04.12.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bertelsmann Stiftung.
Während in der Wahrnehmung der Männer Kinderbetreuung und Hausarbeit gerecht aufgeteilt sind, leiden viele Frauen unter der aktuellen Krisensituation.
Wie verändert Corona die Rollenverteilungin den Familien? Kontaktsperre und Homeoffice haben dazu geführt, dass Männer und Frauen in diesem Jahr deutlich mehr Zeit zu Hause verbracht haben. Mit welchen Folgen? Bringt die Corona-Krise in deutschen Haushalten den Rollentausch – oder einen Rollback?
Antworten liefert eine neue repräsentative Umfrage des Marktforschungsunternehmens Ipsos im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, die die traditionellen Rollenzuweisungen bestätigt. In der Corona-Krise lastet die Haus-und Familienarbeit zum überwiegenden Teil auf den Schultern der Frauen. So geben 69 Prozent der Frauen an, dass sie die generelle Hausarbeit erledigen, während das unter den Männern gerade einmal elf Prozent von sich behaupten. Ähnlich verhält es sich bei Kinderbetreuung und beim Homeschooling: Während laut Auskunft der Frauen jeweils mehr als die Hälfte von ihnen die hier anfallenden Aufgaben übernimmt, sind es bei den Männern nur 13 und 15 Prozent. Demnach finden sich Männer und Frauen bei der Bewältigung der zusätzlichen häuslichen Aufgaben,die mit den Einschränkungen des öffentlichen und beruflichen Lebens einhergehen, häufig in traditionellen Rollen wieder.
Auffällig ist ein Bruch in der Wahrnehmung der Hausarbeit und der damit einhergehenden Arbeitsbelastung zwischen Frauen und Männern. Obwohl den Männern auffällt, dass viele der genannten Aufgaben bei den Frauen liegen, sind sie dennoch zu 66 Prozent der Ansicht, die Aufgaben der Kinderbetreuung und Hausarbeit seien gerecht aufgeteilt.
Die Antworten der Frauen vermitteln hingegen ein anderes Bild: Noch nicht einmal jede zweite Befragte ist der Meinung, dass die Hausarbeit gerecht verteilt sei. 43 Prozent geben an, dass ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schwerer falle als zu normalen Zeiten. Fast die Hälfte der Frauen fühlt sich außerdem durch die Situation an ihre körperliche, psychische und emotionale Grenze gebracht. Unter den Männern räumen dies 30 Prozent ein.
„Es bedarf eines interdisziplinären gesellschaftlichen Diskurses über die Vor-und Nachteile einer modernen Arbeitswelt. Arbeitsmarkt-und Beschäftigungspolitik, Familien-und Gesundheitspolitik können nicht mehr getrennt betrachtet werden“,sagt Martin Spilker, Experte für Unternehmenskultur und Führung bei der Bertelsmann Stiftung. „Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Privat-und Berufsleben müssen in den Organisationen zukünftig breiter diskutiert und an bereits existierende oder absehbare Entwicklungen in der Arbeitswelt angepasst werden, um zu einer ganzheitlichen Personalentwicklungsstrategie ausgebaut zu werden.“Maßnahmen für flexiblere Arbeitsformen sollten forciert werden, dürften aber nicht zu Lasten der Work-Life Balance auf der persönlichen Ebene gehen. Sonst drohe eine Abwärtsspirale, bei der erhöhte psychische Belastung im Alltag am Ende auch wieder auf Leistungen oder Kran-kenstände in der Organisation durchschlage, so Spilker.
Jede zweite Frau ist der Auffassung, dass Hausarbeit und Kinderbetreuung schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie ungleichmäßig zwischen ihr und dem Partner aufgeteilt gewesen seien. Von den Männern äußern immerhin 39 Prozent dieselbe Meinung. Insofern hat die Corona-Kriseweniger einen Rückfall in traditionelle Rollen verursacht, sondern scheint vielmehr ans Licht zu bringen, dass die traditionelle Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen in Deutschland bisher so gut wie gar nicht aufgebrochen war.
„Vor diesem Hintergrund sollten sich sowohl Frauen als auch Männer mit ihren privaten und beruflichen Rollen auseinandersetzen, die Aufgabenverteilung in der Familie zur Sprache bringen und mit Rücksicht auf die Belastungen und Bedürfnisse des Partnersoder der Partnerin aushandeln“, fordert Barbara von Würzen, Expertin für Führung und Unternehmenskul-turbei der Bertelsmann Stiftung. In Krisenzeiten, in denen Schulen, Kitas und andere Betreuungseinrichtungen geschlossen sind, ist essomitschwierigergeworden, das Bild der funktio-nierenden Karrierefrau aufrecht zu erhalten, die immer und jederzeit für den Arbeitgeber zur Verfügung steht.
Bild: ZoneCreative (Adobe Stock, Adobe Stock Standardlizenz)
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