17.11.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs).
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sieht vor, dass Gefährdungen bei der Arbeit zum Schutz der Arbeitenden vermieden werden. Grundsätzlich sind alle Arbeitgeber verpflichtet, sogenannte Gefährdungsbeurteilungen (GBU) durchzuführen und geeignete Maßnahmen zum Arbeitsschutz daraus abzuleiten. Anhand der GBU sollen jedoch nicht nur mögliche Beeinträchtigungen der körperlichen Gesundheit abgeschätzt werden. Seit 2013 sind Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit explizit mit aufgeführt. „Psychologinnen und Psychologen mit einer Qualifikation in Arbeits- und Organisationspsychologie verfügen über die notwendige Expertise für Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen“ sagt Conny Antoni, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. In einem aktuell vom DGPs-Vorstand verabschiedeten Positionspapier werden zentrale Anforderungen an Gefährdungsbeurteilungen aus arbeits- und organisationspsychologischer Sicht definiert.
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz: damit sind alle Einflüsse gemeint, die von außen auf die arbeitende Person psychisch einwirken. Das können Einflüsse sein, die aus der Arbeitsaufgabe resultieren, wie zum Beispiel das Ausmaß an Verantwortung oder die Schwierigkeit der Aufgabe. Aber auch die Arbeitsorganisation (zum Beispiel das Ausmaß an zeitlichem Druck) beeinflusst die arbeitende Person.
Psychische Belastungen führen zu psychischen Beanspruchungen. Sie können positive und negative Folgen haben. Positive Folgen sind zum Beispiel erhöhte Aktivierung und Lernzugewinn beim Arbeitenden. Sie können sich aber auch negativ auswirken, wenn beispielsweise der Zeitdruck bei der Arbeit zu groß ist und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Hier spricht man dann von Fehlbelastungen. Fehlbelastungen gilt es zu reduzieren oder zumindest in einem vertretbaren Ausmaß gering zu halten. Ähnlich wie bei der Beurteilung der zulässigen körperlichen Belastung müssen die psychischen Belastungen also ermittelt und gesundheitsgefährdende Grenzüberschreitungen beurteilt werden.
Arbeitgeber können Gefährdungsbeurteilungen selbst durchführen oder Dritte damit beauftragen. Die verantwortungsvolle Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen ist mit komplexen Anforderungen verbunden, die fundiertes Fachwissen und Prozesskompetenzen erfordern. Wann zum Beispiel ist die Belastung zu hoch oder zu niedrig, wann werden Ober- oder Untergrenzen überschritten? „Arbeits- und organisationspsychologisches Fachwissen ist eine wesentliche Grundlage für die qualifizierte Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen“ sagt Conny Antoni. „In unserem aktuell verabschiedeten Positionspapier definieren wir die hierzu erforderlichen Kompetenzen, über die Verantwortliche für die Durchführung und Beurteilung verfügen müssen. Nur fundiertes psychologisches Wissen ermöglicht es, qualitativ hochwertige Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen durchzuführen, von denen letztlich Beschäftigte und Arbeitgeber profitieren.“
In der Praxis werde den Akteuren laufend abverlangt, Kompromisse einzugehen, so der DGPs-Präsident. Während in Großbetrieben häufig die für eine sorgfältige Gefährdungsbeurteilung erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden können, mangelt es in Klein- und Mittelbetrieben an Ressourcen, an Wissen und Erfahrung, und Beratungsmöglichkeiten sind unzureichend. Mangelndes arbeitspsychologisches Know-How muss dann durch externe Beratung ergänzt werden. Häufig kommen hier allerdings sehr einfache Verfahren und Checklisten zur Gefährdungsbeurteilung zum Einsatz. „Wir wissen aus langjähriger Erfahrung, dass es nur mit ausreichender Expertise und fachlichen Kenntnissen möglich ist, Vereinfachungen sachgemäß vorzunehmen“, sagt Conny Antoni. „Wir legen daher allen Entscheidungsträgern nachdrücklich nahe, zur Vermeidung von Fehlbeanspruchungen die Expertise von Psychologinnen und Psychologen bei Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen zu nutzen.“
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