08.08.2022 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Bundesnetzagentur hat jetzt am 07.07.2022 nach öffentlichen Konsultationen ihre finalen Auslegungshinweise zu dieser Verpflichtung vorgelegt. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker – Köln erklärt, was die Behörde von Ihrem Unternehmen erwartet.
Seit Monaten lagen die Auslegungshinweise der Bundesnetzagentur im Entwurfsstadium vor. Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation konnten Marktteilnehmer in der Regel über ihre Verbände dazu Stellungnahmen abgeben. Dabei zeigten sich durchaus abweichende Ansichten zu den Vorstellungen der Bundesnetzagentur. Auch wenn die Behörde für Bußgelder und die Verfolgung von Verstößen zuständig ist, so sind deren Auslegungshinweise am Ende nicht verbindlich. Dazu heißt es denn auch:
Die Auslegungshinweise sind weder als formelle Festlegung der Bundesnetzagentur noch als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift zu verstehen….
Den werbenden Unternehmen steht es grundsätzlich frei, für ihr Unternehmen geeignete Methoden auszuarbeiten, um die Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht in ihre konkreten Unternehmensabläufe einzubetten.
Klar ist aber auch: Wer die Archivierungspflichten verletzt, dem drohen nach § 20 Abs. 1 Nr. 2. Abs. 2 UWG Bußgelder bis zu 50.000 Euro. Grund genug, sich näher damit zu befassen, denn ein vertiefter Blick zeigt, dass die Behörde es nicht als ausreichend ansieht, wenn irgendwo im System einfach die Einwilligung vermerkt wird.
Bekanntlich sieht § 7 UWG für die telefonische Kontaktaufnahme zu Werbezwecken eine Einwilligung vor, wenn der Kontakt zu Verbrauchern hergestellt werden soll. Im B2B-Bereich genügt zwar eine sog. mutmaßliche Einwilligung. Doch zahlreiche Urteile des Bundesgerichtshofs zeigen, dass ein Interesse am Anruf auch in diesen Fällen nicht einfach angenommen werden darf. Auch im B2B kann eine Einwilligung ratsam sein. Dennoch die gute Nachricht: Die Archivierungspflichten bestehen in dieser Form nur bei Einwilligungen im B2C-Bereich (Business to Consumer).
Die Behörde stellt klar, dass etwa Rückrufbitten, wie man sie häufig auf Internetseiten findet, Einwilligungen sein können. (Typische Ausgestaltung: „Wenn wir Sie zurückrufen sollen, geben Sie nachstehend einfach Ihre Telefonnummer an und wir kontaktieren Sie noch heute“).
Auch von Verbrauchern geäußerte Rückrufbitten können, insbesondere, wenn sie sich auf einen möglichen Kauf von Produkten oder Bezug von Leistungen beziehen, als Werbeeinwilligung einzuordnen sein. Website-Kontaktformulare zu Rückrufbitten unterscheiden sich insoweit nicht wesentlich von sonstigen Kontaktformularen, die ebenfalls auf die Durchführung von Werbeanrufen zielen, bspw. die Abgabe einer Einwilligung in Telefonwerbung im Rahmen der Teilnahme bei einem Online-Gewinnspiel. Für sie gelten dabei die gleichen Grundsätze wie für sonstige Werbeeinwilligungen. Dies gilt für die Frage der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit ebenso, wie für die Pflichten aus § 7a UWG. Vgl. in diesem Zusammenhang aber auch LG Bochum, U. v. 15.05.2008 – 14 O 61/08 (juris-Rn. 18 f.), nach dessen Einschätzung sogar der Anruf eines Verbrauchers selbst unter bestimmten Bedingungen als einwilligungsbedürftige Telefonwerbung des Unternehmens eingeordnet werden kann.
Die Archivierungspflicht ist im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) untergebracht. Sie lautet:
§ 7a Einwilligung in Telefonwerbung
(1) Wer mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt, hat dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren und gemäß Absatz 2 Satz 1 aufzubewahren.
(2) Die werbenden Unternehmen müssen den Nachweis nach Absatz 1 ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung fünf Jahre aufbewahren. Die werbenden Unternehmen haben der nach § 20 Absatz 3 zuständigen Verwaltungsbehörde den Nachweis nach Absatz 1 auf Verlangen unverzüglich vorzulegen.
Die fünfjährige Archivierungsfrist läuft nicht nur ab Erteilung der Einwilligung. Sie läuft vielmehr nach jeder Nutzung erneut für 5 Jahre. Dabei geht es jedoch nach Ansicht der Bundesnetzagentur nur um tatsächliche Anrufe. Anrufversuche, die nicht zu einem Kontakt führen, sollen die Frist nicht erneut in Gang setzen. Sie könnten nicht als Werbeanruf angesehen werden (vgl. Randnummer Rn. 57 der Auslegungshinweise). Zwar können etwa Werbedialer und Anrufmaschinen unter einem Belästigungsaspekt unlauter sein. Ihr Einsatz löst aber noch keine (erneute) Archivierungsfrist aus.
Die Bundesnetzagentur ist in ihren Auslegungshinweisen der Ansicht, dass wegen dem neuen Fristlauf nach jeder Nutzung auch jeder Werbeanruf die Pflicht begründet, Daten hierzu zu archivieren.
Da der Widerruf einer Einwilligung deren Bestand natürlich berührt, sieht die Bundesnetzagentur auch hierzu Pflichten, diese für die Dauer von 5 Jahren aufzubewahren.
Die Vorstellungen der Behörde sind sehr weitgehend, was die Details der Datenerfassungen angeht. So soll immer erkennbar sein, welches Unternehmen mit welcher Rechtsform und ladungsfähiger Adresse Auftraggeber des Anrufs, Ausführender des Anrufs (z.B. Callcenter) oder Quelle der Daten (Adresshändler) ist. Bis hin zur Dokumentation der Uhrzeit (etwa bei elektronisch erteilter Einwilligung) gehen die Vorgaben. Auch verlangt die Behörde, dass etwa mittels Screenshots und Scans der Kontext der Einwilligungserteilung erkennbar gemacht werden muss.
Wer also künftig nicht mittels Archivierung nachweisen kann, was rund um die Einwilligung so an Text stand, wie sie eingebettet war und wie etwa Teilnahmebedingungen und Datenschutzerklärungen etwa bei der Einholung der Einwilligung im Rahmen von Gewinnspielen aussahen, der riskiert empfindliche Bußgelder. Damit werden dann nur Archivierungsprobleme sanktioniert. Ob eine wirksame Einwilligung vorlag, ist dann noch einmal eine andere Frage, die zusätzlich mit Bußgelddrohungen behaftet ist. Dem Autor sind Bußgelder von 30.000 Euro pro Anruf ohne zureichende Einwilligung bekannt.
Aufbewahrungs- und Archivierungspflichten gelten nicht nur für Anruferlaubnisse. Nachweispflichtig ist man auch mit Blick auf E-Mail-Einwilligungen, die auch B2B einzuholen sind und für die durch die Rechtsprechung Grundsätze aufgestellt wurden. Die Auslegungshinweise der Bundesnetzagentur mit ihren wohlbegründeten Anforderungen in Details werde auch in diesen Bereichen Maßstäbe setzen. In jedem Fall können Sie viel Geld verlieren, etwa wenn Sie über Jahre mit erheblichen Kosten eine Kundenkontaktdatenbank aufbauen, die auf Einwilligungen basiert, aber die Archivierungsanforderungen nicht richtig umgesetzt haben. Sie sollten sich daher von spezialisierten Rechtsanwälten beraten lassen, damit Ihr Archivierungskonzept einen Angriff überdauert.
Bild: Mikhail Nilov (Pexels, Pexels Lizenz)
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