30.03.2020 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Amazon war vor mehr als einem Jahr in die öffentliche Diskussion geraten, als eine Praxis von Warenvernichtung bekannt wurde. Jede sechste Online-Bestellung wird nach Angaben der Forschungsgruppe Retourenmanagement zurückgeschickt. Aber auch den „To Go“ Verpackungen soll es an den Kragen gehen und das Recycling soll verbessert werden.
Quoten und Obhutspflichten sollen Händler von der Warenvernichtung abhalten und dem Staat ermöglichen, dagegen vorzugehen. Händler sollen künftig dafür sorgen, Waren in einem "gebrauchsfähigen" Zustand zu halten. Nur noch verdorbene Produkte oder solche, deren Lagerung nicht zumutbar sein soll, dürften weggeworfen werden. Wer Einwegprodukte wie „To Go“ Becher oder Zigaretten in Verkehr bringt, soll sich an den Reinigungskosten von öffentlichen Straßen und Parkanlagen beteiligen. Zunächst soll der Handel über Berichtpflichten einer Transparenzverordnung überhaupt einmal Licht in das Dunkel der Retourenbehandlung bringen.
An Kritik zum Vorhaben fehlte es nicht. Den einen geht der Entwurf nicht weit genug. Die Deutsche Umwelthilfe meint, die Vernichtung von Neuware werde damit nicht gestoppt. Die vorgesehene Recyclingquote für Siedlungsabfälle von nur 65 Prozent bis 2035 sei viel zu niedrig angesetzt. Unternehmen solle besser unter Androhung von Strafen die Vernichtung verboten werden können. Der Umweltverband NABU fordert verbindliche Abfallvermeidungsziele.
Der Handel wendet sich gegen bürokratische Berichtspflichten und möchte Spenden von der Umsatzsteuer befreit sehen, die „Spenden statt Vernichten“ zusammen mit Logistikkosten teurer mache, als eine Vernichtung.
Tatsächlich investiert der Handel bereits sehr viel Geld in die Retourenvermeidung. Es liegt auf der Hand, dass ein Händler für ihn teure Rücksendungen etwa durch bessere Fotos Warenbeschreibungen, ergänzende Angaben zu Größenangaben und Kundenbewertungen möglichst vermeiden will.
Der Verbraucher wird vom Gesetzgeber bei seinen Bemühungen bislang nicht berücksichtigt. Letztlich eröffnete erst ein ausuferndes Widerrufsrecht eine Auswahl- und Leihmentalität und auch Erpressung nach dem Motto Preisreduktion oder Widerruf wird von der Rechtsprechung geduldet. Wer an die Retouren will, der muss auch auf den Verbraucher einwirken und die Geister, die man seit 2000 rief zumindest teilweise einfangen.
Das weitere Problem könnte allerdings bei der Überproduktion von Waren liegen, die gar nicht erst die Regale verlassen. Hier dürften dann die neuen Obhutspflichten greifen.
Viel tun wird sich erst einmal nicht. Es fehlt an den notwendigen Verordnungen für die einzelnen Produktkategorien und dazu müssen mehr Zahlen her. Derweil plant der Versandriese Amazon Erleichterungen für die Retouren für den Kunden. Der soll einfach die Ware „wie es ist“ zurücksenden können, ohne Verpackung und Label. Das geht vorerst nur in den Amazon-Läden in den USA. Das dürfte einer Wiederverkaufsfähigkeit entgegenwirken. Aber Amazon kann sich Mehrkosten für Spenden leisten. Der Gesetzgeber sollte überlegen, ob er mit seinen Maßnahmen richtig ansetzt.
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