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Frauenquote: Gesetzesvorhaben lässt viele Fragen

25.04.2014  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hans Böckler Stiftung.

Das von der Bundesregierung geplante Gesetz über eine verbindliche Frauenquote in den Vorständen und Aufsichtsräten von Unternehmen würde nach den derzeit vorliegenden Leitlinien der Ministerien für 101 Firmen in Deutschland gelten. Nur fünf davon würden die dort vorgesehene 30-%-Geschlechterquote im Aufsichtsrat bereits erfüllen.

Diese kleine Zahl hängt in erster Linie mit dem geringen Frauenanteil unter den Vertretern der Kapitaleigner zusammen. Damit die diskutierte Quote bis 2016 in allen derzeit vom geplanten Gesetz erfassten Unternehmen erfüllt würde, müssten auf den Anteilseignerbänken 142 männliche Aufsichtsräte ihren Sitz für Frauen räumen.

Auf der Arbeitnehmerbank ist der Frauenanteil bereits heute deutlich höher: Hier müssten nur 91 Mandate bis 2016 neu mit Frauen besetzt werden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Untersuchung von Mitbestimmungsfachleuten der Hans-Böckler-Stiftung. Die Experten attestieren den Leitlinien zum Gesetz allerdings auch wesentliche Defizite: Der Geltungsbereich sei willkürlich gezogen und die geplanten Quoten-Vorschriften für betriebliche Arbeitnehmer-Vertreter ignorierten betriebliche Realitäten.

Laut Gesetzes-Leitlinien soll die Quote für „voll mitbestimmte börsennotierte“ Unternehmen gelten. Das Begriffspaar „voll mitbestimmt“ ist zwar juristisch bislang nicht eindeutig definiert, meint aber Unternehmen, deren Aufsichtsräte jeweils zur Hälfte mit Vertretern der Kapitaleigner und der Beschäftigten besetzt sind. Davon gibt es in Deutschland 101, die gleichzeitig börsennotiert sind – von A wie Adidas AG bis W wie Wüstenrot und Württembergische AG. Hinzu kommen sieben paritätisch mitbestimmte Europäische Aktiengesellschaften (SE). Für die SEs könne der deutsche Gesetzgeber nach Europarecht zumindest für die Arbeitnehmerseite aber keine Quote vorschreiben, betonen die Studienautoren Marion Weckes und Lasse Pütz.

Dax 30: Mehr als 60 % der Frauen in den Aufsichtsräten sind Arbeitnehmervertreterinnen

Ende 2013 kamen in den 30 Unternehmen des Dax auf 449 männliche Aufsichtsräte 115 Aufsichtsrätinnen. Knapp 62 % davon, insgesamt 71, waren Arbeitnehmervertreterinnen.

Auch die Detailauswertung unter den 101 Unternehmen, für die nach den aktuellen Regierungsplänen künftig die Quote gelten soll, zeigt eine breitere Repräsentation von Frauen auf den Arbeitnehmerbänken. Nur fünf Unternehmen erfüllten am 31.12.2013 bereits das Quoten-Kriterium, nach dem auf beiden Seiten des Aufsichtsrats je mindestens 30 % weibliche Mitglieder vertreten sein sollen: Die Deutsche Bank, Beiersdorf, Cewe, Henkel sowie die Telefonica Deutschland. In insgesamt 18 Unternehmen saßen aber auf der Arbeitnehmerseite schon mehr Frauen als zur Erfüllung der Quote erforderlich wären. Für die Bank der Kapitaleigner galt das in nur einem Unternehmen.

Beispiel Betriebsratswahl: Geschlechteranteil in der Belegschaft maßgeblich

Zwar stieg auch auf der Kapitalseite der Frauenanteil in den Aufsichtsräten während der vergangenen Jahre an. Doch insgesamt „haben die Arbeitnehmer mehr für die Geschlechtergerechtigkeit in den Aufsichtsgremien getan als die Anteilseignerseite“, schreiben die Experten. Gleichwohl sei eine feste Quote bei der Wahl von betrieblichen Arbeitnehmervertrerinnen und -vertretern problematisch, geben Pütz und Weckes zu bedenken. Schließlich seien weibliche und männliche Beschäftigte in den Belegschaften zum Teil unterschiedlich stark vertreten. „Die Arbeitnehmervertreterinnen rekrutieren sich aus der Belegschaft. Deshalb wäre es geboten, die Geschlechteranteile in der Belegschaft angemessen zu berücksichtigen“, schreiben die Forscher. In diesem Punkt griffen die Leitlinien der Ministerien zu kurz, kritisieren sie.

Als bessere Lösung verweisen die Fachleute auf die Regelungen im Betriebsverfassungsgesetz, die sich bei der Quotierung von Betriebsratsgremien daran orientieren, wie viele Frauen und wie viele Männer im Betrieb arbeiten. „Der Gesetzgeber wäre gut beraten, wenn er solche erfolgreich praktizierten Regelungen berücksichtigt“, betonen Weckes und Pütz.

Und noch an einem zweiten Punkt sehen die Fachleute der Hans-Böckler-Stiftung die Gesetzes-Leitlinien kritisch: Die Bindung an das doppelte Kriterium Börsennotierung und paritätische Mitbestimmung erscheine „in seiner Kombination willkürlich.“ Eine angemessene Repräsentation von Frauen in den Entscheidungsgremien sei „ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, das nicht auf eine Mitbstimmungsform des Aufsichtsrats in Kombination mit der Börsennotierung der Unternehmen reduziert werden kann“, schreiben sie. Deutlich angemessener sei es, eine Quote ab einer bestimmten Größe für alle börsennotierten Unternehmen vorzugeben, um auch die Unternehmen einzubeziehen, die nicht mitbestimmt sind.

Weitere Informationen:
Lasse Pütz und Marion Weckes: Geschlechterquote für mehr Frauen in den Aufsichtsräten – vor allem Anteilseigner sind gefordert (pdf). Auswertung der Abteilung Mitbestimmungsförderung, April 2014.


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