14.04.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: DFK - Verband für Fach- und Führungskräfte.
Für viele Mitarbeiter*innen ist es das erste Mal, komplett von zuhause zu arbeiten. Die ungewohnte Situation ist Ausgangspunkt für unterschiedliche Konflikte. Zumal, wenn etwa Kinderbetreuung dazukommt. „Eine schwierige und herausfordernde Zeit für Führung, die aber auch die Möglichkeit gibt, über den Tellerrand hinauszuschauen und einen neuen Führungsstil zu entwickeln“, sagt Nils Schmidt, Vorstand DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte.
Viele stellen sich Führung im Homeoffice einfach vor: Vom Sofa aus das Team dirigieren und per Telefon nach dem Befinden fragen. Die Realität sieht meist anders aus: Zuhause ist man selten darauf eingestellt, längere Zeit zu arbeiten. Das Setting oftmals suboptimal. Das erzeugt bei Mitarbeiter*innen und Führungskräften vielfach Stress. Hinzu kommt, dass feste Kommunikationslinien durchbrochen sind und sich Teams neu sortieren müssen.
Manche Mitarbeiter*innen bekommen das Gefühl, dass sie übersehen oder ihre Meinung nicht mehr gehört wird. „In diesen Zeiten merkt man, wie wichtig der persönliche Austausch in der Kaffeeküche ist. Weil eben auch berufliche Themen hier schnell und unbürokratisch besprochen werden können“, so Nils Schmidt weiter. Führungskräfte müssen diesen Stress auffangen. Nicht nur, weil er der Produktivität entgegensteht, sondern auch, weil ernsthafte Konflikte untereinander entstehen können. Sie sind in der derzeitigen Situation deutlich mehr gefordert.
Der DFK hat für Fach- und Führungskräfte einige Tipps zusammengestellt, um die „Problemzonen“ zu reduzieren.
Das Team „trifft“ sich virtuell zu festen Terminen und nach festen Regeln. Dabei geht es auch um eine feste Struktur, die für Zusammenhalt sorgt. Wichtig für die Leitung dieser Termine ist, alle Mitglieder einzubinden und einzubeziehen, sagt Führungsexperte Schmidt: „Zurückhaltende Mitarbeiter werden in Telefonkonferenzen bestimmt nicht mehr sprechen als im normalen Leben. Gerade in virtuellen Meetings setzen sich diejenigen durch, die auch sonst zuerst das Wort ergreifen. Introvertierte Menschen werden hier schnell abgehängt, weil sie nicht so leicht zu Wort kommen. Sie nehmen die Situation so wahr, dass ihre Meinung oder sie selbst nicht zählen.“
Bei einer offenen Tür sieht man direkt, was die betreffende Person tut und kann ggfs. später wiederkommen. Bei Telefon, Skype und Co. merkt man nur, dass man niemanden erreicht. Was viele frustriert, wenn sie nicht (wie gewohnt) sprechen und sich austauschen können. Schmidt rät: „Wenn es die Teamgröße zulässt, sollte man mit jedem einen festen bzw. ständigen Termin einplanen. Und wenn man nur über persönliche Dinge spricht. Im Homeoffice ist die Führungskraft die einzige Verbindung zum Unternehmen. Jede Information fließt über sie. Es gibt keine Gespräche auf dem Gang oder Aushänge in der Kantine.“ Dabei sollte man den Kanal wählen, den die jeweilige Person vorschlägt. Nicht jede*r sitzt gerne vor einer laufenden Kamera und zieht daher ein Telefonat vor. Wenn das Team zu groß ist, sollte man auf jeden Fall das Angebot zum Gespräch machen. Und dies bei jedem virtuellen Meeting wiederholen.
„Führung“ so betont DFK-Vorstand Schmidt, „ist immer auch Selbstmanagement bzw. Selbstführung. Mitarbeiter*innen merken das. Jogginghose in der Videokonferenz, wenn man sonst Anzug oder Kostüm trägt, macht eine Führungskraft nicht menschlich. Sie sendet eher die Botschaft, dass Team und Arbeit nicht wichtig sind.“ Verlässlichkeit ist ein großer Faktor, eben weil die Führungskraft das Unternehmen repräsentiert. Die Mitarbeiter*innen sind jetzt die Top-Priorität. Lassen Sie sie das spüren. Auch wenn eigene Projekte darunter vielleicht leiden.
Gerade Kontrollfreaks haben es bei der Arbeit im Homeoffice schwer. Zeit also, den Mitarbeiter*innen zu vertrauen – und ihnen Zeit zu geben. Dinge werden nicht im gleichen Tempo erledigt wie man es aus dem „physischen Büro“ gewohnt ist. „Um so wichtiger, wenn man Ziele bespricht und vereinbart“, sagt DFK-Vorstand Schmidt. „Dann können die Mitarbeiter*innen Dinge so tun, wie es für sie am besten passt. Vor allem wenn Kinder betreut werden müssen.“ Zusätzlich sollten Führungskräfte auch ganz offen mit ihrer eigenen ungewohnten Situation umgehen. „Das Thema ‚Zeit geben‘ geht in beide Richtungen“, so der DFK-Vorstand. „Mitarbeiter*innen haben dann auch Verständnis, wenn es bei der Führungskraft mal nicht ganz rund läuft.“
Man kann nicht nicht kommunizieren, sagt Watzlawick. Und jedes Treffen auf dem Gang, jeder Blick ist Kommunikation untereinander, die jetzt entfällt. „Umso wichtiger, dass Ihre Mitarbeiter*innen von Ihnen die Rückmeldung erhalten, die sie brauchen“, empfiehlt Schmidt. „Bestenfalls positiv, aber immer konstruktiv. Und deutlich mehr, als sie es im Büro tun würden“, so der Führungsexperte weiter.
Die Führungskraft ist für die Mitarbeiter*innen der Kontakt, die Brücke zum Unternehmen. Daher muss sie jegliche Information möglichst schnell und umfassend weitergeben. Und auch kommunizieren, wenn es nichts Neues gibt. „Sollten Ihre Mitarbeiter*innen das Gefühl haben, sie werden nicht informiert, kommt Unruhe ins Team. Leider ein guter Nährboden für Konflikte“, sagt Schmidt.
Trotz aller Mühe wird an einigen Stellen der Streit unvermeidlich sein. Auch hier muss die Führungskraft schnell reagieren. Sofort Termine für eine Aussprache vereinbaren und zuerst in Einzelgesprächen Sachverhalt klären. „Auch wenn es sich für einen Moment so anfühlt: Als Führungskraft ist man in dieser Situation auch nicht hilfloser als man es im Büro wäre“, sagt DFK-Vorstand Schmidt. „Das sollte man sich vor einem Gespräch vor Augen führen und für sich selbst eine entspannte Situation vor einem Gespräch herbeiführen. Die gute Nachricht“, so Schmidt, „ist, dass es eine Weile dauern wird, bis man nach einem Streit wieder physisch aufeinandertrifft.“
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