03.04.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Towers Watson.
Die deutlich verbesserte Gewinnsituation DAX-notierter Unternehmen spiegelt sich auch in der Vergütung ihrer Vorstände für das Geschäftsjahr 2011 wider. So stieg der durchschnittliche Gewinn je Aktie um 7 Prozent. Die Direktvergütung der Vorstandsvorsitzenden (Bezüge ohne Altersversorgung und Nebenleistungen) wuchs um 12 Prozent auf durchschnittlich ca. 4,8 Mio. Euro, was vor allem auf die vom Unternehmenserfolg abhängige variable Vergütung zurückzuführen ist. Hingegen ist die durchschnittliche Altersversorgungszuwendung auf 540.000 Euro gesunken (2010: 697.000 Euro). Insgesamt werden die DAX-Unternehmenslenker etwas geringer als ihre Peers in Europa (5,8 Mio. Euro) entlohnt.
Dies sind die Kernaussagen der Analyse „Vorstandsvergütung im DAX 2011“ der Unternehmensberatung Towers Watson, die auf den Angaben aller 30 DAX-Unternehmen basiert.
Im Vorjahr hatten die Vorstandsvorsitzenden der 30 DAX-Unternehmen im Durchschnitt noch eine Direktvergütung von 4,4 Mio. Euro erhalten. Hingegen waren ihre Bezüge in der Folge der Finanzmarktkrise erheblich geschrumpft. Studienautor Olaf Lang von Towers Watson weist darauf hin, dass die Vergütungssysteme „atmen“: „Betrachtet man die Vergütung von 2007 bis 2011, zeigt sich, dass eine gute Unternehmensperformance mit einem höheren Gehalt, eine schlechte hingegen mit einem niedrigeren Gehalt korreliert.“
Die Unternehmen haben die Vorstandsverträge inzwischen weitgehend an die neuen Vorschriften zur angemessenen und nachhaltigen Vergütung angepasst. „Im Zuge der Überarbeitung der Vergütungssysteme haben sie – im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften – unternehmensspezifisch definiert, welcher Erfolg angestrebt werden soll. Dies können zum Beispiel shareholderorientierte oder unternehmerische Größen wie die Steigerung des Aktienkurses, des operativen Ergebnisses oder der Rendite sein. Aber auch qualitative Indikatoren wie die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit werden zur Festlegung der variablen Vergütung herangezogen“, berichtet Olaf Lang. "Je nach Umfang der Zielerreichung fällt die variable Vergütung höher oder niedriger aus", ergänzt sein Kollege Ralph Lange, Experte für Top-Management-Vergütung.
Die Vergütungssysteme der Unternehmen honorieren dabei überwiegend den Unternehmenserfolg mehrerer Jahre. Rund 40 Prozent der variablen Vergütung bezieht sich auf den Unternehmenserfolg in einem Zeitraum von zwei bis sechs Jahren. „Selbst Jahresboni werden häufig nicht mehr nur an den Erfolg eines Geschäftsjahres, sondern an die Ergebnisse mehrerer vorangegangener oder künftiger Geschäftsjahre gekoppelt. Daher verschwimmen die Grenzen zwischen kurzfristiger und langfristiger variabler Vergütung“, erklärt Olaf Lang, Leiter des Bereichs Talent & Rewards bei Towers Watson. Häufig wird etwa ein Teil der Jahresboni erst zwei oder drei Jahre später ausgezahlt – sofern das Unternehmen auch in diesen Jahren seine Ziele erreicht. Bei Misserfolgen in Folgejahren reduziert sich der aufgeschobene Auszahlungsbetrag; zum Teil können bereits ausbezahlte Boni zurückgefordert werden. Etwa die Hälfte der Unternehmen gewähren den Bonus beispielsweise in Form von Aktien, die verpflichtend einige Jahre gehalten werden müssen und deren Wert sich mit dem weiteren Unternehmenserfolg entwickelt. „Damit werden Vorstände nicht nur für die Erreichung von Jahreszielen belohnt, sondern für eine Unternehmensführung, die auf den langfristigen Erfolg ausgerichtet ist“, erklärt Vergütungsexperte Ralph Lange.
Auch die Vorschriften zur Offenlegung der Vorstandsvergütung befolgen die Unternehmen sorgsam – zum Teil über das geforderte Maß hinaus. So veröffentlichen einige Unternehmen nicht nur die tatsächlichen Vergütungssummen, sondern auch die Zielwerte der variablen Vergütung, die bei Erreichung der angestrebten Unternehmensziele ausgezahlt werden. „Allerdings sind einige Vergütungselemente sofort im jeweiligen Geschäftsjahr, einige erst bei ihrer Auszahlung in den Folgejahren offenzulegen. Erhält ein Vorstand beispielsweise eine langfristige Vergütung, die an den Aktienkurs gekoppelt ist, wird die Zuteilung sofort ausgewiesen. Erhält hingegen ein Vorstand in einem anderen Unternehmen eine langfristige Vergütung, die sich etwa am Unternehmensergebnis orientiert, ist dies erst bei Auszahlung offen zu legen. Damit lässt sich die Vergütung dieser beiden Vorstände nicht direkt vergleichen“, erklärt Ralph Lange von Towers Watson.
„Obwohl die Unternehmen sämtliche Offenlegungsvorschriften befolgen wird ein Ziel der Transparenzvorschriften – die Vergleichbarkeit der Vergütung – nur bedingt erreicht“, erklärt Vergütungsexperte Olaf Lang. Er fährt fort: „Hier besteht ein Konflikt zwischen zwei Zielen. Zum einen soll die Vorstandsvergütung die langfristige strategische Ausrichtung der Unternehmen optimal unterstützen. Zum anderen soll sie möglichst über unterschiedliche Unternehmen hinweg vergleichbar sein. In diesem Konflikt hat aus unserer Sicht jedoch die Unterstützung der Unternehmensstrategie Priorität.“
Hans-Christoph Hirt, Executive Director bei Hermes Equity Ownership Services, London: „Wir begrüßen die Weiterentwicklung der Vergütungssysteme der DAX-Unternehmen in den letzten Jahren und die erhöhte Transparenz. Aus der Sicht von langfristig orientierten Aktionären gibt es dennoch weiterhin Verbesserungsbedarf: Erstens sollten Vorstandsvergütungen noch langfristiger gestaltet werden, denn in vielen Branchen sind selbst drei oder vier Jahre zu kurz, um den Erfolg einer Strategie oder von Investitionsentscheidungen einschätzen zu können. Zweitens sollten noch mehr Unternehmen Aktien als einen wichtigen Vergütungsbestandteil einsetzen, um einen Gleichlauf der Interessen von Vorständen und Aktionären sicherzustellen. Drittens müssen Vergütungssysteme vereinfacht und besser dargestellt werden, um sie für Aktionäre nachvollziehbar zu machen. Schließlich sollten Aktionäre in angemessener Weise in den Prozess einbezogen werden, in dem Vorstandsvergütungssysteme entwickelt werden – und zwar nicht erst kurz vor der Hauptversammlung.“
Quelle: Towers Watson
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