09.11.2021 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bertelsmann Stiftung.
Allerdings spielt sie für Unternehmen weiterhin nur eine untergeordnete Rolle.
Deutsche Unternehmen berichten von einem noch größeren Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, als vor Jahresfrist angenommen. In einer aktuellen Civey-Umfrage im Auftrag unserer Stiftung mit einer Stichprobe von 7.500 befragten Unternehmensentscheider:innen gaben zwei Drittel (66 Prozent) an, dass bei ihnen momentan Fachkräfteengpässe bestehen. In unserem Fachkräftemigrationsmonitor von Ende 2020 hatte etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (54 Prozent) die Erwartung geäußert, dass ihnen in diesem Jahr Personal fehlen wird.
Die Lage unterscheidet sich je nach Branche, Region, Berufsbild und Qualifikation. Insbesondere fällt auf, dass die Fachkräftelücke bei Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung am größten ist: 48 Prozent der befragten Unternehmen berichten hier von einem Mangel, während nur 27 Prozent über fehlende Akademiker:innen klagen. Mit Blick auf die Branchen zeigt sich, dass der Pflegebereich sowie der Gesundheitssektor insgesamt besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen sind. Regional betrachtet, bestehen Engpässe in allen Bundesländern. Etwas stärker fallen sie in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aus, tendenziell weniger ausgeprägt sind sie in Berlin, Bremen und im Saarland.
Mit einer Trendwende ist den Ergebnissen zufolge nicht zu rechnen, im Gegenteil: 67 Prozent der befragten Unternehmen gehen davon aus, im kommenden Jahr über weniger Fachkräfte zu verfügen, als sie benötigen.
Fachkräfteengpässe verschärfen sich weiter und ein Ende ist nicht in Sicht. Wir als Gesellschaft brauchen nachhaltige Lösungen, um den demografischen Wandel und die sozial-ökologische Transformation zu meistern. Dabei spielt Zuwanderung neben Aus- und Weiterbildung eine wichtige Rolle.
Matthias Mayer, Migrationsexperte der Bertelsmann Stiftung
Allerdings setzen nur 16 Prozent der befragten Unternehmen auf die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. Eine viel größere Rolle spielen die Ausbildung im eigenen Betrieb, gute Modelle zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Weiterbildungsmöglichkeiten. Die Zurückhaltung hat verschiedene Gründe. Am häufigsten führen die Unternehmen sprachliche Barrieren, die schwierige Einschätzung ausländischer Qualifikationen sowie falsche Vorstellungen der Bewerber:innen an. Zwar lassen die Daten erkennen, dass es im Vergleich zur Vorjahresumfrage leichte Verbesserungen auf diesen Gebieten gibt. Aber: "Hürden zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte bestehen trotz erheblicher Fortschritte weiterhin", sagt Matthias Mayer.
Dabei bietet das Anfang 2020 verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz aus Sicht des Experten eine gute Grundlage. Es komme entscheidend darauf an, die darin verankerten Instrumente endlich konsequent und praxistauglich umzusetzen – beispielsweise im Ausland erworbene Kompetenzen nachvollziehbarer zu machen und einfacher anzuerkennen. "Gerade die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften mit abgeschlossener Ausbildung zeigt: Deutschland sollte die Möglichkeiten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes noch besser nutzen, um sich viel gezielter um ausländische Fachkräfte mit mittlerer Qualifikation für diejenigen Branchen bemühen, in denen der Mangel besonders groß ist", sagt Mayer.
Einen wesentlichen Beitrag hierzu können Ausbildungspartnerschaften zwischen der Bundesrepublik und anderen Ländern liefern. Sie dienen dem Ziel, ausländische Qualifikationen besser mit dem deutschen System der dualen Berufsausbildung zu vereinbaren sowie das gegenseitige Verständnis von Betrieben und zuwanderungswilligen Arbeitskräften zu verbessern. Auch 57 Prozent der befragten Unternehmen fänden es hilfreich, wenn es mehr transnationale Vereinbarungen zur Vermittlung oder Ausbildung von Fachkräften gäbe. Unsere Stiftung engagiert sich seit einigen Jahren auf diesem Gebiet und begleitet Projekte mit verschiedenen Ländern, zum Beispiel mit den Philippinen im Pflegebereich.
Bild: Ketut Subiyanto (Pexels, Pexels Lizenz)
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