09.04.2014 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur.
Die jüngsten Korruptionsvorwürfe, die renommierte Unternehmen wie Novartis oder öffentliche Institutionen wie das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO betreffen, zeigen, dass Korruption auch in der Schweiz ein aktuelles Thema ist. Bei den Unternehmen und Institutionen besteht konkreter Handlungsbedarf: Sie müssen ihre Mitarbeitenden verstärkt zu den Risiken von korruptem Verhalten sensibilisieren und gezielt schulen. Hierfür hat die HTW Chur gemeinsam mit Praxispartnern ein interaktives Schulungsinstrument entwickelt.
Laut der Studie «Korruptionsrisiken erfolgreich begegnen» der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur wurden 40 Prozent der international tätigen Schweizer Firmen schon mit Korruption konfrontiert. Mehr als die Hälfte dieser Unternehmen kam der Forderung nach und leistete informelle Zahlungen. Trotz der hohen Anzahl betroffener Unternehmen, führen bislang lediglich knapp 13 Prozent der international aktiven Schweizer Unternehmen Schulungen zum Thema Korruptionsvermeidung durch. Diese Zahlen weisen auf einen akuten Handlungsbedarf in der Korruptionsprävention hin.
Um die Unternehmen dabei zu unterstützen, wurde an der HTW Chur ein interaktives Schulungsinstrument entwickelt, das den Schweizer Firmen ab sofort zur Verfügung steht. Mit Hilfe einer Computersimulation lernen die Schulungsteilnehmerinnen und -teilnehmer auf spielerische Weise die zahlreichen Facetten von Korruption kennen und üben den Umgang mit Dilemma-Situationen, zu denen es bei korruptem Verhalten unweigerlich kommt. Die Simulation beruht auf einem realitätsgetreuen Szenario: Als Manager eines Schweizer Unternehmens sind die Teilnehmenden in verantwortlicher Position am Bau eines neuen Spitals in einem Schwellenland beteiligt. Dabei werden ihnen laufend «Knüppel» vor die Füsse geworfen. Es kommt zu Arbeitsrechtverstössen oder ein korrupter Beamter will geschmiert werden. Mit einem straffen Zeitplan und einem engen Kostenrahmen im Hinterkopf müssen die Schulungsteilnehmenden entscheiden, wie sie auf die Vorfälle reagieren. Dabei gilt es die entstehenden Zielkonflikte zu lösen, die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens zu wahren und sich gleichzeitig integer zu verhalten. «All die unterschiedlichen Ansprüche unter einen Hut zu bringen, stellt für viele Fach- und Führungskräfte in ihrem Arbeitsalltag eine grosse Herausforderung dar», erklärt Professor Christian Hauser, der das Schulungsinstrument mitentwickelt hat. Daher sei es wichtig, dass die Mitarbeitenden den Umgang mit solchen Situationen im geschützten Rahmen eines Trainings üben können.
Durch die Schulung werden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die Praxis konkrete Handlungsstrategien mit auf den Weg gegeben. Eine davon ist zum Beispiel, dass die konsequente Ablehnung von Bestechungszahlungen durchaus zu Zeitverzögerungen oder anderen Formen der Arbeitsbehinderung führen kann. Daher ist es wichtig, derartige Vorkommnisse bereits bei der Planung des Projektes einzukalkulieren, damit man bei der Projektdurchführung genügend Flexibilität besitzt und nicht auf unlautere Mittel zurückgreifen muss.
«Man ist Teil des Korruptionsprozesses»
Die Computersimulation ist Teil eines Schulungskonzeptes namens HONEST. Dieses wurde vom Schweizerischen Institut für Entrepreneurship SIFE der HTW Chur in Zusammenarbeit mit der Compliance-Abteilung der Siemens Schweiz AG und der Tata Interactive Systems AG entwickelt und von der Kommission für Technologie und Innovation KTI gefördert. In die Entwicklung flossen die Erfahrungen von über 80 Fach- und Führungskräften Schweizer Unternehmen ein, die ihr Wissen im Rahmen von Interviews oder Fokusgruppen einbrachten. Neben der Simulation umfasst das Schulungsinstrument drei Rollenspiele zur Vertiefung der Handlungskompetenz sowie einen Seminarleitfaden für Trainer. Das innovative Schulungsmodell findet unter den Teilnehmenden Anklang: «Die gewöhnlichen internen Schulungen sind trotz der Wichtigkeit des Themas oftmals sehr trocken. Die Simulation lässt mich Teil des Prozesses werden und spiegelt mein Verhalten darin wider», äusserte sich eine Kursteilnehmerin im Anschluss an ein Pilottraining.
Das Schulungskonzept und die Simulation können an Zielgruppe und Zeitbudget für eine Trainingsdurchführung angepasst werden. Dies ermöglicht z.B. auch kleinen und mittleren Unternehmen, ihre Mitarbeitenden zum Thema Korruptionsprävention zu schulen.
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