18.07.2017 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr (2012) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Arbeitgeberin stellte dem Kläger im Streitjahr nacheinander zwei Dienstwagen zur Verfügung, die der Kläger auch für private Fahrten nutzen durfte. Die Arbeitgeberin schloss für die Dienstwagen sog. Fullservice-Leasingverträge ab und übernahm eine monatliche Leasingrate von 500 €. Soweit die tatsächlichen Leasingraten des jeweiligen Dienstwagens den Betrag von monatlich 500 € überstiegen, hatte der Kläger nach der Dienstwagenvereinbarung im Innenverhältnis zu seiner Arbeitgeberin den übersteigenden Anteil, im Streitjahr 3.239,14 €, zu tragen.
Die Abrechnung erfolgte über die jeweiligen Entgeltabrechnungen. Die Arbeitgeberin ermittelte den geldwerten Vorteil aus der Überlassung der Dienstwagen zur Privatnutzung beim Lohnsteuerabzug nach der 1 %-Regelung und ab Oktober des Streitjahrs auch nach der 0,03 %-Regelung hinsichtlich der Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Von dem sich danach ergebenden Wert brachte die Arbeitgeberin die Eigenleistungen des Klägers in Abzug und behandelte lediglich die Differenz in Höhe von 6.368,24 € als lohnsteuerpflichtiges Entgelt (Bruttoarbeitslohn), das sie dem Lohnsteuerabzug unterwarf. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung begehrte der Kläger, den geldwerten Vorteil aus der Dienstwagenüberlassung nach der Fahrtenbuchmethode zu berechnen. Hiernach sei ein Wert von 2.973,31 € für die private Nutzung der Dienstwagen und für die Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen. Von diesem Betrag seien die Zuzahlungen zu den Leasingraten in Höhe von 3.239,14 € in Abzug zu bringen. Außerdem sei der Bruttoarbeitslohn des Klägers um den nach der 1 %-Regelung und der 0,03 %-Regelung ermittelten Betrag in Höhe von 6.368,24 €, insgesamt also um 6.634,07 €, zu kürzen.
Das FA verminderte den Bruttoarbeitslohn des Klägers demgegenüber lediglich um 3.394,93 € (2.973,31 EUR - 6.368,24 EUR). Die Zuzahlungen des Klägers zu den Leasingraten seien ausweislich der Gehaltsabrechnungen bereits bei der Bemessung des pauschalen Nutzungswerts vorteilsmindernd in Ansatz gebracht worden. Das FG wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab.
Die Revision ist begründet (BFH Urteil vom 15.2.2017, VI R 50/15). Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob das FG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Nach ständiger Rechtsprechung führt die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Zufluss von Arbeitslohn i.S. von § 19 EStG. Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entweder mit der 1 %-Regelung oder mit der Fahrtenbuchmethode zu bewerten. Beide vom Gesetz vorgegebenen Alternativen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs regeln einheitlich und abschließend, welche Aufwendungen von dem gefundenen Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die dem Steuerpflichtigen hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden. Sowohl die 1 %-Regelung als auch die Fahrtenbuchmethode stellen lediglich unterschiedliche Wege zur Bewertung dieses Vorteils bereit. Als Spezialvorschriften zu § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sperren sie, soweit ihr Regelungsgehalt reicht, den Rückgriff auf die dort geregelte Bewertung von Sachbezügen im Übrigen.
Das FG ist (in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beteiligten) davon ausgegangen, dass der Vorteil aus der Überlassung der Dienstwagen im Streitfall nach der Fahrtenbuchmethode zu bewerten sei. Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen diese Annahme jedoch nicht. Dies stellt einen materiell-rechtlichen Fehler der Vorentscheidung dar, den der BFH als Revisionsgericht auch ohne entsprechende Rüge eines Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen hat. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) kann der Wert nach den Sätzen 2 und 3 der Vorschrift, also der Wert der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten und für die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird.
Das FG hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob das vom Kläger für das Streitjahr geführte Fahrtenbuch ordnungsgemäß war. Ohne diesbezügliche Feststellungen durfte das FG materiell-rechtlich jedoch nicht annehmen, dass der Vorteil aus der Nutzungsüberlassung der Dienstwagen nach der Fahrtenbuchmethode zu bewerten sei.
Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ist durch die BFH-Rechtsprechung dahingehend präzisiert, dass nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder (wenn ein solcher nicht vorhanden ist) den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügen allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind.
Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wenn jedoch der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen wird, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist.
Das FG hat nicht geprüft, ob das Fahrtenbuch des Klägers diesen Anforderungen entsprach. Der Senat kann aufgrund fehlender tatsächlichen Feststellungen des FG auch nicht selbst beurteilen, ob das Fahrtenbuch des Klägers ordnungsgemäß war. Denn das FG hat dessen Inhalt nicht (auch nicht durch Bezugnahme auf das sich bei den Steuerakten befindliche Fahrtenbuch) festgestellt. Der Senat weist diesbezüglich für den zweiten Rechtsgang allerdings darauf hin, dass gegen die Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs unter verschiedenen Gesichtspunkten durchgreifende Bedenken bestehen können. So beschränken sich z.B. die Angaben zu den Fahrtzielen auf bloße und ihrerseits wiederum abgekürzte Ortsnamen ohne Angabe einer bestimmten Adresse. Aufgesuchte Geschäftspartner oder Kunden sind ebenfalls regelmäßig nur mit Abkürzungen angegeben. Ob sich deren Namen und vollständige Anschriften im Hinblick auf die im Fahrtenbuch nicht genau bezeichneten Fahrtziele auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lassen, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind, kann der Senat im Streitfall mangels diesbezüglicher tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanz ebenfalls nicht beurteilen.
Sollte das FG im zweiten Rechtsgang erneut zu der Auffassung gelangen, dass der geldwerte Vorteil aus der Nutzung der Dienstwagen nach der Fahrtenbuchmethode zu bewerten ist, kann das FG die Klage indessen nicht mit der bisherigen Begründung insgesamt abweisen. Aus anderen BFH Entscheidungen ergibt sich, dass der vom Kläger an seine Arbeitgeberin gezahlte Eigenanteil hiernach den Wert des geldwerten Vorteils aus der Dienstwagenüberlassung bis zu einem Betrag von 0 € mindert. Der Ansatz eines (negativen) geldwerten Vorteils (geldwerten Nachteils) aus der Dienstwagenüberlassung scheidet aus.
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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