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Die Digitalisierung der Meere

26.09.2022  — Sarah Hofmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Während Nord- und Ostsee als beliebtes Urlaubsziel gelten, ist über ihren Meeresboden bisher eher wenig bekannt. Eine neue, KI-gesteuerte Erfindung soll nun dabei helfen, mehr Informationen über den Meeresboden zu erlangen. Diese Innovation kann nicht nur für die Bereiche Nachhaltigkeit und Energieunabhängigkeit von Vorteil sein, sondern auch bei der Suche nach Altmunition helfen.

Der Meeresboden gilt als eine der am wenigsten erforschten Flächen auf unserer Erde. Dies liegt vor allem daran, dass die Tiefsee ab einer Tiefe von 2000 Metern aufgrund von Dunkelheit, Kälte und zu hohem Druck für den Menschen als lebensfeindliche Umgebung gilt. Unsere heimischen Meere, die Nord- und Ostsee, sind nicht ansatzweise so tief wie die Weltmeere. Die Nordsee, der große Bruder der Ostsee, kann bis zu 700 Meter tief sein, während die Ostsee eine Maximaltiefe von 459 Meter aufweisen kann.

Innovation Made in Germany

Dass man den moderaten Tiefen von Nord- und Ostsee eher Herr werden kann als beispielsweise dem atlantischen oder pazifischen Ozean, machte sich das Kieler Forschungsteam der Firma north.io zunutze. Sie riefen das Projekt Marispace-X (kurz für Maritime Smart Sensor Data Space X) ins Leben. Das millionenschwere Vorhaben an dem länderübergreifend norddeutsche Forscher und Unternehmen arbeiten, erhielt letzte Woche den Startschuss zur Umsetzung und wird nun bald zur Realität werden. Und darum geht es:

Mithilfe von Robotern, die durch die Meere gleiten und von Expert*innen gesteuert werden, sollen so viele Informationen wie möglich über den Meeresboden gesammelt werden. Das Ergebnis soll eine detaillierte, digitale Karte von Nord- und Ostsee sein, die den Meeresboden sowie dessen Zustand darstellt.

Meeres- und Klimaschutz betreiben – Energiewende vorantreiben

Die Informationen, die diese digitale Karte am Ende liefert, können vielseitig genutzt werden. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) erklärt: „Bei dem Projekt geht es um den Meeres- und Klimaschutz, um die Beschleunigung der Energiewende und um die Räumung der Munitionsaltlasten aus dem Meer.“

Konkret bedeutet das, dass die Daten, die Marispace-X sammelt z. B. dabei helfen können, einen Windpark zu bauen. Planer und Bauunternehmer benötigen bei der Planung eines neuen Windparks eine Vielzahl von Informationen. In welchem Zustand ist der Meeresboden? Liegt dort eventuell alte Kriegsmunition? Diese Informationen könnten ganz einfach von den erstellten Karten abgelesen werden. So kann ein schnellerer Ausbau der Windkraft auf See gewährleistet werden. Der gerade in den letzten Tagen und Wochen so oft geforderten Energieunabhängigkeit Deutschlands, würde man somit einen Schritt näher kommen.

Auch der Meeres- und Klimaschutz kann von dem Projekt profitieren. Die Daten können dazu genutzt werden herauszufinden, wo sich optimale Plätze für den Anbau von Seegraswiesen befinden. Diese Wiesen wiederum gelten als optimaler natürlicher Speicher von CO2.

Hinzukommend soll das Projekt eine datenbasierte und KI-gestützte Suche nach Altmunition in Nord- und Ostsee etablieren. Mit diesem Anliegen begann die Idee für Marispace-X bereits im Jahr 2015. Damals ging es darum, ein webbasiertes System für das Management beim Kampfmittelräumdienst aufzubauen. Parallel dazu kamen bei den Planenden erste Überlegungen auf, wie der Themenkomplex "Munition im Meer" anzugehen sei. Ein Lösungsansatz, um die noch immer zahlreichen Altlasten aus verschiedenen Kriegen weiter anzugehen, ist mit Marispace-X geschaffen. Das KI-gesteuerte Programm soll eines Tages weltweit eingesetzt werden, denn Munitionsauffindung und -räumung ist nicht nur ein Problem in Nord- und Ostsee sondern betrifft ebenso das Mittelmeer sowie die australische und japanische Küste.

Ein maritimer Datenraum

Auf der Webseite des Unternehmens north.io werden die Ziele des Projekts definiert. Dort heißt es: „Mit Marispace-X soll ein digitaler maritimer Datenraum geschaffen werden, der auf der Datenhoheit, Sicherheit, Interoperabilität und Modularität von Gaia-X basiert. Marispace-X bietet neue Wege in der maritimen Big-Data-Verarbeitung und in der Analyse von Sensordaten über Edge-, Fog- und Cloud-Computing.“ CEO und Initiator Jann Wendt betont, dass der virtuelle Raum für verfügbare, maritime Daten auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen soll. Dies soll allerdings immer im Rahmen definierter föderierter Dienste und europäischer Werte geschehen. Intention des Unternehmens north.io ist es auch, die Öffentlichkeit zu informieren, ohne zu interpretieren. Sie wollen die gesamten Daten die Marispace-X zu Tage bringen wird, frei zu Verfügung stellen.

Der Bund unterstützt das 15 Millionen Euro schwere Projekt bereits mit 9 Millionen Euro. Laut Wendt sind auch internationale Partner wie Microsoft, Intel oder ThyssenKrupp Marine Systems mit an Bord: „Damit ist sichergestellt, dass sich das volle Potenzial der Entwicklung eines digitalen Ökosystems der Ozeane in konkreten praktischen Anwendungen entfaltet.“

Quellen und Hintergründe:

Bild: Jeremy Bishop (Pexels, Pexels Lizenz)

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