26.08.2015 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Taylor Wessing Deutschland.
Nicht selten ärgern sich Arbeitgeber über aus ihrer Sicht überflüssige Beschlussverfahren des Betriebsrats. Umso mehr ärgert es viele Arbeitgeber, wenn sie dann auch noch die Anwaltskosten des Betriebsratsanwalts zu tragen haben. In dem Beschluss vom 18.03.2015 geht das BAG detailliert auf die Frage ein, welche Anwaltskosten des Betriebsratsanwalts der Arbeitgeber zu tragen hat, und insbesondere, inwiefern ein Betriebsratsbeschluss für die Einleitung des Beschlussverfahrens und für eine etwaige Beschwerde vorliegen muss.
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Das BAG hatte über die Frage zu entscheiden, inwiefern die Arbeitgeberin abgetretene Rechtsanwaltskosten zu erstatten habe, die den Antragstellern als Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats in zwei Beschlussverfahren entstanden waren.
Die erste Forderung betraf die Vertretung in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Aufhebung der Versetzung eines Betriebsratsmitgliedes verlangt hatte. Das Arbeitsgericht hatte den Antrag abgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde ist vom LAG zurückgewiesen worden. Der Betriebsrat hatte keinen ausdrücklichen Beschluss zur Einlegung der Beschwerde gefasst.
Die zweite Forderung betraf ein Beschlussverfahren über die Errichtung einer Einigungsstelle wegen einer vom Betriebsratsvorsitzenden erhobenen Beschwerde. Vor Einleitung des Beschlussverfahrens hatten die Betriebsparteien außergerichtlich korrespondiert und die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mitgeteilt, dass sie sich mit dem Betriebsratsvorsitzenden in Verbindung setzen werde, um eine gemeinsame und zufriedenstellende Lösung zu erarbeiten. Ohne weitere Ankündigung beauftragte der Betriebsrat die Rechtsanwälte mit der Einleitung eines Beschlussverfahrens zur Errichtung der Einigungsstelle. Unmittelbar nach Einleitung des Einigungsstellenerrichtungsverfahrens einigten sich die Betriebsparteien außergerichtlich und das Verfahren wurde vom Arbeitsgericht nach § 83a ArbGG eingestellt.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG wiesen den Antrag der Rechtsanwälte auf abgetretenem Recht auf Erstattung der Anwaltskosten als unbegründet ab.
Die Anwälte des Betriebsrats waren auch in dritter Instanz unterlegen. Zwar gehören zu den nach § 40 Abs. 1 BetrVG vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten auch die Kosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung der Betriebsrat in Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte für erforderlich halten durfte. Die Prüfung der Erforderlichkeit habe der Betriebsrat jedoch nicht allein anhand seiner subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Er dürfe bei der Wahl seiner Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht nicht missachten. Er habe wie jeder, der auf Kosten eines anderen handeln kann, die Maßstäbe einzuhalten, die er gegebenenfalls bei eigener Kostentragung anwenden würde, wenn er selbst beziehungsweise seine beschließenden Mitglieder die Kosten tragen müssten.
Der Arbeitgeber habe nur diejenigen Kosten einer anwaltlichen Tätigkeit zu tragen, die auf einer Beauftragung aufgrund eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses zurückgehen. Eines Beschlusses bedürfe es nicht nur vor der erstmaligen Beauftragung eines Anwalts, sondern grundsätzlich auch, bevor dieser im Namen des Betriebsrates ein Rechtsmittel einlege. Eine Pflicht zur Tragung der Rechtsanwaltskosten für ein Rechtsmittel wird ohne entsprechenden Beschluss grundsätzlich nicht ausgelöst. Nicht zuletzt im Kosteninteresse des Arbeitgebers müsse der Betriebsrat prüfen, ob und gegebenenfalls mit welchen Argumenten ein Rechtsmittel gegen eine zu seinen Lasten ergangene Entscheidung erfolgversprechend sei. Ob das Verfahren in der nächsten Instanz fortgesetzt werden solle, könne der Betriebsrat nicht bereits bei der Einleitung des Verfahrens, sondern erst dann beurteilen, wenn er die Gründe der anzufechtenden Entscheidung kenne und sich damit auseinandergesetzt habe. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz komme allenfalls dann in Betracht, wenn es der Betriebsrat wegen der besonderen Bedeutung der Angelegenheit von vornherein für geboten und erfolgversprechend halten darf, einen Rechtsstreit durch alle Instanzen zu führen, oder wenn gegen eine zu Gunsten des Betriebsrats ergangene Entscheidung vom Prozessgegner ein Rechtsmittel eingelegt werde. Da der Betriebsrat keinen Beschluss für das Beschwerdeverfahren gefasst habe, müsse die Arbeitgeberin die Kosten des Betriebsratsanwalts für die Beschwerde nicht tragen.
Darüber hinaus sei die Arbeitgeberin auch nicht verpflichtet, die Kosten für das Einigungsstellenerrichtungsverfahren zu tragen. Die Einleitung dieses Beschlussverfahrens sei nicht nach § 40 Abs. 1 BetrVG erforderlich gewesen. Die Rechtsverfolgung sei insoweit mutwillig gewesen. Für die Bildung einer Einigungsstelle nach § 99 ArbGG (nunmehr § 100 ArbGG n.F.) fehle grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse, wenn die Betriebsparteien in einer beteiligungspflichtigen Angelegenheit nicht den nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorgesehenen Versuch einer gütlichen Einigung unternommen haben, sondern sofort die Einigungsstelle anrufen. Da der Betriebsrat die Arbeitgeberin nicht über seine Absicht informiert habe, von seinem Antragsrecht nach § 85 Abs. 2 BetrVG Gebrauch zu machen und die Einigungsstelle anzurufen, habe das Rechtsschutzinteresse gefehlt und die Rechtsverfolgung war insoweit mutwillig.
Die Entscheidung ist insofern aufschlussreich, als sie zwei in der Praxis häufig anzutreffende Sachverhaltskonstellationen betrifft.
Oftmals fasst der Betriebsrat noch einen ordnungsgemäßen Beschluss zur Einleitung des Beschlussverfahrens. Nicht selten fehlt jedoch ein Betriebsratsbeschluss zur Einlegung der Beschwerde. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber überlegen, ob er die Erstattung der Kosten des Betriebsratsanwalts aus formalen Gründen ablehnt. Ob ein Arbeitgeber dieses formale Argument benutzt, wird sicherlich auch davon abhängen, wie das Verhältnis zum Betriebsrat insgesamt ist und ob der Arbeitgeber nachvollziehen kann, warum der Betriebsrat das Beschlussverfahren eingeleitet und eine Beschwerde eingelegt hat.
Auch die zweite Sachverhaltskonstellation ist sehr praxisrelevant. Das BAG hat klargestellt, dass der Betriebsrat bei einem Beschlussverfahren auf Errichtung einer Einigungsstelle vorher den Versuch einer gütlichen Einigung unternommen haben muss. Anderenfalls fehlt das Rechtsschutzinteresse und der Arbeitgeber muss auch die Rechtsanwaltskosten für die Einleitung eines solchen Einigungsstellenerrichtungsverfahrens nicht tragen.
Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 18.03.2015 (Az: 7 ABR 4/13)
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