01.08.2021 — Moira Frank. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
„Sehen wir das Problem als Chance!“ Solche hohlen Phrasen sind ein elementarer Teil von sogenanntem Workplace Bullshit, also derb gesagt Unsinn am Arbeitsplatz, der niemanden weiterbringt, aber in ihrer rätselhaften Vagheit alle beschäftigt. Während die meisten Menschen übereinstimmen dürften, dass solcher Bullshit beim Finden von echten Lösungen bloß stört, braucht es doch Wissenschaftler*innen, um auf die Idee zu kommen, ihn und seine Auswirkungen ganz klinisch zu messen.
Doch genau das haben die Autor*innen des Ende 2020 veröffentlichen Aufsatzes mit dem klingenden Titel This Place Is Full of It: Towards an Organizational Bullshit Perception Scale versucht. Sie haben in mehreren Studien untersucht, was Bullshit im Unternehmen eigentlich ausmacht, wie er sich verbreitet und was man dagegen tun kann. Sie sind sich einig: Organisierter, oft sogar institutionalisierter Bullshit ist schädlich. Auf die Dauer schwächt er die Unternehmenskommunikation, frustriert Mitarbeiter*innen und steuert Teamarbeit an die Wand.
Zunächst hat das Team hinter dem Aufsatz festgelegt, was überhaupt als Workplace Bullshit gilt, und dabei drei wichtige Faktoren gefunden. Der erste ist die interne Kommunikation. Darunter fallen nicht nur hohle Phrasen, die selbst als Postkartensprüche veraltet sind, sondern auch Gerüchte und Halb- und Unwahrheiten, die von der Bullshit verbreitenden Person zu Gunsten ihrer Agenda verbreitet werden. Wo Beweise und harte Fakten nicht länger wichtig sind oder Gehör finden, sehen die Forscher*innen einen der großen Bullshit-Nährböden.
Gleich der nächste findet sich bei Chef*innen: Wenn Führungskräfte keinen Klartext sprechen, sondern sich lieber in Worthülsen flüchten, fühlen sich Bullshitter*innen auf allen Positionen bekräftigt. Andere Mitarbeiter*innen sind verwirrt und frustriert, da sie Bullshit-Anweisungen nur schwer umsetzen können.
Als den dritten wichtigen Bullshit-Faktor identifizieren die Autor*innen die sogenannte Bullshit Language: Häufige hohle Phrasen und ausgrenzende Sprache, etwa durch besonders viele Akronyme, Fachjargon oder auch Anglizismen, verhindern, dass alle sich gleichermaßen beteiligen können und Bullshit sich schneller verbreitet.
Beispiele für diese drei Arten von Bullshit am Arbeitsplatz kennen Sie bestimmt auch selbst. Zwar klingt „Wir müssen Nägeln mit Köpfen machen!“ inbrünstig im Meeting vorgetragen durchaus motivierend, doch eine konkrete Anweisung ist das nicht. Sie müssten nun frustriert selbst herausfinden, was Sie tun müssen und welches Ziel überhaupt erreicht werden soll – und werden, wenn alles gut geht, die meiste Arbeit geleistet haben, für die ein anderer die Lorbeeren einfährt. Wenn es nicht klappt, kann sich, wer auch immer die Phrase gedroschen hat, herausreden. So oder so verschenken Sie wertvolle Arbeitszeit an das Aufdröseln von Workplace Bullshit.
Also Schluss mit Bullshit! Aber wie kann so eine Bullshit-Wahrnehmungsskala aussehen?
Die bedauerliche Nachricht: Während die Studien-Autor*innen belegen konnten, dass die meisten befragten Mitarbeiter*innen sich schon mit sogenanntem Workplace Bullshit herumschlagen mussten, ist ihre Bullshit-Skala noch in der Entwicklung. Das Drei-Faktoren-Modell sei, so die Forscher*innen, noch nicht wasserdicht bestätigt. Doch das Prinzip bleibt: Bullshit im Unternehmen ist identifizierbar – und muss nicht einfach hingenommen werden, nur weil er sich so etabliert hat, denn er vergiftet schleichend die Kommunikationskultur und sorgt für Frust, der im schlimmsten Fall in gescheiterten Aufträgen und Kündigungen endet.
„Bullshit am Arbeitsplatz muss angeprangert werden“, sagt Mitautorin Caitlin Ferreira gegenüber der amerikanischen Website PsyPost. „Es ist sehr wichtig, dass jeder Einzelne sich imstande sieht, am Arbeitsplatz Fragen zu stellen, um sicherzugehen, dass Entscheidungen basierend auf Beweisen und Fakten getroffen und Informationen nicht einfach missachtet werden. Das nächste Mal, dass Sie sich dabei ertappen, zu denken: ‚Das doch Bullshit!‘, melden Sie sich zu Wort und weisen Sie darauf hin, dass gerade eine Entscheidung ohne Rücksicht auf die Wahrheit getroffen wird.“
Quellen und Hintergründe:
Bild: Andrea Piacquadio (Pexels, Pexels Lizenz)
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