17.10.2022 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Mercer Deutschland GmbH.
Deutschland belegt in diesem Jahr in der Gesamtbewertung des Mercer CFA Institute Global Pension Index 2022 (MCGPI) Rang 17 (unverändert 67.9 von maximal 100 Punkten). Das isländische Altersversorgungssystem führt die Liste erneut an, während die Niederlande und Dänemark den zweiten bzw. dritten Platz belegen. Da sich immer mehr Arbeitgeber von leistungsorientierten Plänen verabschieden, werden in der Studie auch die Herausforderungen und Chancen untersucht, die sich aus der weltweiten Verlagerung hin zu Defined Contribution-Plänen bzw. zu den in Deutschland weit verbreiteten beitragsorientierten Plänen ergeben, bei denen der Einzelne tendenziell mehr finanzielle Verantwortung trägt.
Der MCGPI ist eine umfassende Studie zu 44 globalen Rentensystemen, die 65 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren. Die Studie vergleicht die Altersversorgungssysteme in aller Welt, zeigt einige Verbesserungspotenziale in jedem System auf und unterbreitet mögliche Reformvorschläge, die zu einer angemesseneren und nachhaltigeren Altersversorgung führen können.
Dr. David Knox, Senior Partner bei Mercer und Hauptautor der Studie, betont die Bedeutung solider Ruhestandsregelungen angesichts der wachsenden ökonomischen und geopolitischen Risiken. „Auch wenn die notwendigen Reformen Zeit und sorgfältige Überlegungen erfordern, müssen die politischen Entscheidungsträger alles in ihrer Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass die Altersversorgungssysteme unterstützt, entwickelt und gut reguliert werden", so Dr. Knox.
In der Gesamtbewertung liegt Deutschland wie im vergangenen Jahr bei 67.9 Punkten. Beim Sub-Index Angemessenheit erreicht Deutschland 80.5 Punkte und beim Faktor Integrität sehr gute 80.9 Punkte, beim Faktor Nachhaltigkeit allerdings nur 44.3 Punkte. „Der MCGPI zeigt erneut, dass das Altersversorgungssystem in Deutschland insgesamt positiv bewertet wird und unser Rentensystem in den Bereichen Angemessenheit und Integrität weiterhin stabil ist. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit besteht bei uns in Deutschland nach wie vor Nachholbedarf. Die − zumindest partielle − Ausfinanzierung unserer gesetzlichen Rente und vor allem unserer betrieblichen Systeme würde dies erheblich verbessern“, erklärt Norman Dreger, CEO bei Mercer Deutschland. „Außerdem sollte die Beteiligung an der betrieblichen Altersversorgung erhöht werden, denn nur so kann gewährleistet werden, dass das System auch in Zukunft stabil finanzierbar und somit nachhaltig bleibt“, so Dreger.
„Seit der Einführung des Mercer CFA Institute Global Pension Index stehen die Kapitalanlage und die Rentensysteme insgesamt vor außergewöhnlichen Herausforderungen. Neue Finanzprodukte und Strategien sind erforderlich, um angemessene Renditen für die Begünstigten zu erzielen. Auch in diesem Jahr schneidet das deutsche Rentensystem in der Nachhaltigkeit nur mittelmäßig ab. Hier sind die Entscheidungsträger gefordert, um die Rahmenbedingungen für die staatlich geförderte Altersversorgung zu verbessern und die Abdeckung zu erhöhen. Ein attraktives sowie kostengünstiges Pensionsmodell zusammen mit einer gesteigerten Partizipation hätte deutlich positive Auswirkungen auf das zukünftige Einkommen von Rentner:innen", erläutert Martin Hermann, Pension Expert, CFA Society Germany.
International zeigt sich seit längerem der Trend zu reinen Defined Contribution Plänen, bei denen der Arbeitgeber nur noch die Finanzierungsbeiträge, aber keine daraus resultierende Leistung zusagt. Bei Rentenbeginn erhalten die Rentner:innen meist eine einmalige Kapitalzahlung und tragen damit sämtliche Chancen und Risiken selbst. Mit anderen Worten: Unternehmen verlagern hier die Risiken (z. B. Zins- und Langlebigkeitsrisiken) tendenziell auf die Arbeitnehmenden. Darüber hinaus erwägen viele Regierungen, ihre finanzielle Unterstützung während des Ruhestands zu reduzieren, um die finanzielle Stabilität des Landes auf lange Sicht zu gewährleisten.
Auch in Deutschland gibt es ähnliche Trends. Die klassischen leistungsorientierten Pläne, bei denen der Einzelne bei Eintritt in den Ruhestand üblicherweise eine lebenslange Rente erhält, werden durch beitragsorientierte Zusagen ersetzt. „Das heißt nicht, dass sich die Unternehmen von der Finanzierung der Altersversorgung ihrer Mitarbeitenden verabschieden“, so Dreger. „Aber mit dem Wechsel zu beitragsorientierten Leistungszusagen werden – je nach konkreter Ausgestaltung − zumindest teilweise die Chancen und Risiken auf den Einzelnen übertragen. Dies gilt umso mehr, seit die Gewährung von Garantien (Zins, Kapitalerträge, vollständiger Kapitalerhalt) und lebenslangen Renten rückläufig ist. Auch wenn dies das Risiko für die Mitarbeitenden erhöht, sollte dies differenziert betrachtet werden. Bevor sich einzelne Unternehmen gänzlich aus der Altersversorgung zurückziehen, ist es aus Mitarbeitersicht sinnvoller, gewisse Risiken selbst zu übernehmen. Dies eröffnet den Unternehmen neue Handlungsoptionen und ist gesamtwirtschaftlich positiv zu bewerten.“
Allerdings hat dieser Trend zur Folge, dass sich viele Bürger:innen während ihres Ruhestands nicht mehr allein auf die umfassende Absicherung durch ihren früheren Arbeitgeber und/oder den Staat verlassen können. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Einzelne während der aktiven Beschäftigungszeit finanziell vorsorgt und im Ruhestand die besten finanziellen Entscheidungen trifft, um den Wert seines verfügbaren Rentenvermögens zu maximieren. Fundierte finanzielle Entscheidungen setzen aber nicht nur entsprechende Anlagemöglichkeiten, sondern auch eine gewisses Marktverständnis voraus.
„Daher wird das Thema ‚Financial Education‘ in Zukunft immer wichtiger“, betont Dreger. „So wie die Diversifizierung ein wesentlicher Bestandteil eines jeden Investitionsplans ist, kann der Einzelne auch versuchen, seine Ersparnisse für den Ruhestand auf ein regelmäßiges Einkommen, einen angemessenen Risikoschutz, einen angemessenen Kapitalstock sowie auf verschiedene Quellen einschließlich staatlicher, betrieblicher und privater Renten und individueller Ersparnisse aufzuteilen.“
Island hatte den höchsten Gesamtindexwert (84.7), dicht gefolgt von den Niederlanden (84.6) und Dänemark (82.0). Thailand hatte den niedrigsten Indexwert (41.7).
Der Index basiert auf dem gewichteten Durchschnitt der Teilindizes für Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität. Die Systeme mit den höchsten Werten für jeden Teilindex waren Island für Angemessenheit (85.8) und Nachhaltigkeit (83.8) sowie Finnland für Integrität (93.3). Die Systeme mit den niedrigsten Werten bei den Teilindizes waren Indien für Angemessenheit (37.6), Österreich für Nachhaltigkeit (22.7) und die Philippinen für Integrität (30.0).
Einen Link zum Download des vollständigen Studienberichts sowie der Infografik mit der Gesamtübersicht des Rankings finden Sie hier.
Die hier abgebildete Tabelle ist unvollständig und zeigt jeweils den Stand von 3 Nationen der Noten A,B,C und D.
System | Gesamt-Grade | Gesamt-Score | Angemessenheit | Nachhaltigkeit | Integrität |
---|---|---|---|---|---|
Island | A | 84.7 | 85.8 | 83.8 | 84.4 |
Niederlande | A | 84.6 | 84.9 | 81.9 | 87.8 |
Dänemark | A | 82.0 | 81.4 | 82.5 | 82.1 |
Israel | B+ | 79.8 | 75.7 | 81.9 | 83.2 |
Kanada | B | 70.6 | 70.8 | 64.7 | 78.6 |
Deutschland | B | 67.9 | 80.5 | 44.3 | 80.9 |
USA | C+ | 63.9 | 67.5 | 61.2 | 61.7 |
Frankreich | C+ | 63.2 | 64.8 | 40.9 | 60.1 |
Österreich | C | 55.0 | 69.8 | 22.7 | 76.5 |
Türkei | D | 45.3 | 45.6 | 29.8 | 66.6 |
Indien | D | 44.4 | 37.6 | 40.7 | 60.4 |
Thailand | D | 41.7 | 41.3 | 36.4 | 50.0 |
Der Global Pension Index vergleicht die Altersversorgungssysteme auf der ganzen Welt und zeigt Mängel in den einzelnen Systemen auf. Außerdem werden mögliche Reformen vorgeschlagen, die zu angemesseneren und nachhaltigeren Altersversorgungsleistungen führen können. Der Global Pension Index ist ein gemeinschaftliches Forschungsprojekt, das vom CFA Institute, der weltweiten Vereinigung von Anlageexperten, in Zusammenarbeit mit dem Monash Centre for Financial Studies (MCFS), einem Teil der Monash Business School an der Monash University, und Mercer gefördert wird. In diesem Jahr vergleicht der Global Pension Index 44 Altersversorgungssysteme auf der ganzen Welt und deckt zwei Drittel (65 Prozent) der Weltbevölkerung ab. Der Globale Rentenindex 2022 enthält ein neues Renteneinkommenssystem − Portugal. Der Global Pension Index verwendet den gewichteten Durchschnitt der Teilindizes für Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität, um jedes Rentensystem anhand von mehr als 50 Indikatoren zu messen.
Das CFA Institute ist die weltweite Organisation von Anlageexperten, die den Standard für professionelle Exzellenz und Referenzen setzt. Das CFA Institute setzt sich für ethisches Verhalten auf den Kapitalanlagemärkten ein und ist eine angesehene Autorität in der globalen Finanzwelt. Das Ziel des CFA Institute ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Interessen der Anleger an erster Stelle stehen, die Märkte optimal funktionieren und die Volkswirtschaften wachsen. Weltweit gibt es mehr als 190.000 CFA®-Charterholder in mehr als 160 Märkten. Das CFA Institute hat weltweit neun Niederlassungen und es gibt 160 lokale Gesellschaften. Weitere Informationen finden Sie unter http://www.cfainstitute.org.
Bild: Andrea Piacquadio (Pexels, Pexels Lizenz)