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Investitionsabsicht - Finanzierungszusammenhang (Kommentar von Udo Cremer)

05.12.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt u.a. mit einem Taxiunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Streitjahr 2008 ermittelte er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Einkommensteuer wurde zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt. In einer Betriebsprüfung Ende des Jahres 2011 kam das FA zu der Auffassung, dass für das Streitjahr der Gewinn um 19.260 € zu erhöhen sei.

  1. Der Steuerpflichtige trägt die Darlegungs- und Feststellungslast für die Investitionsabsicht gemäß § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG.
  2. Die Durchführung einer Investition ist ein Indiz für die Existenz einer entsprechenden Investitionsabsicht.
  3. Ein Finanzierungszusammenhang ist im Geltungsbereich des § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG nicht mehr zu fordern (Abweichung von früherer Rechtslage).
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Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt u.a. mit einem Taxiunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Streitjahr 2008 ermittelte er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Einkommensteuer wurde zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt. In einer Betriebsprüfung Ende des Jahres 2011 kam das FA zu der Auffassung, dass für das Streitjahr der Gewinn um 19.260 € zu erhöhen sei. Im Rahmen einer Besprechung der Prüfungsfeststellungen erwog der Steuerberater des Klägers, nachträglich für das Jahr 2008 nach § 7g Abs. 1 EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (UntStRefG) vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912), einen Investitionsabzugsbetrag für ein 2010 angeschafftes Firmenfahrzeug geltend zu machen. Am 23.11.2011 stellte er einen solchen Antrag über 10.800 €, der sich auf einen im August 2010 zu einem Nettokaufpreis von 27.193,50 € erworbenen PKW bezog. Den Kaufpreis hatte der Kläger über ein Darlehen mit vierjähriger Laufzeit finanziert. Das FA berücksichtigte den Investitionsabzugsbetrag nicht, da der erforderliche Finanzierungszusammenhang fehle. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG hat ausgeführt, es stehe nicht zu seiner Überzeugung fest, dass der Kläger zum Ende des Wirtschaftsjahres 2008 tatsächlich beabsichtigt habe, das dem Grunde nach begünstigte Wirtschaftsgut in dem gesetzlich vorgegebenen Zeitrahmen voraussichtlich anzuschaffen.

Die Revision ist begründet mit der Maßgabe, dass das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist (BFH-Urteil vom 6.4.2016, X R 15/14). Der Senat vermag nicht abschließend zu beurteilen, ob der Kläger den Investitionsabzugsbetrag zu Recht gebildet hat. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob es, worauf das FG seine Entscheidung gestützt hat, an der erforderlichen Investitionsabsicht gefehlt hat. Ein Finanzierungszusammenhang ist hingegen nicht mehr zu fordern.

Nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des UntStRefG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags setzt nach § 7g Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. des UntStRefG weiter voraus, dass der Betrieb bestimmte Größenmerkmale nicht überschreitet (Nr. 1), dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder herzustellen (Nr. 2 Buchst. a) sowie mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen (Nr. 2 Buchst. b), und dass er das begünstigte Wirtschaftsgut in den beim FA einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angibt (Nr. 3). § 7g Abs. 1 Satz 4 EStG i.d.F. des UntStRefG begrenzt die innerhalb eines Vierjahreszeitraums mögliche Summe der Investitionsabzugsbeträge. Mit der in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG i.d.F. des UntStRefG enthaltenen Formulierung "beabsichtigt" ist die Investitionsabsicht Teil des gesetzlichen Tatbestands. Es handelt sich um eine der wesentlichen Neuerungen des § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG gegenüber § 7g EStG a.F., unter dessen Geltung die Investitionsabsicht kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal war, der BFH zwischenzeitlich auf die Glaubhaftmachung einer Investitionsabsicht ganz verzichtet und sich zuletzt auf ein Mindestmaß an Plausibilität beschränkt hatte.

Die Investitionsabsicht hat sich auf den Gewinnermittlungsstichtag sowie den gesamten Investitionszeitraum zu beziehen. Da sie zu den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen für die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung gehört, trägt der Steuerpflichtige für ihr Vorliegen die Darlegungs- und Feststellungslast. Welche Anforderungen an den Nachweis zu stellen sind, ist von den Umständen des Falles abhängig und nicht allgemeingültig zu beantworten. Der Zeitpunkt, zu dem der Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht wird, lässt für sich genommen im Allgemeinen keine Rückschlüsse auf das Vorliegen oder Fehlen der Investitionsabsicht zu.

Soweit das Bundesministerium der Finanzen (BMF) weiter gehende zwingende Anforderungen an die Investitionsabsicht stellt, folgt der Senat dem nicht. Das BMF hat in seinem Schreiben vom 20. November 2013 IV C 6-S 2139-b/07/10002, 2013/1044077 (BStBl I 2013, 1493) die in der Rechtsprechung zu § 7g EStG a.F. entwickelten Grundsätze zum Finanzierungszusammenhang in das neue Tatbestandsmerkmal der Investitionsabsicht inkorporiert und geht davon aus, dass in den betreffenden Fallgruppen die Investitionsabsicht fehlt. Hiervon sind zum einen Fälle erfasst, in denen zum Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansparabschreibung die Investition nicht mehr oder realistischerweise nicht mehr durchführbar war, sei es wegen beschlossener oder bereits durchgeführter Betriebsaufgabe oder -veräußerung, sei es wegen Ablaufs oder kurz bevorstehenden Ablaufs des Investitionszeitraums.

Das bedeutet allerdings nicht, dass diese Umstände im Hinblick auf die Investitionsabsicht stets gänzlich unerheblich sein müssten. Sie können je nach den Umständen des Einzelfalls Anlass sein, die Investitionsabsicht genauer zu prüfen und dem Steuerpflichtigen diesbezüglich nähere Darlegung abzuverlangen. Dasselbe gilt für die Frage, ob der Steuerpflichtige, der einen Investitionsabzugsbetrag nach erstmaliger Steuerfestsetzung geltend macht oder aufstockt, zusätzlich darlegen muss, warum er den Abzugsbetrag nicht bereits in der ursprünglichen Gewinnermittlung geltend gemacht hat (in diesem Sinne das BMF-Schreiben in BStBl I 2013, 1493, unter I.5.b, Rz 24). Einerseits ist es weder zwingend noch existiert eine tatsächliche Vermutung oder ein allgemeiner Erfahrungssatz dafür, dass ein Steuerpflichtiger für jede beabsichtigte Investition, für die ihm ein Investitionsabzugsbetrag zustünde, diesen sogleich geltend macht. Andererseits kann das Erklärungsverhalten des Steuerpflichtigen einschließlich der Art und Weise, in der er steuerliche Wahlrechte ausübt, als Indiz einen Schluss auf seine Absichten zulassen. Die Investitionsabsicht ist eine innere Tatsache, deren Feststellung lediglich anhand äußerer Merkmale im Wege von Schlussfolgerungen möglich ist. Vor diesem Hintergrund erachtet es der Senat für zulässig, auch den Verlauf des konkreten Besteuerungsverfahrens in die Tatsachenfeststellung einzubeziehen.

Die Umgestaltung des § 7g EStG durch das UntStRefG hat zunächst zur Folge, dass sich die Frage eines Finanzierungszusammenhangs in vielen Fällen, in denen dieser nach § 7g EStG a.F. fraglich sein konnte, schon nach Lage des Gesetzes theoretisch und praktisch nicht mehr stellt. Bereits das in § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG neu geschaffene Tatbestandsmerkmal der Investitionsabsicht trägt hierzu bei. Dieses Erfordernis, verbunden mit der bei dem Steuerpflichtigen liegenden Darlegungs- und Feststellungslast, vermeidet die Geltendmachung von Investitionsabzugsbeträgen quasi "ins Blaue hinein". Insbesondere aber gewährleistet der geänderte Korrekturmechanismus bei ausgebliebener Investition, dass es viele potentielle Missbrauchsfälle praktisch nicht mehr gibt. Während bei fehlender Durchführung der Investition nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. die Rücklage erst zum Ende der Investitionsfrist gewinnwirksam aufzulösen war, so eine endgültige Gewinnverschiebung bewirkte und deshalb trotz des etwaigen Gewinnzuschlags nach § 7g Abs. 5 EStG a.F. insbesondere bei stark schwankenden Steuersätzen steuermodellierend genutzt werden konnte, ist dieser Anreiz durch die Rückgängigmachung des Abzugs im Abzugsjahr nach § 7g Abs. 3 EStG i.d.F. des UntStRefG entfallen.

Mit der Neuordnung des § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG hat es der Gesetzgeber aktiv unternommen, die nicht investitionsbezogene Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags zu begrenzen. Er hat so mittels gesetzlicher Regelung weitgehend das geleistet, wozu die Rechtsprechung unter § 7g EStG a.F. den Finanzierungszusammenhang entwickelt hat. Mit dem Tatbestandsmerkmal der Investitionsabsicht ist er sogar noch darüber hinausgegangen, da diese auch dann fehlen kann, wenn ein Finanzierungszusammenhang zu bejahen gewesen wäre. Der Gesetzgeber hat somit das seinerzeit durch die Rechtsprechung verfolgte Ziel, die zweckwidrige Inanspruchnahme der Ansparabschreibung zu unterbinden, in die Gesetzesfassung eingearbeitet und in der ihm angemessen erscheinenden Weise umgesetzt.

Die Rechtsprechung des BFH war bekannt. Sah der Gesetzgeber in Bezug auf bekannte Fallkonstellationen erkennbar keinen Handlungsbedarf, ist grundsätzlich kein Raum, das Gesetz um ungeschriebene Tatbestandsmerkmale zu ergänzen. Das zeigt sich insbesondere an derjenigen Fallgruppe, in der die Rücklage später als zwei Jahre nach Durchführung der Investition geltend gemacht wurde. Wenn der Gesetzgeber noch nicht einmal diese Fallgruppe ausdrücklich aus der Begünstigung ausnimmt, was durch eine einfache Fristenregelung möglich gewesen wäre, so ist daraus nur zu folgern, dass er an dem Erfordernis des Finanzierungszusammenhangs nicht festhalten wollte. Etwas Gegenteiliges ist auch der Gesetzesbegründung (BTDrucks 16/4841, dort S. 51 ff.) nicht zu entnehmen. Sie äußert sich zu einem etwaigen Finanzierungszusammenhang nicht.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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