28.10.2021 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Ferdinand Frohsinn GmbH mit Sitz in Hamburg ist ein weltweit tätiges mittelständisches Unternehmen in der Branche der Umwelttechnik. Ferdinand Frohsinn ist Alleingesellschafter und beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer der inländischen Muttergesellschaft. Seine Ehefrau Larissa Frohsinn arbeitet als Teilzeitkraft und Assistentin der Geschäftsführung im Unternehmen ihres Ehemannes mit. Sie ist insbesondere für die Buchhaltung verantwortlich.
Die Ferdinand Frohsinn GmbH unterhält darüber hinaus eine selbständige Tochtergesellschaft in Shanghai / China. Die chinesische Tochtergesellschaft beschäftigt einen eigenverantwortlichen Geschäftsführer.
Im Frühjahr 02 unternimmt der Gesellschafter-Geschäftsführer eine 14tägige Geschäftsreise nach Shanghai. Auf dieser Reise wird er von seiner Ehefrau begleitet. Es entstehen Kosten in Höhe von insgesamt 12.500 Euro.
Im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung im Jahr 05 überprüft und beanstandet das Finanzamt die Reisekosten aus dem Jahr 02.
Aufgrund der Länge der Reise und weil der Gesellschafter-Geschäftsführer von seiner Ehefrau begleitet wurde, vertritt das Finanzamt die Auffassung, dass die Reise nicht rein beruflich, sondern privat mitveranlasst sei.
Daher zieht das Finanzamt in Erwägung, die anteiligen, auf die Ehefrau entfallenden Reisekosten als verdeckte Gewinnausschüttung der Gesellschaft an die Ehefrau zu qualifizieren. Diese verdeckte Gewinnausschüttung ist dem Gesellschafter-Geschäftsführer zuzurechnen.
Auf Ebene der Gesellschaft erhöhen sich durch die verdeckte Gewinnausschüttung sowohl die körperschaftsteuerliche als auch die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage und führen zu entsprechendem Mehr-Gewinn.
Auf Ebene des Gesellschafters führt die verdeckte Gewinnausschüttung nach Maßgabe von § 20 EStG zu Einkünften aus Kapitalvermögen.
Der Gesellschafter-Geschäftsführer wehrt sich heftig und vertritt die Auffassung, seine Ehefrau sei schließlich seine rechte Hand und ihre Teilnahme an der Dienstreise daher zwingend erforderlich gewesen. Darüber hätte es auf der Reise einige Begegnungen mit potentiellen Geschäftspartnern gegeben, an denen auch die Ehe- bzw. Lebenspartner seiner Gesprächspartner teilgenommen hätten. Auch aus diesem Grund sei die Teilnahme der Ehefrau an der Dienstreise zwingend erforderlich gewesen. Darüber hinaus waren zahlreiche Besichtigungen im Stadtgebiet von Shanghai erforderlich, um Ausschau nach neuen Räumlichkeiten zu halten. Weil tatsächlich keine besseren Räumlichkeiten gefunden werden konnten, hat man von diesem Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt Abstand genommen.
Das Finanzamt vertritt die Auffassung, dass die Teilnahme von Ehe- und Lebenspartnern an Dienstreisen grundsätzlich unüblich und daher nicht beruflich, sondern privat veranlasst ist. Für eine nicht unerhebliche private Mitveranlassung spricht im hier streitigen Sachverhalt insbesondere die lange Reisedauer von zwei Wochen. Die Gesellschaft konnte nicht glaubhaft darlegen, dass an jedem Tag der zweiwöchigen Reise geschäftliche Termine stattgefunden hätten.
Der Gesellschafter-Geschäftsführer versuchte das Finanzamt mit der Argumentation zu überzeugen, dass es sich bei seiner Begleitung nicht in erster Linie um seine Ehefrau, sondern um eine Arbeitnehmerin gehandelt hätte. Der Gesellschafter-Geschäftsführer drohte damit, mit diesem Sachverhalt notfalls vor den Bundesfinanzhof zu ziehen, um seine Rechtsauffassung durchzusetzen.
Nun nimmt der Fall eine drastische Wendung. Das Finanzamt rückt zur Vermeidung des angekündigten Rechtsstreits vom Aufgriff des Sachverhalts „Mitreisende Ehefrau“ ab und nimmt nun die Rechtsbeziehungen zwischen der inländischen Muttergesellschaft und der chinesischen Tochtergesellschaft unter die Lupe.
Im hier streitigen Sachverhalt hat die inländische Muttergesellschaft nicht unerhebliche Aufwendungen für die chinesische Tochtergesellschaft getragen. Die Muttergesellschaft ist für die chinesische Tochtergesellschaft tätig geworden und hat nicht unerhebliche Aufwendungen getragen, die nicht an die chinesische Tochtergesellschaft weiterbelastet worden sind. Insoweit hat sie der chinesischen Tochtergesellschaft eigene Aufwendungen erspart. Ein fremder Dritter, z.B. ein freier Handelsvertreter, der im Auftrag der Tochtergesellschaft geschäftliche Kontakte geknüpft oder ein Immobilien-Makler der neue Räumlichkeiten im Stadtgebiet gesucht hätte, hätte seine Leistungen nicht unentgeltlich erbracht, sondern der chinesischen Tochtergesellschaft seine Kosten zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags in Rechnung gestellt.
Die Muttergesellschaft hat ihre Aufwendungen der chinesischen Tochtergesellschaft nicht in Rechnung gestellt und auch keinen anderweitigen Ausgleichsanspruch geltend gemacht.
Dies hält aus Sicht des Finanzamts einem Fremdvergleich nicht stand. Die Muttergesellschaft wäre für einen fremden Dritten Auftraggeber nicht unentgeltlich tätig geworden und hätte die erbrachten Dienstleistungen in Rechnung gestellt. Darauf hat die Muttergesellschaft - aus gesellschaftsrechtlichen Gründen - verzichtet.
Ein fremder Dritter, der nicht gleichzeitig Gesellschafter der chinesischen Tochtergesellschaft ist, hätte aufgrund der originären Verursachung der Aufwendungen durch den Geschäftsbetrieb in Shanghai unstreitig eine angemessene Vergütung für seine Tätigkeit sowie einen Ausgleichsanspruch seiner Aufwendungen geltend gemacht.
Weil die inländische Muttergesellschaft keinen Ausgleichsanspruch gegen die chinesische Tochtergesellschaft geltend gemacht hat, stellt der Verzicht auf die Geltendmachung des Ausgleichsanspruches, also der Verzicht einer Forderung, unstreitig eine Einlage der inländischen Muttergesellschaft in die chinesische Tochtergesellschaft dar.
§ 8b Absatz 1 in Verbindung mit § 8b Absatz 5 Satz 1 KStG kommen hier nicht zur Anwendung. Nach dieser Regelung sind Dividenden einer ausländischen Körperschaft grundsätzlich steuerbefreit und werden lediglich in Höhe einer pauschalen Hinzurechnung in Höhe von 5% der Dividenden als nichtabziehbare Betriebsausgaben steuerlich erfasst. Diese Regelung ist jedoch nur für Betriebsausgaben in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit der Beteiligung anwendbar, z.B. für Finanzierungskosten. Die Aufwendungen stehen entsprechend nicht in direktem und unmittelbaren Zusammenhang mit (steuerfreien) Beteiligungseinkünften. Die Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers geht im hier vorliegenden Sachverhalt über den Umfang von Verwaltungs-, Regie- und Kontrollzwecken deutlich hinaus.
Die Kosten der inländischen Muttergesellschaft belaufen sich auf 12.500 Euro. Diese wurden vom Finanzamt in voller Höhe als Einlage der inländischen Muttergesellschaft in die chinesische Tochtergesellschaft angesehen.
Der Beteiligungsansatz der inländischen Muttergesellschaft an der chinesischen Tochtergesellschaft erhöht sich entsprechend um 12.500 Euro.
Mehr-Beteiligungsansatz 02 | 12.500 Euro |
Mehr-Gewinn 02 | 12.500 Euro |
Mehr-Körperschaftsteuer | 1.875 Euro |
Mehr-Gewerbesteuer | 2.056 Euro |
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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Bild: davidlee770924 (Pixabay, Pixabay License)
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