23.06.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: ECOVIS Webservice GmbH.
Theoretisch ja. Die neuen Steuersätze gelten für Waren und Dienstleistungen ab Juli 2020. Der Handel verlangt dann anstatt 19 oder sieben Prozent Mehrwertsteuer nur 16 oder fünf Prozent. Große Einzelhandelsketten haben schon angekündigt, dass sie die Preissenkung an die Kunden weitergeben, obwohl die Lebensmittelpreise aktuell kräftig anziehen. Viele Gastronomen geben zu, dass es aufgrund der Preissteigerungen im Einkauf für sie unmöglich ist, die Preise zu senken.
Wer sich als Verbraucher etwa ein Auto kaufen will, der profitiert vom niedrigeren Mehrwertsteuersatz ab Juli. Gerade bei größeren Investitionen lohnt es sich, den Kauf in die Zeit zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember zu verschieben. Kostet das Auto bisher 30.000 Euro, sind ab Juli nur noch 29.243,69 Euro zu bezahlen – also rund 750 Euro weniger. Die entscheidende Frage dürfte aber sein, ob die Unternehmen die Steuersenkung tatsächlich an die Verbraucher weitergeben und die Preise senken.
Beim Umtausch einer Ware wird die ursprüngliche Lieferung mit 19 Prozent Mehrwertsteuer rückgängig gemacht. An ihre Stelle tritt eine neue Lieferung. Wird ein vor dem 1. Juli gelieferter Gegenstand nach diesem Stichtag umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstandes der Steuersatz von 16 Prozent maßgeblich.
Leider nein, es sind 2,5 Prozent oder bei Lebensmitteln cirka 1,9 Prozent. Das rechnet man so: Alter Preis ist 119 Euro, darin enthalten sind 19 Euro Mehrwertsteuer. Der neue Preis ist ab Juli 116 Euro und der Unterschied sind 3 Euro, was 2,5 Prozent Ersparnis entspricht – analog rechnet sich das bei jetzt sieben und ab Juli fünf Prozent Mehrwertsteuer.
Handelt es sich um Dauerleistungen, zum Beispiel um Leasingverträge, bei denen ein monatlicher Leistungs- oder Zahlungszeitraum vereinbart wurde und somit Teilleistungen vorliegen, sind diese erbrachten Leistungen bis zum 30. Juni mit dem alten Steuersatz von 19 oder sieben Prozent abzurechnen. Und für alle Teilleistungen, die in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 ausgeführt werden, gilt der Steuersatz von 16 oder fünf Prozent. Leasingverträge sind für den Übergangszeitraum der Steuersatzsenkung entsprechend zu ändern.
Abonnements oder Saisonkarten lassen sich nicht in monatliche Teilleistungen splitten. Es handelt sich daher um eine einheitliche Leistung, die erst am Ende der Laufzeit als ausgeführt gilt und für die der dann gültige Steuersatz maßgeblich ist. Für das im Februar bezahlte Fitness-Studio gilt daher: Ende Januar 2021 ist die Leistung erbracht, und dann gilt ja wieder der höhere oder alte Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent.
Sind im Angebot die Einzelposten ausgewiesen – also Nettobetrag plus Umsatzsteuer – wird es für den Kunden billiger. Die Firma muss dann den geringeren Umsatzsteuersatz in Rechnung stellen.
Als Gast bekommen Sie in einem Hotel grundsätzlich nur eine Rechnung. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz würde hierbei auch bei Übernachtungsbeginn vor dem 1. Juli 2020 angewendet, wenn der Aufenthalt nach dem 30. Juni 2020 endet, wie das nachfolgende Beispiel verdeutlicht: Ein Hotelier vermietet ein Doppelzimmer vom 28. Juni 2020 bis zum 3. Juli 2020. Da der Aufenthalt im Juli 2020 endet, greift der ermäßigte Umsatzsteuersatz von fünf Prozent.
Für Unternehmer, die die Umsatzsteuer durchreichen, wird es nicht günstiger. Sie sollten lediglich darauf achten, dass sie selbst ihre Rechnungen mit der richtigen Mehrwertsteuer ausstellen. Und wenn sie eine Rechnung bekommen, dass der richtige Mehrwertsteuersatz drinsteht.
Die Unternehmer müssen jetzt umfassende Änderungen vornehmen. Sie müssen Verträge ändern, die Buchhaltung umstellen und die neue Software für ihre Kassen einspielen. Wenn das nicht fehlerfrei klappen sollte, was zu befürchten ist, dann werden möglicherweise aufgrund der Belegausgabepflicht falsche Belege ausgegeben. Die Unternehmer bekommen hier einfach den schwarzen Peter, ohne dass sie was dazu können.
Eine seriöse Aussage dazu kennen wir nicht. Es kommt darauf an, wie groß oder komplex ein Unternehmen ist. Wer einen SAP-Programmierer braucht, um sein ERP-System (Enterprise-Ressource-Planning-System) auf Stand zu bringen, für den wird es richtig teuer.
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hofft, dass die Wirtschaft die Mehrwertsteuersenkung nicht zu ihrem Vorteil nutzt, sondern sie an die Bürger weitergibt. Er will damit die Konjunktur ankurbeln. Doch man muss berücksichtigen, dass kein Unternehmen gesparte Umsatzsteuer an Privatkunden weitergeben muss. Wir erwarten, dass manche Unternehmen mit der Mehrwertsteuersenkung ihre Gewinnspanne erhöhen. Wie sie das machen? Sie lassen ihre Endpreise wie sie sind und führen weniger Umsatzsteuer ans Finanzamt ab. Doch dank des Internets sind Preise heute sehr transparent: Die Privatkunden als eigentliche Umsatzsteuerzahler, werden sich ganz genau anschauen, welche Betriebe die Mehrwertsteuersenkung am 1. Juli 2020 durch eine Preissenkung an die Kunden weitergeben und welche Betriebe nicht. Aktuell will sicher niemand seine Kunden verprellen. Die Betriebe werden sicherlich für sich prüfen, was sich am Ende des Tages mehr lohnt. Die höhere Gewinnspanne oder mehr Aufträge wegen gesenkter Preise.
Maßgebend für den anzuwendenden Steuersatz ist, wann der Umsatz ausgeführt wird. Dies ist in der Regel bei Lieferungen die Verschaffung der Verfügungsmacht bzw. bei sonstigen Leistungen der Zeitpunkt der Vollendung der Leistung (Rechtsgrundlage § 27 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) UStG.).
Vereinfacht dargestellt bedeutet das für das Beispiel: Erfolgt die Lieferung und Montage erst im Juli, wird die Leistung im vorliegenden Beispiel auch erst im Juli ausgeführt. Damit unterliegt die (volle) Leistung dem „neuen“, also niedrigeren Steuersatz. Teilleistungen die dies ändern sind nicht erkennbar. Also nicht nur die Restzahlung, sondern im Nachhinein auch die Anzahlung. Ob der Käufer davon profitiert hängt jedoch davon ab ob er eine Brutto- oder Nettopreisvereinbarung geschlossen hat. Das heißt: Ob dort steht Preis xy inklusive Mehrwertsteuer (=Bruttopreisvereinbarung) oder Preis xy zuzüglich Mehrwertsteuer (=Nettopreisvereinbarung).
Nein. Die Umsatzsteuer ist eine Jahressteuer. Das heißt, es bleibt bei der jährlichen Umsatzsteuererklärung. Gleichwohl finden die ermäßigten Tatbestände Eingang in die Umsatzsteuervoranmeldung.
Bei uns werden die Begriffe Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer häufig synonym verwendet. Der steuerrechtlich korrekte Begriff ist „Umsatzsteuer“. Die Mehrwertsteuer hat sich jedoch nicht nur als umgangssprachlicher Begriff etabliert, sondern wird auch häufig auf Belegen und Quittungen mit der Abkürzung MwSt. ausgewiesen. Der Begriff Mehrwertsteuer leitet sich vom Mehrwertprinzip ab, das in Deutschland seit 1968 gilt. Demnach zahlt jedes Unternehmen nur Umsatzsteuer auf den Mehrwert, den es durch den Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung generiert, also die Differenz von Einkaufspreis und Verkaufspreis.
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*Zusatzfragen wurden von Journalisten/ihren Lesern/Hörern/Nutzern gestellt.Bild: Pixabay (Pexels, Pexels Lizenz)