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Dauerbrenner Dienstwagenbesteuerung – Neue Rechtsprechung zum sog. Anscheinsbeweis - Teil 1

14.08.2023  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Obwohl die lohnsteuerlichen Rahmenbedingungen der Dienstwagenbesteuerung eigentlich detailliert und umfassend festgeschrieben sind, gibt es immer wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen Finanzamt und Unternehmen, ob bei atypischen Sachverhalten ein geldwerter Vorteil anzusetzen ist.

Urteil Finanzgericht Köln vom 08.12.22, 13 K 1001/19

Das Finanzgericht Köln hat mit Urteil vom 08.12.22, 13 K 1001/19 klargestellt, dass bei Kapitalgesellschaften für Zwecke einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Gesellschaftsebene der Anscheinsbeweis für die private Kfz-Nutzung eines dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer überlassenen betrieblichen Fahrzeugs auch bei Vereinbarung eines privaten Nutzungsverbots besteht. Im Ergebnis konkretisiert das Urteil die bisherige Rechtsprechung und gibt umfassenden Überblick über die unterschiedlichen Aspekte bei der Dienstwagengestellung bei Arbeitnehmern, bei Einzelunternehmern und bei Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften.

Der streitige Sachverhalt

Der Arbeitgeber stellte seinem Arbeitnehmer, einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, im hier streitigen Sachverhalt einen neuen Porsche Cayenne zur Verfügung. Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um einen hochwertigen, geräumigen und sportlichen SUV. Laut Anstellungsvertrag durfte der Gesellschafter-Geschäftsführer, also der Chef des Unternehmens, das Fahrzeug jedoch nur betrieblich und nicht privat nutzen. Daher wurde kein entsprechender geldwerter Vorteil versteuert. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Das Finanzamt beanstandete im Rahmen einer Betriebsprüfung, dass kein geldwerter Vorteil angesetzt wurde.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer gab an, den Firmenwagen nur betrieblich genutzt zu haben. Für private Fahrten sei stets ein ebenfalls sehr hochwertiges Privatfahrzeug genutzt worden, nämlich ein 16 Jahre alter Porsche Boxster, ein zweisitziges Cabrio mit bauartbedingt eingeschränktem Platzangebot und eingeschränkter Alltagstauglichkeit. Darüber hinaus sei auch ein Opel Meriva für private Fahrten genutzt worden. Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um einen kompakten preisgünstigen Minivan.

Rechtsauffassung des Finanzamts

Das Finanzamt folgte der Argumentation des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht und setzte den geldwerten Vorteil im Rahmen der 1 % - Regelung an.

Das arbeitsvertraglich vereinbarte Nutzungsverbot wurde vom Finanzamt nicht akzeptiert, weil es unüblich ist und einem Fremdvergleich nicht standhält. Die Vereinbarung eines Nutzungsverbots hinsichtlich privater Fahrten stehe dem Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht entgegen, wenn dieses Nutzungsverbot nicht überwacht und durchgesetzt werde. Ob eine private Pkw-Nutzung vorliege, sei nach den allgemeinen Grundsätzen festzustellen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung nutzt ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein ihm zur Verfügung stehendes Fahrzeug auch für private Fahrten, insbesondere, wenn es sich um ein repräsentatives Fahrzeug handelt. Das gilt auch dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer über einen privates Fahrzeug verfüge.

Das vertraglich vereinbarte Verbot der Privatnutzung genügt regelmäßig nicht, um eine diese vollständig auszuschließen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit auf das Fahrzeug hat. In derartigen Fällen muss der Arbeitgeber geeignete organisatorische Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich keine Privatfahrten mit dem Firmenwagen durchführt.

Eine solche geeignete organisatorische Maßnahme wäre z.B. ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch. Im hier streitigen Sachverhalt wurden weder ein Fahrtenbuch geführt noch andere organisatorische Maßnahmen ergriffen.

Atypische Sachverhalte

Wenn ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt wird, der – vermeintlich – nicht privat genutzt wird, handelt es sich um einen sog. atypischen Sachverhalt.

Bei atypischen Sachverhalten ist eine vertragliche Gestaltung allein nicht ausreichend. Im hier streitigen Sachverhalt hätte der Arbeitgeber das Nutzungsverbot durch geeignete Maßnahmen überwachen können und Beweisvorsorge treffen müssen. Es hätte der Nachweis erbracht werden müssen, dass das Nutzungsverbot nicht nur zum Schein bzw. aus steuerlichen Gründen ausgesprochen wurde, sondern ernsthaft gewollt war und tatsächlich vollzogen wurde.

Beweis des ersten Anscheins

Der Bundesfinanzhof geht in seiner bisherigen Rechtsprechung von einem Anscheinsbeweis für die Privatnutzung eines dem Gesellschafter-Geschäftsführer zur Verfügung stehenden betrieblichen Fahrzeugs aus. Überlässt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ein betriebliches Fahrzeug zur Nutzung, spricht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Fahrzeug auch tatsächlich für private Fahrten genutzt wird.

Dies gilt insbesondere dann, wenn

  • der Gesellschafter-Geschäftsführer kein Fahrtenbuch führt,
  • keine organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, die eine Privatnutzung des Fahrzeugs ausschließen und
  • eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit auf das Fahrzeug besteht.

Fortsetzung folgt in der nächsten Ausgabe.

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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