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Deutscher Mittelstand: Von Krise keine Spur

31.01.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ernst und Young GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Mittelstandsbarometer 2012: Zufriedenheit mit Geschäftslage auf Rekordniveau / Trotz düsterer Konjunkturprognosen: Mittelständler wollen Investitionen steigern und mehr Jobs schaffen / Aber: Große Furcht vor weiterer Verschlimmerung der Eurokrise

Zum Jahresbeginn verzeichnet der deutsche Mittelstand eine Geschäftslage auf Rekordniveau. Auch die Prognosen für die eigene Geschäftsentwicklung fallen nach wie vor überwiegend positiv aus. Zudem wollen die Mittelständler mehr investieren und neue Arbeitsplätze schaffen. Aber: Die Konjunkturaussichten haben sich deutlich eingetrübt. Und immerhin zwei von drei Unternehmern gehen davon aus, dass die Eurokrise sich weiter verschlimmern wird. Sollte es allerdings zu einer Wirtschaftskrise kommen, sehen sich die Unternehmen gut aufgestellt – deutlich besser als beim Ausbruch der Krise im Jahr 2008. Das sind Ergebnisse des aktuellen „Mittelstandsbarometers“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Für die Studie, die halbjährlich durchgeführt wird, wurden Vertreter von 3.000 mittelständischen Unternehmen in Deutschland befragt.

Obwohl laut Statistischem Bundesamt die Wirtschaftsleistung in Deutschland im letzten Quartal des vergangenen Jahres leicht zurückgegangen ist: 94 Prozent der Mittelständler bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als positiv oder stabil, 54 Prozent sind sogar rundum zufrieden. Dieser Wert ist so hoch wie seit Jahren nicht mehr – selbst im Boomjahr 2007 lag er lediglich bei 89 Prozent. Im November und Dezember gingen bei 40 Prozent der mittelständischen Unternehmen mehr Bestellungen ein als im Vorjahreszeitraum – nur acht Prozent berichten von sinkenden Auftragseingängen.

 

„Die europäische Staatsschuldenkrise ist bislang nicht im deutschen Mittelstand angekommen“, stellt Peter Englisch, Leiter Mittelstand und Partner bei Ernst & Young, fest. „Die Unternehmen sind hervorragend aufgestellt und machen nach wie vor glänzende Geschäfte – sie haben allen Grund, selbstbewusst in die Zukunft zu blicken. Wenn überhaupt erleben wir derzeit eine ‚Krise light‘, also eine leichte Schwächephase auf sehr hohem Niveau“.

Steigende Umsätze erwartet – aber düstere Konjunkturprognosen

Die kommenden Monate werden, so die Erwartung der Unternehmer, eine weitere Verbesserung der Geschäftslage bringen: 45 Prozent prognostizieren eine Verbesserung der eigenen Situation, nur sechs Prozent eine Verschlechterung.

Auch wenn die Unternehmen für sich selbst keine unmittelbare Gefährdung erkennen: Das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft allgemein lässt spürbar nach: Aktuell glauben nur noch 31 Prozent, dass die Wirtschaftslage Deutschlands sich im nächsten Jahr verbessern wird, vor sechs Monaten waren es noch 45 Prozent. Jeder vierte Manager erwartet inzwischen einen Rückgang der Wirtschaftsleistung im Jahr 2012.

Sollte es zu einer Eskalation der Schuldenkrise kommen, wären die optimistischen Prognosen der Unternehmer hinfällig, so Englisch: „Wenn größere europäische Länder in die Insolvenz gehen und systemrelevante Banken zusammenbrechen, würde dies zu einem Wirtschaftseinbruch führen, der deutlich dramatischer wäre als der Einbruch im Krisenjahr 2009“.

„Die Staatsschuldenkrise hängt wie ein Damoklesschwert über der Wirtschaft“, stellt Englisch fest. „Wird sie gelöst oder zumindest eingedämmt, steht einem weiteren robusten Wachstum nichts im Wege. Kommt es hingegen zu einer weiteren Verschlimmerung der Lage, werden sich alle optimistischen Prognosen als Makulatur erweisen.

Mehr Investitionen, mehr Jobs

Ungeachtet der unsicheren Perspektiven für die Eurozone und die Finanzmärkte plant beinahe jeder dritte deutsche Mittelständler für das kommende Jahr, seine Investitionen (weiter) zu steigern – dies ist der höchste Wert seit Januar 2008. Lediglich sechs Prozent wollen ihre Ausgaben für Investitionen zurückfahren.

Und auch seiner Rolle als Jobmotor bleibt der deutsche Mittelstand treu: 23 Prozent der Befragten wollen in den kommenden sechs Monaten Personal aufbauen, nur sechs Prozent planen Personalkürzungen. Damit sinkt die Dynamik bei der Beschäftigungsentwicklung zwar leicht – zur Jahresmitte 2011 wollten noch 26 Prozent mehr Mitarbeiter einstellen, nur drei Prozent wollten die Belegschaft verkleinern. Aber die Bereitschaft zum Personalaufbau ist nach wie vor höher als in den Vorkrisenjahren 2007 und 2008.

„Eine Fortsetzung der überaus positiven Entwicklung am deutschen Arbeitsmarkt ist vorerst wahrscheinlich“, so Englisch. „Und das stützt die deutsche Wirtschaft: Der Personalaufbau im Mittelstand senkt die Arbeitslosigkeit, fördert den privaten Konsum und führt so zu einer weiteren Stärkung der Volkswirtschaft.“ Andererseits bleibe der Fachkräftemangel und der hieraus resultierende volkswirtschaftliche Schaden unverändert bestehen, so Englisch weiter.

Besser aufgestellt als zu Beginn der Finanzkrise 2008

Um einer potenziellen Konjunkturabschwächung zu begegnen, haben die mittelständischen Unternehmen bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen: 62 Prozent setzen auf Kosteneinsparungen, 31 Prozent haben ihr Eigenkapital aufgestockt und 30 Prozent Programme zur Stärkung der Innenfinanzierung durchgeführt. „Die Mittelständler sind keineswegs blauäugig. Sie beobachten die derzeitige Entwicklung sehr genau und versuchen, sich auf alle Eventualitäten einzustellen“, so Englisch. „Mit Kostensenkungs- und Flexibilisierungsprogrammen versuchen die Unternehmen, sich für eine potenzielle Krise zu rüsten. Die Erfahrungen der Finanzkrise haben den Blick der Manager für Gefahrenherde geschärft und sie dazu gebracht, umfassende vorbeugende Maßnahmen einzuleiten.“

Westdeutsche Unternehmen betrachten sich selbst dabei als stabiler als ostdeutsche Unternehmen. 42 Prozent aller befragten Unternehmen sind davon überzeugt, besser für eine Krise gewappnet zu sein als noch im Jahr 2008, nur vier Prozent berichten von einer schlechteren Ausgangslage. Hilfreich seien etwa die bessere Ausstattung mit Eigenkapital (43 Prozent) sowie die erhöhte Flexibilität in den Produktionsabläufen (42 Prozent). Das Kerngeschäft sei außerdem gut am Markt positioniert, und die Produkte seien wettbewerbsfähig (jeweils 40 Prozent): „Die Mittelständler haben ihre Lehren aus der letzten Krise gezogen und stehen nun besser da als je zuvor“, fasst Englisch zusammen.

Für den Fall, dass die europäische Schuldenkrise weiter um sich greift, sehen 45 Prozent der Befragten erst nach sechs Monaten eine reale Bedrohung für das eigene Unternehmen, 29 Prozent können überhaupt keine Gefährdung erkennen.

Schuldenkrise: Das Schlimmste steht noch bevor

Das Vertrauen, dass die Politik die Schuldenkrise in Europa löst, ist bei den Befragten dabei äußert gering: Zwei Drittel der Mittelständler glauben, dass der schlimmste Teil der Schuldenkrise noch bevor steht, 75 Prozent gehen davon aus, dass Deutschland in deutlichem Umfang die Schulden anderer Euro-Länder tragen wird.

Das Urteil über die Bundesregierung fällt im Zusammenhang mit der Krise zwiespältig aus: etwa jeder dritte Befragte (37 Prozent) ist der Meinung, die Bundesregierung habe in der Schuldenkrise bisher insgesamt die richtigen Entscheidungen getroffen. Immerhin 28 Prozent sind aber gegenteiliger Meinung. Der Rest ist unentschieden.

Gut jeder dritte Mittelständler gibt an, die Schuldenkrise bereite ihm derzeit große Sorgen. Damit ist diese Krise aber aus Sicht der Unternehmer nicht das größte Risiko für das eigene Geschäft: Die hohen Energiepreise stellen für 47 Prozent ein erhebliches Problem dar, hohe Rohstoffpreise und der Fachkräftemangel bereiten 42 bzw. 39 Prozent Sorgen. Die Schuldenkrise folgt in diesem Ranking mit 35 Prozent erst auf dem vierten Platz.

Download der Deutschland-Ergebnisse:

Lesen Sie die hier Ergebnisse des Ernst & Young Mittelstandsbarometers Deutschland - Januar 2012 (321 KB, 29 Seiten).

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