14.10.2021 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Um eine Ware über Amazon-Marketplace anzubieten, gibt der erste Anbieter eines Produkts seine Produktinformationen (etwa Produktnamen, Hersteller, Marke) bei Amazon ein. Er gestaltet damit das Angebot und versieht es meist mit einer Warenabbildung. Andere Verkäufer können die bei Amazon eingegebene Produktbeschreibung jedoch später ohne Zustimmung oder Einflussmöglichkeit des ursprünglichen Erstellers abändern. Hierbei kann es zu Irreführungen und anderen Rechtsverletzungen kommen, etwa, wenn die geänderte Abbildung plötzlich Zubehör zeigt, das ein Anbieter nicht mitliefert oder wenn Markennamen im Text vereinbart werden oder von Garantien die Rede ist, die nicht näher erläutert werden.
Einem Händler war dies passiert und er hatte eine Unterlassungserklärung abgegeben. Das ist in solchen Fällen gefährlich, denn als Händler hat man weitere Änderungen der Angebotsbeschreibungen nicht in der Hand.
Es kam, wie es kommen musste zu einem Verstoß und der Kläger forderte 5.000 Euro Vertragsstrafe, die der Beklagte nicht zahlen wollte. Er habe stichprobenartige Kontrollen durchgeführt und sei jeden Tag mit Kontrollen seiner über 5000 Angebote beschäftigt gewesen.
Das Kammergericht (KG) Berlin gab dem Kläger dennoch Recht und wies in einem Beschluss auf die Zahlungspflicht hin (KG Berlin, Beschluss vom 21.06.2021, Az. 5 U 3/20). Es stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des BGH im Markenrecht bei Amazon. Danach ist eine regelmäßige Prüfung zumutbar (BGH, Urt. v. 03.03.2016, Az. I ZR 140/14).
Der Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass er seinen Prüfungspflichten nachgekommen ist. Die Vornahme bloßer Stichproben genügt nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das System, nach dem die Stichproben genommen werden, nicht sicherstellt, dass in einem angemessenen Zeitraum jedes Angebot, das dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum auf der Plattform eingestellt wird, zum Gegenstand einer Prüfung gemacht wird. Dazu trägt der insoweit darlegungsbelastete Beklagte nichts vor.
Der Beklagte hatte also nicht sein Prüfsystem dargelegt. Tatsächlich erschien es ihm wohl zu aufwändig.
Jedenfalls wandte er ein, die gebotene Prüfung sei zu kostenintensiv. Das interessierte die Richter jedoch wenig.
So ist hier vielmehr in erster Linie zu bedenken, dass der Beklagte sich bewusst für den Vertriebsweg über solche Plattformanbieter entschieden hat, die eine nachträgliche Abänderung der eingestellten Angebote durch Dritte zulassen. Die wirtschaftlichen Nachteile, die sich daraus ergeben mögen, dass der Beklagte jene Prüfungen sicherzustellen hat, sind letztlich die Kehrseite jener unternehmerischen Entscheidung und müssen vom Beklagten hingenommen werden (vgl. zu dieser Wertung auch BGH, Urt. v. 03.03.2016 - I ZR 110/15, GRUR 2016, 961 Rn. 37 - Herstellerpreisempfehlung bei Amazon).
Auch die Höhe der verlangten Vertragsstrafe fanden die Richter in Ordnung. Bei einem Vertragsstrafeversprechen nach dem sog. Hamburger Brauch darf der Gläubiger die Höhe der Vertragsstrafe festsetzen und ein Gericht prüft die Billigkeit (BGH, Urt. v. 31.05.1990 - I ZR 285/88, GRUR 1990, 1051 - Vertragsstrafe ohne Obergrenze). Der Unterlassungsgläubiger hat bei der Bestimmung einen Ermessensspielraum. Das KG dazu:
„…die Bestimmung ist erst dann durch das Gericht zu ersetzen, wenn die von § 315 Abs. 3 BGB - mit dem Hinweis auf die Billigkeit - gezogenen Grenzen überschritten sind, nicht dagegen schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält (BGH, Urt. v. 19.05.2005 - I ZR 299/02, BGHZ 163, 119 = GRUR 2005, 757, 760 - PRO-Verfahren). Im Rahmen von § 315 Abs. 3 BGB besteht damit nur ein beschränktes Kontrollrecht und kein Nachbesserungsrecht dahingehend, die Ermessensentscheidung des primär Bestimmungsberechtigten durch eine eigene, für besser und billiger gehaltene zu ersetzen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.12.2015 - 4 U 191/14, GRUR-RR 2016, 92 Rn. 31).
Das Gericht schloss sich der Ansicht an, dass im Geschäftsbereich normaler wirtschaftlicher Bedeutung die Spanne einer ausreichenden Vertragsstrafe grundsätzlich zwischen 2.500,00 Euro bis 10.000,00 Euro zu bemessen ist (vgl. OLG Celle Urt. v. 05.12.2013 - 13 W 77/13, BeckRS 2014, 8331 Rn. 10).
Die Richter sahen hier keine „durchgreifenden Gründe, die für eine andere Beurteilung sprechen“. Insbesondere der Umsatz von jährlich (nur) 50.000 Euro sei kein Grund für eine abweichende Beurteilung und es habe sich um zwei Verstöße gehandelt.
Die Rechtsprechung bleibt streng bei geänderten Amazon Angeboten und es kann teuer werden, hier Unterlassungserklärungen abzugeben. Dem Beschluss ist zu entnehmen, dass es jeder selber schuld ist, wer eine Plattform wählt, bei der solche nachträglichen Angebotsänderungen möglich sind.
Themen
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