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Ende der Berufsausbildung (Kommentar von Udo Cremer)

30.01.2018  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Eine Berufsausbildung endet nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung, sondern erst mit Ablauf der Ausbildungszeit, wenn diese durch Rechtsvorschrift festgelegt ist.

Der Kläger bezog Kindergeld für seine im Jahr 1994 geborene Tochter S, die sich in einer Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin befand. Der Ausbildungsvertrag hatte eine Laufzeit vom 1. September 2012 bis zum 31. August 2015. S bestand die staatliche Abschlussprüfung im Juli 2015; noch im Juli 2015 wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt. Für den Monat August 2015, in dem S ebenso wie in den Vormonaten ihren Dienst nach Dienstplan zu verrichten hatte, erhielt sie noch die Ausbildungsvergütung. Ab September 2015 war sie berechtigt, die Bezeichnung "Staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin" zu führen. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2015 auf und forderte das für diesen Monat gezahlte Kindergeld zurück. Dagegen wandte sich der Kläger ohne Erfolg mit Einspruch.

Das FG gab der anschließend erhobenen Klage statt, mit welcher der Kläger die Gewährung von Kindergeld für den Monat August 2015 begehrte. Es war der Ansicht, die Ausbildung habe erst Ende August 2015 geendet, da die Fachausbildung nach der einschlägigen landesrechtlichen Vorschrift drei Jahre dauere. Im August 2015 sei S noch nicht berechtigt gewesen, die Berufsbezeichnung zu führen.

Die Revision ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen (BFH Urteil vom 14.9.2017, III R 19/16). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Berufsausbildung der S erst im August 2015 endete.

Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird für ein volljähriges Kind, das noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird, Kindergeld gewährt. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Der Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Nach dem BFH-Urteil vom 24. Mai 2000 VI R 143/99 (BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473) endet eine Berufsausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, wenn die Ausbildung mit einer Prüfung abschließt. Allerdings war das FG zu Recht der Auffassung, dass der Rechtssatz in dieser Allgemeinheit nicht gilt, wenn das Prüfungsergebnis noch vor dem Monat des durch eine Rechtsvorschrift festgelegten Endes einer Berufsausbildung bekannt gegeben worden ist.

In dem Fall, über den der BFH im Urteil in BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473 entschieden hat, war die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt für den Ausbildungsabschluss. Es ging um die Frage, ob bereits der (erfolgreiche) Abschluss einer Prüfung, die der Aufnahme einer Vollzeittätigkeit unmittelbar vorausging, als Ende einer Universitätsausbildung anzusehen war oder erst der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Für den BFH war ausschlaggebend, dass ein Kind, das noch vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses eine Vollzeittätigkeit aufnimmt, sich nicht mehr ernsthaft auf ein Berufsziel vorbereitet. In den Senatsurteilen in BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298 und vom 24. September 2009 III R 70/07 (BFH/NV 2010, 617) – jeweils Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung – sowie in den Senatsbeschlüssen vom 28. Januar 2010 III B 165/09 (BFH/NV 2010, 876 - vorgezogene Abschlussprüfung einer Technischen Zeichnerin) und vom 26. April 2011 III B 191/10 (BFH/NV 2011, 1139 - universitäre Prüfung nach Exmatrikulation) wird der Rechtssatz, wonach eine Berufsausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, wiedergegeben.

Jedoch unterscheidet sich der Streitfall in entscheidungserheblicher Weise von den Sachverhalten, die den vorstehend zitierten Urteilen und Beschlüssen zugrunde lagen. Es handelt sich hier um eine Berufsausbildung, die nicht mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, sondern mit dem Ablauf der durch Rechtsvorschrift festgelegten Ausbildungszeit. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung des Sozialministeriums des Landes Baden-Württemberg über die Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialwesen der Fachrichtung Heilerziehungspflege (Heilerziehungspflegeverordnung) dauert die Fachschulausbildung zum Heilerziehungspfleger drei Jahre; sie endet mit einer staatlichen Prüfung. Letzteres bedeutet allerdings nicht, dass eine Berufsausbildung zum Heilerziehungspfleger vorzeitig endet, wenn das Prüfungsergebnis vor dem letzten Tag der Ausbildungszeit bekanntgegeben wird. Im Streitfall wurde S im August 2015, dem letzten Monat der Ausbildungszeit, noch ausgebildet. Dementsprechend war sie erst ab September 2015 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin" zu führen (§ 35 Abs. 2 APrOHeilErzPfl BW).

Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 BBiG, die regelt, dass eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil es sich im Streitfall um eine dem Landesrecht unterstehende berufsbildende Schule handelt; das BBiG ist damit gemäß § 3 Abs. 1 BBiG nicht anwendbar.

Bei anderen Ausbildungen ist auch nach Verwaltungsansicht auf das gesetzlich festgelegte Ausbildungsende abzustellen und nicht auf eine vorherige Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. So endet gemäß A 15.10 Abs. 7 der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz, Stand 2017 (BStBl I 2017, 1006) die Berufsausbildung bei Ausbildungen nach dem Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege (KrPflG) vom 16. Juli 2003 (BGBl I 2003, 1442), nach dem Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (AltPflG) vom 25. August 2003 (BGBl I 2003, 1690) und nach dem Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (HebG) vom 4. Juni 1985 (BGBl I 1985, 902) nach drei Jahren (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 KrPflG, § 4 Abs. 1 Satz 1 AltPflG und § 6 Abs. 1 Satz 1 HebG). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb bei der landesrechtlich geregelten Ausbildung zum Heilerziehungspfleger nicht die durch Rechtsverordnung vorgesehene Dauer, sondern die vorherige Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses entscheidend sein sollte. Die Berufsausbildung der S an der Fachschule begann im September 2012 und endete erst im August 2015. Für diesen Monat steht dem Kläger noch Kindergeld zu.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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