25.10.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans-Böckler-Stiftung.
Betriebsräte können bei der Einführung neuer Verfahren eine entscheidende Rolle spielen. Die Einbeziehung der Arbeitnehmervertreter bei Innovationen zahlt sich in betriebswirtschaftlicher Hinsicht ebenso aus wie für die Beschäftigten. Denn mit einem Betriebsrat im Rücken, der harte, aber konstruktive Auseinandersetzungen mit der Geschäftsführung nicht scheut, sind die Mitarbeiter eher bereit, sich auf Innovationen einzulassen. Das zeigt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie.
Mehrere Standorte zu einem Zentralbereich zusammenlegen, Arbeitsprozesse verschlanken und entbürokratisieren, neue Arbeitszeitregelungen oder neue Software einführen - all das sind Prozessinnovationen, die das Management mit mehr oder weniger Beteiligung der Arbeitnehmer durchsetzen kann. Prof. Dr. Wolfgang Scholl, Psychologieprofessor an der Berliner Humboldt-Universität, hat mit mehreren Kollegen untersucht, welche Rolle Beschäftigte und Arbeitnehmervertreter im Innovationsprozess spielen - und inwieweit sie zu Erfolg oder Misserfolg beitragen. Ihre Studie basiert auf 46 Fallstudien in unterschiedlichen Produktions- und Dienstleistungsbranchen. Die Wissenschaftler haben jeweils ausführliche Interviews mit den zuständigen Management- und Arbeitnehmervertretern geführt und anschließend per Fragebogen quantitative Einschätzungen erhoben. Dabei wurde deutlich, dass "betriebliche Mitbestimmung insgesamt einen konstruktiven Beitrag zur Innovativität von Unternehmen leistet" und dass "eine stärkere Betriebsratsbeteiligung mit einem höheren Innovationserfolg einhergeht", so Scholl und seine Koautoren. Dabei liegen die Einschätzungen von befragten Betriebsräten und Arbeitgebervertretern selten sehr weit auseinander. Nur mit dem Ergebnis des abgeschlossenen Innovationsvorhabens sind die Manager meist noch zufriedener als die Arbeitnehmervertreter.
Wenn bewährte Verfahren verändert werden sollen, sind die betroffenen Beschäftigten oft skeptisch. Hier gelingt es Betriebsräten, die sich intensiver beteiligen, die Beschäftigten ebenfalls stärker einzubeziehen und zugleich die aktiven und passiven Widerstände abzubauen und so die Koordinationsfähigkeit in schwierigen Prozessen zu sichern. So kämen "die wichtigsten Ressourcen von Unternehmen" zum Zug: Wissen und Können der Beschäftigten - und zwar durchaus auch zu ihrem eigenen Vorteil. "Hilfreich ist auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Management und Betriebsrat, besonders wenn Betriebsräte dabei eine skeptische und kritische Haltung bewahren", sagt Scholl.
Betriebsräte können zudem durchaus selbst zur treibenden Kraft im Innovationsprozess werden, haben die Forscher beobachtet, und als Anwalt "für sozial verträgliche und wirtschaftlich sinnvolle" Neuerungen auftreten. Dafür bedürfe es allerdings spezieller Kompetenzen und entsprechender Schulungen. Auch "Innovationsbündnisse" in Form von Betriebsvereinbarungen oder Rahmenrichtlinien in Tarifverträgen können den Einfluss der Betriebsräte erhöhen.
Klar wird durch die Untersuchung auch: Der wichtigste Erfolgsfaktor für Innovationen, die fast immer auch Konflikte auslösen, ist es, diese konstruktiv auszutragen. Das setzt allerdings eine gewisse Machtbalance voraus. Nur starke Betriebsräte seien zu einer "konstruktiven Konflikthandhabung mit ihren positiven Folgen für beide Seiten" in der Lage. Mit "starken Betriebsräten" sind dabei solche gemeint, die nicht nur nach eigener Einschätzung einflussreich sind, sondern auch nach Meinung des Managements. Grundsätzlich, so die Autoren, ließe sich das Innovationspotenzial der Betriebsräte auch auf politischem Wege verbessern: durch eine Erweiterung ihrer Mitbestimmungsrechte im Fall von Betriebsänderungen.
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