09.04.2020 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Wer UN-Kaufrecht in seinem Vertragsverhältnis zur Anwendung gebracht hat, der kann sich auf Art. 79 CISG stützen.
(1) Eine Partei hat für die Nichterfüllung einer ihrer Pflichten nicht einzustehen, wenn sie beweist, daß die Nichterfüllung auf einem außerhalb ihres Einflußbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und daß von ihr vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsabschluß in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund oder seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden.
(2) Beruht die Nichterfüllung einer Partei auf der Nichterfüllung durch einen Dritten, dessen sie sich zur völligen oder teilweisen Vertragserfüllung bedient, so ist diese Partei von der Haftung nur befreit,
a)wenn sie nach Absatz 1 befreit ist und
b)wenn der Dritte selbst ebenfalls nach Absatz 1 befreit wäre, sofern Absatz 1 auf ihn Anwendung fände
(3) Die in diesem Artikel vorgesehene Befreiung gilt für die Zeit, während der der Hinderungsgrund besteht.
(4) Die Partei, die nicht erfüllt, hat den Hinderungsgrund und seine Auswirkung auf ihre Fähigkeit zu erfüllen der anderen Partei mitzuteilen. Erhält die andere Partei die Mitteilung nicht innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem die nicht erfüllende Partei den Hinderungsgrund kannte oder kennen mußte, so haftet sie für den aus diesem Nichterhalt entstehenden Schaden.
(5) Dieser Artikel hindert die Parteien nicht, ein anderes als das Recht auszuüben, Schadenersatz nach diesem Übereinkommen zu verlangen.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist höhere Gewalt ein, "von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes, auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis" (BGH, Urt. v. 16.05.2017, Az. X ZR 142/15).
Damit ist immer auf den Einzelfall abzustellen und deutsches Recht ist hier strenger als ausländisches Recht. Eine Pandemie fällt jedenfalls darunter, wenn sie in der Vertragsklausel erwähnt ist. Aber auch ohne Klausel bestehen Chancen, diese als höhere Gewalt anzuerkennen.
Anders kann es sein, wenn Klauseln vorhanden sind, die aber Pandemien oder behördliche Weisungen nicht aufführen. Hier könnte man argumentieren, dass die Vertragsparteien abschließend geregelt haben, wann höhere Gewalt vorliegen soll.
Indizwirkung haben „Force Majeure Zertifikate“, wie sie in China von den chinesischen Außenhandelskammern ausgestellt werden. Allerdings ist dennoch in jedem Fall zu fragen, ob das Ereignis das Lieferproblem ursächlich herbeigeführt hat und ob die erforderliche Sorgfalt eingehalten wurde. Auch müssen die Parteien daran denken, dass regelmäßig die Verhinderung und voraussichtliche Dauer angezeigt werden muss.
Wenn höhere Gewalt vorliegt, werden meist die Vertragsparteien von ihren Hauptleistungspflichten befreit. Jeder muss seinen Schaden selbst tragen. Es kann aber auch geregelt sein oder geregelt werden, dass die Pflichten zunächst einmal ruhen und nach dem Ende der Beeinträchtigungen plus einer bestimmten Anlaufzeit wieder aufleben. Dies kann mit einer Regelung kombiniert werden, nach der ein Kündigungsrecht besteht, falls das Ereignis über einen bestimmten Zeitraum hinweg fortbesteht.
Wenn sie sich mit dem Lieferanten oder Empfänger einigen und das ist in diesen Zeiten zu empfehlen, gießen Sie das in entsprechende schriftliche Abreden! Machen Sie ggf. klar, ob Schadensersatz damit ausgeschlossen bzw. erledigt sein soll bzw. welche Folgen genau erledigt werden sollen. Generell kann dem Unternehmer bei Lieferverzug und ausgefallener Lieferung das Recht zustehen, einen Deckungskauf zu tätigen und höhere Kosten als Schadensersatz geltend zu machen (BGH, Urteil vom 09.11.1988 - VIII ZR 310/87).
Prüfen Sie ihre vertraglichen Vereinbarungen. Wenn Sie neue Vereinbarungen schließen, sollten Sie auf jeden Fall sicherstellen, dass eine Klausel zur höheren Gewalt enthalten ist, die auch Pandemie, Quarantäne und Epidemien abdeckt.
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