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Marketing in Corona-Zeiten

03.11.2020  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Corona rückt mit steigenden Zahlen und saisonbedingt wieder deutlicher in den Vordergrund. Viele Unternehmen kämpfen mit Umsatzeinbußen. Der Versandhandel ist in der Theorie zwar uneingeschränkt möglich, aber auch hier fehlen Mitarbeiter und Logistikprozesse können überlastet oder gestört sein.

Was hilft gegen die Corona-Krise im Unternehmen? Das fragen sich jetzt viele Marketing-Verantwortliche. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER – KÖLN beleuchtet einige Ideen aus rechtlicher Sicht und vermittelt, auf was man unbedingt rechtlich bei Aktionen, Gutscheinen und Angeboten achten muss.

Aktionen ausdenken und planen

Potenzielle Kunden müssen auch in diesen Zeiten mit klugen und gut durchdachten Aktionen angesprochen werden. Insbesondere die gute Planung hilft dabei, die richtigen Zielgruppen mit attraktiven Angeboten zu erreichen.

  • Verlängerung der Widerrufsfrist
  • Rabattgutscheine
  • Werbemittel versenden

Transparenz schaffen

Auch in Zeiten der Krise ist Transparenz in der kommerziellen Kommunikation enorm wichtig. Kunden müssen auf Anhieb verstehen, was Sie mit einer Aktion genau sagen wollen und welche Bedingungen gelten. Dies ist nicht nur ein Gebot aus Kundensicht, sondern auch eine rechtlich zwingende Anforderung.

Das wohl bekannteste Beispiel in Sachen Transparenz ist die Werbeaktion „20 % auf alles!“. Tatsächlich waren bei einer entsprechenden Werbeaktion zahlreiche Produkte von diesem „alles“ ausgenommen. Das verärgert nicht nur Kunden, sondern auch Mitbewerber und Verbände, die dann abmahnen können.

Lassen Sie Ihre Marketing-Aktionen von Dritten gegenprüfen – am besten von jemanden, der sich nicht mit Marketing beschäftigt, sondern ein Mensch, der zur Zielgruppe gehört. Fragen Sie nach, wie er das Angebot versteht. Bilden Sie Fälle und prüfen Sie, ob sich Ihr Verständnis mit dem des Lesers deckt. So können Sie schon sehr viele Fehler von vornherein vermeiden.

Veränderte Lieferzeiten berücksichtigen

Bevor man sich „Sonderaktionen“ ausdenkt, sollte man den Shop auf zutreffende Angaben kontrollieren, insbesondere bei den Lieferzeiten. Wenn Sie z.B. wissen, dass Ihr Logistiker aktuell Schwierigkeiten hat, die sonst gewohnte Schlagzahl an Lieferungen zu leisten, dann müssen Sie auch Ihre Lieferzeiten im Shop anpassen.

Zwar melden die großen Versanddienstleister, dass die Versorgung dort aktuell sichergestellt ist. Händler sollten hier aber unbedingt die Entwicklungen beobachten.

Wer mit einer Lieferzeit von 2 Tagen wirbt, obwohl er genau weiß, dass die Lieferzeit doch in vielen Fällen 6 Tage oder länger beträgt, wird sich schnell mit negativen Kundenbewertungen und schlechten Erfahrungsberichten in Foren beschäftigen müssen. Das sollte unbedingt vermieden werden.

Händler sind nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB verpflichtet, den Termin zu nennen, bis zu dem sie die Ware liefern. Es muss also angegeben werden, wann der Kunde die Ware erhält. Zulässig ist auch die Angabe einer Lieferfrist etwa in der Angabe der Anzahl der Tage ab einem bestimmten Zeitpunkt. Der Kunde muss sich errechnen können, wann die Ware spätestens eintrifft. Am besten arbeitet man dabei mit „circa-Angaben“, auf Angaben wie „gewöhnlich“, „normalerweise“ oder „in der Regel“ sollte unbedingt verzichtet werden. Die bloße Angabe, innerhalb welcher Zeit die Ware verpackt und zum Versand gegeben wird, reicht nicht aus!

Lieferzeiten gehören übrigens auf die Produktseite. In AGB oder auf Kundeninformationsseiten haben diese eigentlich nichts zu suchen, da Lieferzeiten eine produktbezogene Information sind.

Verlängerung der Widerrufsfrist

Gehören Ihre Kunden zu Risikogruppen? Wollen Sie Kunden in häuslicher Isolation oder Quarantäne unterstützen? Oder wollen Sie das Weihnachtsgeschäft strecken, wie Amazon es mit dem gerade verspätet abgehaltenen Prime Day getan hat? Dann können Sie über eine Verlängerung der Widerrufsfrist nachdenken.

Eine Verlängerung der Widerrufsfrist ist ohne weiteres möglich (OLG Frankfurt, Beschluss v. 07.05.2015, 6 W 42/15). Wichtig ist nur, dass diese länger als die 14 Tage sind, die das Gesetz ohnehin vorschreibt. Wer also die Frist auf 30, 40 oder 120 Tage verlängern möchte, kann dies tun. Käufer, die direkt bei Amazon bestellten, erhielten sogar das Recht, Waren bis Ende Januar 2021 zu retournieren.

Dabei sollte aber beachtet werden, dass diese Frist an allen Stellen im Shop geändert wird. Nutzen Sie z.B. FAQ oder eine zusätzliche Unterseite „Rücksendungen“, ist die Information über die Frist auch dort zu ändern. Widersprüchliche Informationen sind rechtlich immer problematisch!

Finden sich im Shop an unterschiedlichen Stellen unterschiedliche Aussagen zur Widerrufsfrist, ist dies irreführend und kann abgemahnt werden. Auch in den Informationen, die der Kunde nach Abgabe der Bestellung erhält, ist die Info über die Frist entsprechend anzupassen.

Verschiedene Händler wollen auch eigene Rückgaberechte (quasi zusätzlich zum Widerrufsrecht) etablieren. Auch dies ist grundsätzlich möglich. Man sollte aber bedenken, dass dies aus rechtlicher Sicht wesentlich komplizierter ist. Hier sollte man sich beraten lassen bei der Umsetzung.

Gutscheinaktionen

Gutscheine sind immer sehr wirksame Marketing-Mittel. Wer dies einsetzen möchte, sollte darauf achten, dass die Verbraucher genau verstehen, welchen Vorteil sie durch das Einlösen des Gutscheins erhalten und zu welchen Bedingungen sie den Gutschein nutzen können.

Zu den Informationen, die der Verbraucher benötigt, gehören:

  • Höhe des Gutscheins (z.B. 5 Euro, 10 Prozent; versandkostenfreie Bestellung; 10 Euro auf den nächsten Einkauf)?
  • Gutscheinbedingungen (z.B. Gutscheincode im Bestellprozess eingeben; Mindestbestellwert; nur für Neukunden; wenn man sich für den Newsletter anmeldet; nur ein Gutschein pro Bestellung; nur ein Gutschein pro Kunde; keine Barauszahlung)?
  • Ausnahmen / Preisbindung beachten (z.B. gilt nicht für den Kauf von Büchern; gilt nur für Hosen)?
  • Gültigkeitszeitraum (z.B. beim nächsten Einkauf; einzulösen bis …).

Gutscheinbedingungen können je nach der dahinterstehenden Idee sehr lang und kompliziert sein. Dies sollte man bei einer solchen Aktion immer bedenken. Schaffen Sie nicht allzu komplexe Regelungen und Ausnahmen. Denken Sie daran, dass Fehler schnell in Foren die Runde machen.

Rechtliche Regeln des Dialogmarketings

Sind alle Aktionen ausgedacht, alle Texte vorbereitet und ist der Shop entsprechend umgestellt, dann gilt es, an die Kommunikation zu gehen. Denn was nützt die beste Aktion, wenn die potenziellen Kunden davon nichts erfahren?

Die einfachste Kommunikation ist sicherlich ein Störer auf der eigenen Website. Einen größeren Erfolg hat so eine Aktion aber bei der direkten Ansprache der Kundschaft (Dialogmarketing).

Händler können bei der Kommunikation regelmäßig auf ihre Stammkunden zurückgreifen. Sollen diese aber direkt angeschrieben werden, sind das Datenschutz- und Wettbewerbsrecht zu beachten.

Insbesondere die Kommunikation per E-Mail ist hier nur bei Vorliegen einer Einwilligung zulässig! Die sog. Bestandskundenausnahme greift bei den hier dargestellten allgemeinen Aktionen nie, da diese u.a. nur greift, wenn man Werbung für eigene, ähnliche Produkte machen will. Ohnehin wird diese Ausnahme vom Einwilligungsbedürfnis bei E-Mail-Werbung oft falsch verstanden. Es müssen zahlreiche Bedingungen eingehalten werden, wie z.B. schon bestimmte Informationen, die bei der Erhebung der E-Mail-Adresse vermittelt werden müssen. Datenschutzbehörden verlangen hierbei zudem erleichterte Widerspruchsmöglichkeiten.

Die Werbung per Post ist da wesentlich einfacher umzusetzen. Hier muss man aber darauf achten, dass man nicht einfach jeden, der in den letzten 15 Jahren auch nur einmal eingekauft hat, anschreibt. Ein solches Vorgehen offenbart schwerwiegende Defizite im Bereich des Datenschutzes im Unternehmen.

Wer in seiner Datenschutzerklärung aber darüber informiert hat, dass man die Daten der Kunden auch zu Zwecken der Postwerbung verwenden wird, kann seine Kunden auch per Postwerbung problemlos ansprechen.

Ende der Aktionsdauer vorbereiten

Wer spezielle „Krisen-Aktionen“ plant und starten möchte, sollte bereits jetzt daran denken, dass die Krise irgendwann auch wieder vorbei sein wird. Jedenfalls dürften Vergünstigungen häufig befristet sein. Zur Jahreswende droht noch die neue Umsatzsteuerumstellung (falls dies nicht verlängert wird). Dann muss auch die Widerrufsfrist z.B. wieder zurückgedreht werden.

Hierfür bietet sich an, schon bei der Einführung der Marketingmaßnahme genau zu dokumentieren, an welchen Stellen man etwa die (verlängerte) Frist kommuniziert hat. Diese Dokumentation kann bei der Beendigung der Aktion dann wie eine Checkliste abgearbeitet werden, um wieder die normalen Konditionen zu kommunizieren.

Eine Variante ist auch, bereits von Anfang an, ein Ende der Aktion zu nennen:

„Für alle Bestellungen bis zum 30. Juni 2021 gilt eine Widerrufsfrist von 60 Tagen. Einzelheiten siehe Widerrufsbelehrung.“

Allerdings ist niemand, der ein solches Ende nicht von Anfang an plant, auch zur Kommunikation einer solchen Frist verpflichtet. Wichtig ist auch: Wer eine solche Endfrist nennt, muss sich auch daran halten.

Am obigen Beispiel: Ist der 30. Juni erreicht und die Krise noch nicht vorbei, müsste man sich eine neue Aktion ausdenken. Hier könnte man dann aber auch einfach die verlängerte Widerrufsfrist ändern, z.B. in 50 Tage.

Abmahnungen drohen auch in der Krise

Viele Unternehmen gehen davon aus, dass in der Krise nicht abgemahnt wird. „Die haben etwas Besseres zu tun“, „Die sollen sich um ihre eigenen Sachen kümmern“ hört man immer wieder, wenn man mit Unternehmen über das Abmahnproblem spricht. Tatsächlich hat sich aber schon zu Beginn der Krise gezeigt, dass Abmahner nicht untätig bleiben, auch wenn jetzt bald ein Gesetz die Abmahnung zumindest erschweren wird.

Man darf auch nicht vergessen, dass es zahlreiche schwarze Schafe gibt, die die Krise in unlauterer Weise für sich nutzen wollen.

Oft lässt sich bei dem Start einer fehlerhaften Marketing-Aktion von außen auch nicht erkennen, ob dies Folge einer internen Unachtsamkeit oder Ausdruck einer mutwilligen Verbrauchertäuschung ist.

Hinzu kommt: Auch die Behörden (z.B. die Datenschützer) bleiben nicht untätig, sondern haben auch im Frühjahr Verfahren gegenüber Unternehmen eingeleitet.

Fazit

Viele Unternehmen fahren aktuell „auf Sicht“ – auch im Marketing – in der Hoffnung, dass die Krise schnell wieder vorbei geht. Davon gehen wir aktuell nicht aus. Daher lohnt es sich, eine geplante Aktion genau zu durchdenken und an die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften anzupassen. Dies schützt vor Abmahnungen und Bußgeldern. Außerdem hilft eine transparente, rechtskonforme Kommunikation, damit man seine eigenen Kunden nicht verärgert, die dann ihren Unmut (zu Recht) in negativen Kundenbewertungen und Foren kundtun. Hier kann man sich als Unternehmen in der Krise noch mehr selbst schaden.

Bild: fancycrave1 (Pixabay, Pixabay License)

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