13.06.2017 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Ernst & Young GmbH.
Neben einer Ausweitung des Geschäftsvolumens setzen die Banken auf höhere Einnahmen aus Gebühren und Zinsen: Laut vier von zehn Banken werden die Konditionen für Firmenkundenkredite anziehen – nur sechs Prozent rechnen mit für die Kunden günstigeren Konditionen.
Auch in Bezug auf das Retail-Banking – also das Geschäft mit Privatkunden – sind die Banken optimistisch: 84 Prozent der Bankmanager prognostizieren eine positive Entwicklung dieses Geschäftsfeldes. Vor allem bei Immobilien- und Konsumentenkrediten rechnen sie mit einer weiter steigenden Nachfrage.
Wie die Firmenkunden sollen auch Privatkunden zukünftig stärker zur Kasse gebeten werden: 32 Prozent der Institute haben in diesem Jahr bereits Gebühren für Privatkunden erhöht oder planen dies bis Ende des Jahres. Im Fokus steht dabei das Girokonto, das bei 27 Prozent der Banken teurer wird. Knapp jede fünfte Bank erhöht Gebühren für Überweisungen, bei jeweils etwa jeder sechsten Bank werden Kreditkarten und Abhebungen teurer.
Gleichzeitig wollen die deutschen Banken ihren Sparkurs fortsetzen: 43 Prozent der Institute planen, Stellen zu streichen, nur zehn Prozent wollen neue Arbeitsplätze schaffen. Kostensenkungsmaßnahmen stehen zudem bei 74 Prozent der Banken ganz oben auf der Agenda.
Das sind Ergebnisse des aktuellen „Bankenbarometers“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Für die Studie wurden 120 Banken in Deutschland befragt.
Für Claus-Peter Wagner, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY, führt kein Weg daran vorbei, dass die Banken verstärkt über neue Ertragsquellen nachdenken und beispielsweise Gebühren auch für solche Dienstleistungen verlangen, die für die Kunden bislang kostenlos waren: „Strengere regulatorische Vorgaben und Niedrigzinsen führen dazu, dass die Banken heute deutlich weniger verdienen als vor der Finanzkrise. Also fassen sie massive Einschnitte ins Auge – beim Produktportfolio, beim Filialnetz oder beim Personal. Und sie tun gut daran, neue Einnahmequellen identifizieren. Zwar dürfte der harte Wettbewerb auf dem deutschen Markt einen signifikanten Gebührenanstieg verhindern – es besteht aber kein Zweifel, dass der klare Wille besteht, die Konditionen sowohl im Firmenkundengeschäft als auch im Retail Banking nach oben anzupassen.“
Letztlich gehe es darum, ein dauerhaft tragfähiges Geschäftsmodell zu finden, ergänzt Dirk Müller-Tronnier, Leiter Banking & Capital Markets bei EY: „Früher war es möglich, mit hohen Zinseinnahmen andere Dienstleistungen quer zu subventionieren – das geht im aktuellen Niedrigzinsumfeld nicht mehr. Andere Ertragsquellen sind völlig versiegt. Andererseits bieten sich erhebliche Einsparpotenziale, mit denen die Banken ihre Ertragskraft steigern können, da sowohl der Kundenkontakt als auch Verwaltungstätigkeiten immer stärker auf digitalem Weg ablaufen.“ Aktuell planen 43 Prozent der Institute, Stellen zu streichen – nur 10 Prozent wollen neue Arbeitsplätze schaffen. „Die Beschäftigungslage im deutschen Bankensektor bleibt angespannt“, so Müller-Tronnier. „Die Personalausgaben machen knapp über die Hälfte der operativen Kosten der Branche aus. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Drucks, den Aufsichtsbehörden und Aktionäre auf die Banken ausüben, sind weitere Stellenkürzungen realistisch“.
Dank günstiger Konjunkturaussichten gehen die Banken insgesamt von einer Lockerung ihrer Kreditvergabepolitik aus. Davon sollten vor allem die IT-Branche, Handwerker und Unternehmen der Gesundheitsbranche profitieren, die per Saldo mit einer weniger restriktiven Kreditvergabe rechnen können. Umgekehrt wollen die Banken aber vor allem an Unternehmen aus den Branchen Automobilbau, Energie und Einzelhandel weniger Kredite vergeben.
Deutsche Banken sehen den bevorstehenden Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union vergleichsweise gelassen: Nur 12 Prozent der Bankmanager bezeichnen den Brexit als großes Risiko für die Konjunkturentwicklung in Deutschland, 88 Prozent gehen davon aus, dass dieser Schritt keine Auswirkung auf das eigene Unternehmen haben wird. Dafür soll der Finanzplatz Frankfurt profitieren: 22 Prozent der Bankmanager sind sich sicher, dass Banken in größerem Umfang Personal und Funktionen von London nach Frankfurt verlagern werden, weitere 62 Prozent halten dies immerhin für wahrscheinlich.
„Noch immer sind viele Details der zukünftigen Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen der Europäischen Union und Großbritannien unklar“, betont Wagner. „Für international tätige Institute führt aber derzeit kein Weg daran vorbei, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen und sich auf einen harten Brexit vorzubereiten – in diesem Fall würden in Großbritannien ansässige Banken das Recht verlieren, mit dem sogenannten EU-Pass den europäischen Markt bedienen zu können. Für die eher auf den regionalen Markt ausgerichteten Volksbanken und Sparkassen hingegen dürfte die unmittelbare Relevanz begrenzt sein.“
Einiges spreche dafür, dass weitere Teile der Finanzmarktaufsicht in Frankfurt angesiedelt sein werden, wodurch Frankfurts Bedeutung als Finanzplatz weiter steigen werde, erwartet Dirk Müller-Tronnier. Nach Meinung der befragten deutschen Bankmanager sollte sich vor allem Frankfurt dafür stark machen, neuer Sitz der European Banking Authority (EBA) zu werden: So sprechen sich 64 Prozent der Befragten für Frankfurt als zukünftiger Standort der EBA aus, sechs Prozent bevorzugen Berlin, nur ein Prozent setzen auf Paris – 32 Prozent äußern keine Präferenz.
Download: EY Bankenbarometer Deutschland (PDF – 286 KB, 26 Seiten)
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