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GoBD: Zeitnahe Buchführung, E-Invoicing und Verfahrensdokumentation

07.04.2015  — Dirk Lamprecht.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

GoBD = „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“. Das BMF-Schreiben zu den GoBD wurde am 14.11.2014 veröffentlicht und ist ab dem 01.01.2015 anzuwenden.

Diese BMF-Schreiben betrifft Steuerpflichtige, die sowohl buchführungspflichtig sind, wie aber auch sog. Einnahmenüberschuss-Rechner, die keine doppelte Buchführung erstellen und ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.

Zeitnahe Buchführung

In der RZ 46 spricht das Schreiben von einer zeitgerechten Buchführung und bezieht sich damit auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Geschäftsvorfall und der buchmäßigen Erfassung, vgl. BFH-Urteil vom 25. März 1992, BStBl II S. 1010; BFH-Urteil vom 5. März 1965, BStBl III S. 285.

Danach ist jeder Geschäftsvorfall möglichst unmittelbar nach seiner Entstehung in einer Grundaufzeichnung oder in einem Grundbuch zu erfassen. Es bei einer kaufmännischen Buchführung unüblich zunächst die Belege der Geschäftsvorfälle zu sammeln und nach Ablauf einer „langen“ Zeit auf Grund dieser Belege die Geschäftsvorfälle in Grundaufzeichnungen oder Grundbüchern einzutragen, vgl. BFH-Urteil vom 10. Juni 1954, BStBl III S. 298.

Andererseits heißt es in dem Schreiben, dass die Funktion der Grund(buch)aufzeichnungen auch auf Dauer durch eine geordnete und übersichtliche Belegablage erfüllt werden kann, § 239 Absatz 4 HGB; § 146 Absatz 5 AO; H 5.2 „Grundbuchaufzeichnungen“ EStH.

Es ist unbedenklich, dass unbare Geschäftsvorfälle innerhalb von zehn Tagen erfasst werden, vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 1968, BStBl 1969 II S. 157; BFH-Urteil vom 26. März 1968, BStBl II S. 527.

Es ist nicht zu beanstanden, wenn Waren- und Kostenrechnungen, die innerhalb von acht Tagen nach Rechnungseingang oder innerhalb der ihrem gewöhnlichen Durchlauf durch den Betrieb entsprechenden Zeit beglichen werden, kontokorrentmäßig nicht (z. B. Personenkonten) erfasst werden, vgl. R 5.2 Abs. 1 EStR.

Wird auf dem Papierbeleg die Kontierung nicht auf dem Beleg selbst angebracht, so muss durch eine Ablageform, dem verfassten Buchungstext oder durch andere objektiv nachprüfbare Kriterien sichergestellt werden, dass der Beleg dem Buchungssatz eindeutig zugeordnet werden kann.

Bargeschäfte (Kasseneinnahmen und Kassenausgaben) sind nach § 146 Abs. 1 S. 2 AO täglich festzuhalten.

Bei zeitlichen Abständen zwischen der Entstehung eines Geschäftsvorfalls und seiner Erfassung sind daher geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Vollständigkeit zu treffen.

Diese hohen Anforderungen werden in RZ 50 jedoch relativiert. Danach ist bei der nicht laufenden Erstellung der Bücher, also der nur periodenweise Buchung bzw. Führung der Bücher und vergleichbare Aufzeichnungen nicht zu beanstanden, wenn:

  • Die Erfassung der unbaren Geschäftsvorfälle eines Monats bis zum Ablauf des folgenden Monats in den Büchern bzw. den Büchern vergleichbare Aufzeichnungen der Nichtbuchführungspflichtigen erfolgt und
  • durch organisatorische Vorkehrungen ist sichergestellt, dass die Unterlagen bis zu ihrer Erfassung nicht verloren gehen, z. B. durch laufende Nummerierung der eingehenden und ausgehenden Rechnungen, durch Ablage in besonderen Mappen und Ordnern oder durch elektronische Grund(buch)aufzeichnungen in Kassensystemen, Warenwirtschaftssystemen, Fakturierungssystemen etc.

Damit stellt sich hierbei die Frage nach der Auslegung des Begriffs „Erfassung“. Es ist in diesem Zusammenhang auf das zwingende Erfordernis der Vollständigkeit abzustellen und auch die Sicherung der Unterlagen (Belege) zu beachten. Somit ist Erfassung als Verbuchung der Geschäftsvorfälle auszulegen. Daran schließ sich die nächste Frage, ob damit Dauerfristverlängerungen bei der monatlichen USt-Voranmeldung mit dem BMF-Schreiben unzulässig sind, in der Form, dass die Buchhaltung erst „kurz vor Fälligkeit“ der Voranmeldung gefertigt wird.

Nach meiner Auffassung ist diese Problematik wie folgt zu lösen:

Das Schreiben bezieht sich auf die Buchführung und nicht auf die Umsatzsteuer, daher sind nach dieser Auslegung alle Geschäftsvorfälle zeitnah, wie o.g. zu erfassen/verbuchen. Erfolgt die Sicherung der Belege durch Ablagesysteme, so dass kein Beleg verloren gehen kann, ist die Buchführung bis zum Ende des Folgemonats zulässig. Dass die USt-Voranmeldung erst später fällig und in der Praxis übermittelt wird, ist davon unberührt.

Hierzu wird jedoch auch die Auffassung vertreten, sich „einfach“, wie bisher, an die Fristen der USt-Voranmeldung zu halten und entsprechend der dann die Buchführung zu erstellen. Dieses widerspricht der handelsrechtlichen Buchführung, die die GoBD als Grundlage sieht, denn der Kaufmann muss in der Lage sein, jederzeit sich ein Bild über seine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage machen zu können – das ist ja auch der Hauptzweck der Buchführung.

E-Invoicing

Nach RZ 119 des Schreibens sind aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten, Datensätze, elektronische Dokumente und elektronische Unterlagen die im Unternehmen entstanden oder dort eingegangen sind, auch in dieser Form aufzubewahren und dürfen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht gelöscht werden.

Diese Daten dürfen daher nicht ausschließlich in ausgedruckter Form aufbewahrt werden und müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist unveränderbar erhalten bleiben (z. B. per E-Mail eingegangene Rechnung im PDF-Format oder eingescannte Papierbelege). Somit kann festgehalten werden, dass eine einmal entstandene Datei in dieser Form aufzubewahren ist, ein Medienbuch, bei dem eine Datei (z.B. Rechnung) ausgedruckt wird, bearbeitet wird und dann durch Scannen wieder digitalisiert wird, ist unzulässig, sofern die Ursprungsdatei nicht archiviert wird.

In RZ 129 heißt es außerdem, dass der Steuerpflichtige auch berücksichtigen muss, dass entsprechende Einschränkungen in diesen Fällen zu seinen Lasten gehen können (z. B. Speicherung einer E-Mail als PDF-Datei. Die Informationen des Headers [z. B. Informationen zum Absender] gehen dabei verloren und es ist nicht mehr nachvollziehbar, wie der tatsächliche Zugang der E-Mail erfolgt ist).

Nach RZ 121 sind beispielsweise E-Mails mit der Funktion eines Handels- oder Geschäftsbriefs oder eines Buchungsbelegs in elektronischer Form aufbewahrungspflichtig. Dient eine E-Mail nur als „Transportmittel“, z. B. für eine angehängte elektronische Rechnung, und enthält darüber hinaus keine weitergehenden aufbewahrungspflichtigen Informationen, so ist diese nach Auffassung des BMF-Schreibens nicht aufbewahrungspflichtig (wie der bisherige Papierbriefumschlag).

Diese Auffassung widerspricht den allgemeinen Anforderungen der Archivierung von digitalen Dokumenten. Der Empfänger kann bei der Nur-Archivierung der elektronischen Rechnung nicht nachweisen, wann und in welchem Zustand die Rechnung eingegangen ist (Unversehrtheit des Inhalts) und ebenso auch nicht nachweisen wann und von wem (Echtheit der Herkunft) diese Datei eingegangen ist. Zumal es sich bei der E-Mail mit Anhang technisch gesehen um eine Datei handelt. Es widerspricht schon den handelsrechtlichen Grundsätzen nur Teile einer Datei zu speichern, das wäre der Anhang, die Rechnung. Es besteht daher ein Widerspruch in den Aussagen des Schreibens. Es ist weiterhin zu empfehlen die E-Mail incl. Rechnung digital und unveränderbar, d.h. im Zeitpunkt ihres Zugangs zu archivieren. Dieses vereinfachte, von der Finanzverwaltung angesprochene, Verfahren ist nur dann zulässig, wenn seitens der IT die eingehende E-Rechnung von der E-Mail gelöst und unverändert in den Workflow weitergeleitet wird. Das ist jedoch gerade bei vielen Steuerpflichtigen nicht möglich.

Vielmehr hätte auch in diesem Zusammenhang das sog. „Downloaden“ von Rechnungen im o.g. BMF-Schreiben geklärt werden müssen. Hierbei liegt –noch immer- ein „Graubereich“ vor, da beide genannten Voraussetzungen der elektronischen Rechnungen, Unversehrtheit des Inhalts und Echtheit der Herkunft, bei diesem Verfahren nicht gewährleistet sind.

Verfahrensdokumentation

Im genannten BMF-Schreiben wird eine Verfahrensdokumentation zur Erfüllung des Grundsatzes der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit, vgl. § 145 Abs. 1 AO, § 238 Abs. 1 S. 2 und S. 3 HGB, gefordert. Diese Dokumentation soll den organisatorischen und technischen Prozess der steuerrechtlichen Buchführung und Archivierung darstellen. Da der Workflow und die eingesetzte Technik sehr unterschiedlich sind, kann es hier keine standardisierten Vorgaben geben. Gleichwohl muss diese Dokumentation auch in der Praxis tatsächlich „gelebt“ werden. Daher entfalten Zertifikate über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung für die Finanzverwaltung keine Bindungswirkung gegenüber den Finanzbehörden. Es muss der Weg und die Verarbeitung des Beleges vom Zeitpunkt seiner Entstehung, seines Eingangs bis hin zur Betriebsprüfung beschrieben und dargestellt werden.


Der Autor:

Dirk J. Lamprecht

Dirk J. Lamprecht leitet seit dem Jahr 2004 die Steuerrechtsabteilung in einer Göttinger Anwalts- und Steuerkanzlei. Daneben war er von 1999 bis 2010 Lehrbeauftragter der Fachhochschule Nordhessen und ist seit 2011 Lehrbeauftragter der Hochschule Bremen in den Bereichen Steuerlehre und Rechnungslegung. Weiterhin ist er als Unternehmensberater, Dozent und Prüfer im Rahmen der IHK-Prüfung zum/zur Bilanzbuchhalter/-in (national und international) sowie als Herausgeber und Autor tätig. Beim DIHK engagiert er sich ehrenamtlich im Bereich der Abschlussprüfung zum/zur Bilanzbuchhalter/-in.

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