherheit Eindeutige und gut sichtbare Warnhinweise und Informationen zur Sicherheit

Die Online-Marktplätze werden noch weitergehend in die Pflicht genommen.

Die Vorgaben für Produktrückrufe werden verschärft. Es wird bald ein Produktrückrufformblatt geben, welches die EU-Kommission entwirft. Damit gehören gesoftete Rückrufe der Vergangenheit an. Art. 36 verlangt „eine klare Beschreibung der mit dem zurückgerufenen Produkt verbundenen Gefahr, wobei Elemente zu vermeiden sind, die die Risikowahrnehmung der Verbraucher beeinträchtigen können, wie etwa die Verwendung von Begriffen und Formulierungen wie „freiwillig“, „vorsorglich“, „im Ermessen“, „in seltenen Situationen“ oder „in spezifischen Situationen“ oder Hinweise, dass keine Unfälle gemeldet wurden“.

Neu ist auch, dass jetzt Abhilfemaßnahmen (Reparatur, Ersatz, Geldersatz) genau reguliert werden.

Compliance Prozesse

Besonders zeitaufwändig und damit früh zu starten sind die neuen nach Art. 14 vorgesehenen Compliance Prozesse als „Interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit“. Danach stellen die Wirtschaftsakteure sicher, dass sie über interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit verfügen, die es ihnen ermöglichen, die einschlägigen Anforderungen dieser Verordnung zu erfüllen. Dabei wird auch die Cybersicherheit jeweils zu bewerten sein.

Verkaufskanäle sind alle erfasst

Die Verordnung kennt keine Beschränkungen für bestimmte Verkaufskanäle. Der Fernabsatz auch mit den Online-Verkäufen wird ausdrücklich genannt (Erwägungsgrund 20). Dabei setzen Pflichten schon beim erstmaligen Inverkehrbringen ein. Dieser Zeitpunkt wird vorverlagert. Er startet, wenn ein Produkt online oder im Fernabsatz an Verbraucher in der Union angeboten wird (Art. 4 Fernabsatz).

Welche Produkte werden erfasst?

Grundsätzlich werden alle Produkte erfasst, die für Verbraucher bestimmt sind. Die Verordnung gilt aber auch für solche Produkte, die „unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen wahrscheinlich von Verbrauchern benutzt“ werden, Art. 3 Nr. 1 EU Produktsicherheitsverordnung.
Zudem versteht sich die Verordnung als Lückenfüller auch für spezifisch geregelte Produkte.

Ausgenommen sind Produkte, für die es eigene Rechtsrahmen auch zur Sicherheit gibt, wie z. B. Arzneimittel, Lebens- und Futtermittelprodukte, lebende Pflanzen, tierische Nebenprodukte sind Materialien tierischen Ursprungs, die vom Menschen nicht verzehrt werden, Pflanzenschutzmittel und Luftfahrzeuge. Da auch gebrauchte Produkte umfasst werden, bedurfte es noch einer weiteren Ausnahme für solche Produkte, von denen Verbraucher vernünftigerweise nicht erwarten können, dass sie aktuelle Sicherheitsnormen erfüllen, beispielsweise Produkte, die ausdrücklich als Produkte mit Reparatur- oder Wiederaufarbeitungsbedarf dargestellt oder als Sammlerstücke von historischer Bedeutung auf dem Markt bereitgestellt werden.

Fazit

Unternehmen sollten sich jetzt frühzeitig mit den neuen Anforderungen befassen, die relevanten Regelungen für ihr Geschäftsmodell ermitteln, eine GAP-Analyse durchführen und die neuen Compliance-Prozesse etablieren.

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