30.11.2011 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesverfassungsgericht.
Es wird in Höhe von 67 % des in den zwölf Monaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 € monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Erwerbseinkommen erzielt. Die Beschwerdeführerin widmet sich der Erziehung ihrer fünf Kinder, während ihr Ehemann erwerbstätig ist. Für ihr 2007 geborenes Kind wurde ihr Elterngeld lediglich in Höhe des Mindestbetrages in Höhe von 300 € gewährt. Ihre Klage auf Gewährung von Elterngeld in Höhe des Maximalbetrages von 1.800 € blieb bis zum Bundessozialgericht erfolglos. Die Beschwerdeführerin sieht sich hierdurch in ihren Grundrechten auf Gleichheit sowie auf Schutz und Förderung von Ehe und Familie verletzt. Durch die Ausgestaltung des Elterngelds als Entgeltersatzleistung würden die Eltern, die vor der Geburt kein Erwerbseinkommen erwirtschaftet hätten, benachteiligt und Mehrkindfamilien, in denen realistisch nur ein Elternteil berufstätig sein könne, diskriminiert.
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Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da die Annahmevoraussetzungen nicht vorliegen. Die Beschwerdeführerin ist insbesondere nicht in ihren Grundrechten verletzt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:1. Die Gestaltung des Elterngelds als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngelds an das bisherige Erwerbseinkommen anzuknüpfen, beruht auf Sachgründen, die hinreichend gewichtig sind, um die damit einhergehende Ungleichbehandlung grundrechtlich zu rechtfertigen.
Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber insbesondere darauf reagieren, dass Männer und Frauen sich immer später und seltener für Kinder entscheiden. Das Elterngeld soll die Entscheidung für eine Verbindung von Beruf und Familie gegenüber einem Verzicht auf Kinder begünstigen und will daher Einkommensunterschiede zwischen kinderlosen Paaren und Paaren mit Kindern abmildern. Dabei fördert das Elterngeld schwerpunktmäßig Erziehende mit kleinen und mittleren Einkommen, wie sie meist am Beginn der Berufstätigkeit erwirtschaftet werden. So erhalten Eltern mit geringeren Einkommen relativ eine höhere Kompensation des Erwerbsausfalls als Eltern mit hohem Einkommen, weil das Elterngeld auf 1.800 € beschränkt ist. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber bei jüngeren Berufstätigen spezifische Hindernisse für die Familiengründung ausmacht und darum gerade hier Anreize für die Familiengründung setzt, auch wenn er darauf verzichtet hat, einen sozialen Ausgleich vorzunehmen. Die mit der einkommensbezogenen Differenzierung der Höhe des Elterngelds einhergehende Ungleichbehandlung ist angesichts der gesetzlichen Zielsetzung verfassungsrechtlich hinzunehmen, zumal die Regelung auch Eltern ohne vorgeburtliches Einkommen nicht gänzlich ohne Förderung lässt.
Zudem ist die Gestaltung des Elterngelds als Einkommensersatz im Hinblick auf den aus Art. 3 Abs. 2 GG folgenden verfassungsrechtlichen Auftrag des Gesetzgebers gerechtfertigt, die Gleichberechtigung der Geschlechter in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen und überkommene Rollenverteilungen zu überwinden. Nicht nur mit der Einführung der sogenannten Vätermonate (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. August 2011 - 1 BvL 15/11 -, Pressemitteilung Nr. 59/2011 vom 14. September 2011), sondern auch mit der Gestaltung des Elterngelds als Einkommensersatz soll die partnerschaftliche Teilhabe beider Eltern an Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gestärkt werden. Die Annahme des Gesetzgebers, dadurch könnten auch Väter zur Wahrnehmung von Erziehungsverantwortung ermutigt werden, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Väter, die Elternzeit und Elterngeld in Anspruch nehmen, seit der Einführung des Elterngelds bis 2009 von 15,4 % auf 23,9 % gestiegen.
2. Die Beschwerdeführerin wird auch nicht in ihrem Grundrecht auf Förderung der Familie aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG verletzt, da die gesetzgeberische Entscheidung, das Elterngeld nach dem bisherigen Erwerbseinkommen zu bemessen, von legitimen Zwecken getragen wird und der Gesetzgeber den ihm im Rahmen der Familienförderung zukommenden weiten Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat.
Quelle: Bundesverfassungsgericht
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