30.07.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern.
Ein Niederlassungsleiter ist grundsätzlich zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt. Eine ausdrückliche Mitteilung hierüber ist nicht erforderlich. Es ist jedoch erforderlich, dass der Arbeitgeber sich über die Person des Niederlassungsleiters im Klaren ist. Die Formulierung "Contact Center Manager" reicht hierfür nicht aus.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen hilfsweise ordentlichen Kündigung sowie um die Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Die Klägerin ist seit dem 01.09.2000 im Telefonservice beschäftigt. Sie erzielt eine Vergütung von 1.510,00 € zzgl. freiwilliger Leistungen und eventueller Boni.
Mit Schreiben vom 07.03.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich zum 31.07.2011. Das Kündigungsschreiben war von "x. y., Contact Center Manager" unterschrieben. Dabei handelt es sich um den Niederlassungsleiter des Betriebes. Der Arbeitsvertrag der Klägerin war durch eine andere Person, den damaligen "Facility Director" unterschrieben. Mit Schreiben vom 09.03.2011 wies die Klägerin die Kündigung gem. § 147 BGB mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurück.
(...)
Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Herr G. hat seine Bevollmächtigung gegenüber der Klägerin beim Ausspruch der Kündigung nicht durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde nachgewiesen. Die Zurückweisung der Kündigung mit Schreiben vom 09.03.2011 ist rechtzeitig.
Die Zurückweisung war auch nicht gem. § 174 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Der Vollmachtgeber hat die Klägerin nicht auf andere Weise von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt. Dies kann zwar grundsätzlich auch dadurch geschehen, dass der betreffende Mitarbeiter in eine Stelle berufen wird, mit der das Kündigungsrecht regelmäßig verbunden ist, ohne dass der Arbeitnehmer positive Kenntnis von der damit verbundenen Kündigungsbefugnis haben muss. Man kann davon ausgehen, dass der Leiter einer Niederlassung grundsätzlich zum Ausspruch von Kündigungen als berechtigt anzusehen ist. Dies reicht jedoch im vorliegenden Fall nicht aus. Es hätte eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne.
(...)
Es ist der Beklagten einzuräumen, dass eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Klägerin gewusst hat, dass es sich bei Herrn G. um den Niederlassungsleiter handelt. Diese Wahrscheinlichkeit reicht jedoch nicht aus, um ein "Inkenntnissetzen" i.S.d. § 174 Satz 2 BGB zu bejahen. Die Beklagte hätte der Klägerin im Arbeitsvertrag oder während des Arbeitsverhältnisses einen Weg aufzeigen müssen, auf dem diese vor Zugang der Kündigung unschwer erfahren kann, welche Person die Position inne hat, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist.
Dass sich im Intranet eine in englischer Sprache geschriebene Aufgabenbeschreibung für Herrn G. befindet, ist angesichts der nicht nachgewiesenen Englischkenntnisse der Klägerin ohnehin unerheblich. Ebenso ist unerheblich, dass Herr G. in der Presse als Standortleiter bezeichnet worden ist. Dies muss die Klägerin nicht gelesen haben. Das Verhalten der Klägerin ist auch nicht widersprüchlich. Es hat ausgereicht, dass sie die Kündigung mangels Vollmachtsurkunde zurückweist. Sie konnte zu einem späteren Zeitpunkt ihren Vortrag noch dahin ergänzen, über die Funktion des Herrn G. unzureichend informiert worden zu sein.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28.02.2012, AZ 2 Sa 290/11 (in Auszügen)
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