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Einigung bei Erbschaftsteuer bringt weitere Aufweichungen und möglicherweise Mindereinnahmen

21.06.2016  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hans-Böckler-Stiftung.

Die Einigung der Bundesregierung zur Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer leistet wenig dafür, der gewachsenen sozialen Ungleichheit in Deutschland entgegenzuwirken. Im Vergleich zum Regierungskompromiss vom Februar bringt sie unter dem Strich weitere Aufweichungen bei der Privilegierung von Betriebsvermögen.

Das betrifft unter anderem die Investitionsklausel, den Bewertungsabschlag für Familienunternehmen, die voraussetzungslose zinslose Stundung im Erbfall und die deutliche Absenkung des Kapitalisierungsfaktors. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. „Durch die weitere Aufweichung sind Mindereinnahmen gut möglich. Angesichts des ohnehin geringen Aufkommens aus der Erbschaftsteuer ist das ein irritierendes Ergebnis der Reform“, sagt IMK-Steuerexpertin Dr. Katja Rietzler. „Wenn die Erben – auch sehr großer – Betriebsvermögen gegenüber anderen Erben wiederum sehr deutlich begünstigt werden, dürfte auch das neue Gesetz die Gerichte beschäftigen“, ergänzt Prof. Dr. Gustav A. Horn, der wissenschaftliche Direktor des IMK. „Das wäre nicht nötig gewesen.“ Das IMK hat in seiner aktuellen Steuerschätzung ein verfassungsgerechtes Alternativkonzept vorgelegt, mit dem sich das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer langfristig verdoppeln ließe – ohne bei der Übertragung von Betrieben Arbeitsplätze zu gefährden.

Die Analyse des IMK zeigt, wie stark insbesondere die Empfänger sehr großer Betriebsvermögen noch von der massiven Privilegierung dieser Vermögensart profitieren, obwohl sie das Bundesverfassungsgericht 2014 für verfassungswidrig erklärt hat. Da vor allem wohlhabende Haushalte Betriebsvermögen halten und verschenken oder vererben, führt diese Privilegierung zu einem weitgehend regressiven Steuerverlauf bei Schenkungen und Erbschaften insgesamt, zeigen die Wissenschaftler anhand von Daten des Statistischen Bundesamts: So wurden Schenkungen in Höhe von 5.000 bis 10.000 Euro nach Berücksichtigung von Freibeträgen 2014 im Durchschnitt effektiv mit 10,2 Prozent besteuert. In der Größenklasse über 20 Millionen Euro, in der viel Betriebsvermögen weitergegeben wird, lag die effektive Besteuerung dagegen lediglich bei 0,4 Prozent. Erbschaften über 20 Millionen Euro wurden effektiv zwar höher besteuert. Doch lag die Belastung mit 7,8 Prozent deutlich niedriger als in den übrigen Größenklassen ab 50.000 Euro (siehe auch Tabellen 6 und 7 in der Steuerschätzung).

Das vom IMK vorgeschlagene Alternativmodell orientiert sich am ursprünglichen Gesetzentwurf der Regierung, baut die pauschale Verschonung des Betriebsvermögens aber so weit wie möglich ab, „ohne dass die Fortführung des Betriebes steuerlich gefährdet würde“. So sieht der Alternativ-Vorschlag weiterhin eine Bedürfnisprüfung vor, mit der verhindert werden soll, dass Empfänger von Betriebsvermögen finanziell überfordert werden. Anders als im Gesetzentwurf vorgesehen, würde auch Empfängern ohne ausreichendes Privatvermögen die Steuer langfristig nicht komplett erlassen. Vielmehr müssten auch sie bis zu 15 Prozent Steuern zahlen – mindestens den halben tarifären Steuersatz der Steuerklasse I.

Durch großzügige Möglichkeiten zu einer verzinsten Stundung der Steuerzahlung über bis zu 15 Jahre sei dabei aber sichergestellt, dass die Erben ihre Steuern auf jeden Fall aus den laufenden Erträgen des übertragenen Unternehmens bezahlen können. Ohne dass Arbeitsplätze gefährdet würden, könne so „das Aufkommen der Erbschaftsteuer langfristig problemlos verdoppelt werden und die Erbschaftsteuer einen deutlich größeren Beitrag zur Korrektur der Einkommens- und Vermögensverteilung leisten“, resümieren die Wissenschaftler.




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