17.01.2014 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Taylor Wessing Deutschland.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinen letzten Entscheidungen (BAG, 10. Juli 2013, 7 ABR 91/11, 10. Dezember 2013, 9 AZR 51/13,) diese für den Rechtsanwender wesentliche Fragen nicht geklärt. Klar ist nach diesen Entscheidungen nur, dass der Einsatz eines Zeitarbeitnehmers anstelle einer Stammkraft ohne jegliche zeitliche Begrenzung jedenfalls nicht mehr vorübergehend ist. Entschieden ist auch, dass die Rechtsfolge einer nur vorübergehenden Überlassung eines Zeitarbeitnehmers nicht die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen Zeitarbeitnehmer und Entleiher ist.
Sowohl das LAG Hamburg als auch das LAG Nürnberg waren angerufen, die Zustimmung des jeweiligen Betriebsrats des antragstellenden Entleihers zu der Einstellung eines Zeitarbeitnehmers auf einem bestimmten Arbeitsplatz zu ersetzen. In beiden Fällen sollte der Einsatz des Zeitarbeitnehmers nur für einen begrenzten Zeitraum erfolgen. Dauerhaft war jedenfalls aber wohl der Beschäftigungsbedarf an diesem Arbeitsplatz. Beiden Entscheidungen ist gemein, dass sie in der Begründung dem BAG widersprechen.
Das LAG Nürnberg stellte fest, dass sich weder dem Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG entnehmen lasse, der Gesetzgeber habe eine Überlassung von Leiharbeitnehmern, die nicht mehr „vorübergehend“ erfolge, verbieten wollen. Eine solche Rechtsfolge sehe das Gesetz gerade nicht vor – so auch das BAG in seiner Entscheidung vom 10. Juli 2013¬. Auch die Leiharbeitsrichtlinie lasse die Annahme eines allgemeinen Verbots einer nicht mehr vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nicht zu. Vielmehr sei der Begriff „vorübergehend“ in § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG zur Klarstellung eingefügt worden, und vollziehe lediglich die Formulierungen des Leiharbeitsrichtlinie (RL 2008/104/EG) nach. Nach Artikel 1 Absatz 1 RL 2008/104/EG gilt diese für Arbeitnehmer, die mit einem Leiharbeitsunternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen haben oder ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen sind und die entleihenden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, um „vorübergehend“ unter deren Aufsicht und Leitung zu arbeiten. Ein Verbot, einen Leiharbeitnehmer zeitlich unbefristet einzusetzen oder gar die Annahme, ein Dauerarbeitsplatz dürfe überhaupt nicht mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden, lässt sich nach Ansicht des LAG Nürnberg der RL 2008/104/EG nicht entnehmen.
Auch das LAG Hamburg versteht das Merkmal der nur „vorübergehenden Überlassung“ einsatzbezogen und nicht arbeitsplatzbezogen. Danach liege eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung nur dann nicht mehr vor, wenn die Überlassung dauerhaft erfolgt, also wenn die Rückkehr zum Verleiher ursprünglich nicht vorgesehen ist. Es verweist in seiner Begründung zudem auf die Auslegung des früheren § 1 Absatz 3 Nummer 2 AÜG.
Zu der Erleichterung der Entleiher und auch der Zeitarbeitsbranche insgesamt über die Entscheidung des BAG vom 10. Dezember 2013, mit der das Gericht dem Anspruch auf Übernahme des dauerhaft entliehenen Zeitarbeitnehmers durch den Entleiher eine Absage erteilt hat, gesellt sich nun weiteres Durchatmen. Aber so viel steht fest: Die Überlassung eines Zeitarbeitnehmers, die eine Rückkehr zum Verleiher nicht vorsieht, ist jedenfalls mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Rechtsfolge eines solchen Verstoßes ist zwar unklar, da gesetzlich nicht geregelt (Gefahr droht aber im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung der Regionaldirektionen. Dennoch sollte es bei der neueren Praxis bleiben, in den jeweiligen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag eine konkrete Dauer der Überlassung, also eine von vornherein befristete Überlassung mit dem Ziel der Rückkehr zum Verleiher aufzunehmen; im Hinblick auf die geplante Höchstüberlassungsdauer ist eine Begrenzung auf 18 Monate ratsam.
Die Entscheidungen des LAG Nürnberg und des LAG Hamburg klären zwar nicht abschließend, d. h. letztinstanzlich die Frage, wie der Begriff „vorübergehend“ zu verstehen ist. Dies werden aber auch die nationalen Gerichte nicht entscheiden können. Der Gesetzgeber ist hier berufen. Einen begrüßenswerteren Weg geht ein finnisches Gericht, das am 9. Oktober 2013 die Frage, ob die Richtlinie überhaupt erlaubt, dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung zu verbieten, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Entscheidung vorlegte. Selbst wenn also der deutsche Gesetzgeber hier regelnd eingreifen sollte, natürlich mit den entsprechenden politischen Motivationen, so wird es doch letztlich wieder einmal der EuGH sein, der die Frage abschließend klären wird.
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